Kapitel 85

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Grace' Sicht:

Am nächsten Morgen standen wir am Flughafen, wie von Justin gewünscht. Wir hatten morgens Josi aus dem Krankenhaus abgeholt und der Arzt hatte uns starke Medikamente für sie mitgegeben, damit sie den Flug ohne schlimme Schmerzen überstehen konnte. Wir mussten allerdings sicherstellen, dass sie in LA sofort wieder ins Krankenhaus kam.
Justin war heute Morgen nicht in der Suite gewesen, um sich zu verabschieden. Seit er mit mir Schluss gemacht hatte, hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Er hasste mich.

Von der Crew hatte ich mich auch nicht verabschiedet. Nur Fredo war heute mit zum Flughafen gekommen.
Ich war froh, dass wir wieder Freunde sein konnten, wie damals.
„Kannst du der Crew sagen, dass ich sie jetzt schon vermisse?", fragte ich Fredo leise, als wir uns in den Arm nahmen. Er nickte an meiner Halsbeuge und drückte mich anschließend leicht von mir.
„Bis bald, Grace."
Wir stiegen in den Privatjet und setzten uns hin. Josi setzte ich neben mich auf den Sitz, den ich nach dem Start nach hinten klappte, damit sie ein bisschen schlafen konnte. Doch an Schlaf war anscheinend nicht zu denken, denn Josi tatschte mit ihren kleinen Händen gegen meinen Oberarm und schaute mich traurig an.
„Wo ist Jussy?", flüsterte sie leise.
„Justin muss arbeiten, mein Schatz", hauchte ich, ohne mir anmerken zu lassen, wie sehr es schmerzte, seinen Namen auszusprechen. Den Namen meiner großen Liebe.
„Kommt er auch bald zurück nach Hause?", wollte sie neugierig wissen. Ich strich ihr über den Kopf und sah sie mit besorgtem Blick an. Meine Kleine durfte nicht sterben, aber sie war so unglaublich schwach, dass ich sie jeden Moment verlieren könnte.
„Ich hoffe, dass er ganz bald nachkommt."

Josi lächelte glücklich, doch im nächsten Moment verzog sie schmerzhaft ihr Gesicht.
„Mommy, es tut weh. Ich will das nicht!", schluchzte sie hilflos. Ich wusste, dass ihre gesamten Knochen und Muskeln schmerzten. Und sie hatte auch schon wieder hohes Fieber.

„Es wird alles wieder gut, mein Engel", flüsterte ich gegen ihre Stirn und tatsächlich glaubte ich mir die Lüge beinahe selbst. Ich presste meine Lippen auf ihre Stirn und klappte auch meinen Sitz nach hinten, damit ich mich an sie kuscheln konnte. Josi war jetzt noch der einzige Lichtblick, der mir in meinem Leben blieb und ich konnte nicht zulassen, dass sie starb. Justin musste sich testen lassen und ich hoffte so sehr, dass Fredo ihn vielleicht davon überzeugen konnte.
Als Josi tief und fest schlief, setzte meine Mutter sich mir gegenüber und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Also... wieso wurdest du gefeuert und wieso hat Justin sich von dir getrennt?", fragte sie mich verwirrt. Ich seufzte und schaute meine Tochter an.
„Ich kann darüber jetzt nicht sprechen. Josi soll es nicht mitbekommen, lass uns zuhause darüber reden. Bitte, Mum."

Als wir wenige Stunden später Josi ins beste Krankenhaus von LA gebracht hatten und ich sicher sein konnte, dass sie schlief, fuhren wir wieder nach Hause. Über Nacht durfte ich auch hier nicht bei Josi im Zimmer verbringen, auch wenn es mir schwerfiel, sie alleine zu lassen. Aber wenigstens hatte ich jetzt genug Zeit mit meiner Mutter zu sprechen. Auch wenn ich verdammt viel Angst davor hatte, ihr die Wahrheit zu erzählen.
Mal abgesehen davon, dass sie Justin nicht leiden konnte und sich somit nicht über seine Vaterschaft freuen würde, würde sie mich hassen, weil ich Josi schon viel früher hätte retten können. Schon direkt, nachdem wir die Diagnose bekommen hatten, wenn ich direkt den Mund aufgemacht hätte, dass Josis Vater stinkreich war und ihr jede mögliche Therapie bezahlen könnte.

„Also? Sag mir jetzt sofort, was los ist", verlangte meine Mutter, als wir uns ins Wohnzimmer gesetzt hatten. Ich konnte es nicht aussprechen, aber mir blieb wohl nichts anderes mehr übrig. Sie würde nicht locker lassen, bis sie die Wahrheit wusste.
„Mum, ich... ich habe dich all die Jahre belogen. Ich wusste schon immer, wer Josis Vater ist", murmelte ich leise.
„Was? Aber... Moment... was hat das damit zutun, dass Justin dich gefeuert hat und Schluss gema..."
„Er ist Josis Vater", unterbrach ich sie mutig.

Lifeline - j.b.Where stories live. Discover now