Kapitel 58

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Wer hätte gedacht das Tränen und Schmerzen mich von meinem Elend retten konnten. Selbst, wenn es viel zu viel und zu intensiv war, was ich spürte, freute ich mich auf den Trost den mir diese Tränen spendeten auf eine Weise, die meine Freunde verzweifelt zu geben versuchten. Mein eigener Schmerz gab mir ein Gefühl von Gänsehaut das mich qualvoll erzittern ließ und dennoch wurde ich mit jedem Abend, den ich mich in den Schlaf weinte abhängig von diesem Gefühl. Jeden Tag wachte ich auf, ging meinen Tätigkeiten nach und versuchte ganz die Alte zu werden, was schwerer war als gedacht. Ich konnte die Zeit mit Luc nicht aus meinem Leben streichen. Sie waren ein Teil von mir geworden und vielleicht würde ich in 20 Jahren zurückschauen und mich lächelnd an die schöne Zeit erinnern die ich hatte, aber jetzt spürte ich nichts als dieses Ziehen in meiner Brust, sobald ich in Berührung mit einer einzigen Wahrnehmung an ihn kam. Es war nicht so, dass ich mich zwanghaft an die Momente klammerte und sie mir einprägte. Wäre es so gewesen, wäre es nicht annähernd so schmerzvoll, wie es eigentlich war. Die Rückblicke auf meine Zeit mit Luc trafen mich jedes Mal mit einer enormen Wucht, wie ein unerwarteter Niesanfall. Sie trafen mich in Momenten, in denen ich nicht weinend auf den Boden sinken konnte, wie inmitten meiner Mathestunde oder während ich mit meinen Freunden in der Kantine saß. Oder wenn ich meine Hausaufgaben machte. Oder während ich meine Zähne putzte. Oder während ich mir die Schuhe zuband. Diese plötzlich auftauchenden Erinnerungen von Luc und mir -indem er meine Hände hielt, indem er sagte wie hübsch ich sei oder das er mich liebte- ließen mich für den Moment den Atem anhalten und mich im nächsten Augenblick mehrmals blinzeln um die Tränen aufzuhalten die sich in den Weg machten. Auch meinen Freunden war dieser abwesende Blick aufgefallen und sie wussten auch was in mir vorging, dennoch konnten ihre Worte nichts an meiner Situation ändern. Es war etwas womit ich selbst kämpfen musste. 

Der einzige Trost an diesen Tagen war für mich, zu wissen das ich am Abend in meinem Bett liegen konnte und lautlos in meinen Tränen ersticken konnte.

Ich wusste, dass es lange dauern würde, bis ich wieder die Alte war und ich war jeden Tag bereit zu versuchen etwas dafür zu tun. Nach einigen Wochen war ich sogar bereit wieder nebenan zu Sia zu gehen wie in den alten Zeiten, wo es nur mich Sia und ihr endloses Gelabber gab. Natürlich war es für mich ein riesengroßer Vorteil, das Luc nicht da war. Ich wüsste nicht wie ich die ganze Situation bewältigt hätte, wenn ich wüsste, das er nur zwei Minuten entfernt gerade wahrscheinlich mit Sia gestritten hätte. Das erste Mal, dass ich mich wieder zu Sia getraut hatte nach der Trennung, war genauso hart gewesen wie ich es mir gedacht hatte. Ich wäre fast ertrunken an den Erinnerungen, die ich in diesem Haus mit Luc und mir verband, aber ich wusste, das ich wenn ich diese Hürde beseitigen würde, bereite wäre ihn mehr und mehr loszulassen. Ebenso redete ich mir ein, dass Luc meiner Familie mit der Trennung unbewusst geholfen hatte. Nun musste ich mich nicht mehr entscheiden. Für mich wurde schon entschieden und ich versuchte damit zu leben.

Je mehr Zeit verging und desto weniger ich ihn sah, desto weniger wurden meine nächtlichen Panikanfälle. Erinnerungen an ihn waren zwar immer noch präsent, aber sie verblassten immer mehr und mehr. Sia war meine größte Unterstützung in dieser Zeit. Sie war es nicht nur, die mir meine Gefühle wieder gegeben hatte. Sie war die Stütze, die ich brauchte um mich wieder aufzurichten und die alte Arthanna zu werden die ich eigentlich immer gewesen war. Sie lenkte mich nicht nur ab, sie motivierte mich auch, der Mensch zu sein, den ich verloren geglaubt hatte.

Mit Worten wie,

"Wir sind unabhängige Frauen, die niemanden brauchen um uns zu erklären wie wir sein sollen!"

oder

"Das einzige was du verloren hast ist Gebundenheit. Du bist nicht mehr gebunden an eine Person und dessen Angelegenheiten. Du bist frei. Frei wie ein Vogel."

oder

"Wer braucht ihn schon wenn du die viel bessere Version direkt vor dir stehen hast!"

,ermutigte sie mich jedes Mal,mich nicht heulend in Erinnerungen zu schwellen, sondern aufzustehen und zusammen mit ihr über unsere Weltherrschaft zu diskutieren. Und das obwohl sie gegen ihren Bruder sprach, den sie über alles liebte und für den sie sterben würde egal was komme und selbst einen Freund hatte. Egal wie ironisch ihre Worte letzten Endes waren, sie halfen mir. Sie half mir und dafür würde ich ihr bis ans Lebensende dankbar sein.

Ihn sah ich für mehrere Monate nicht. Wie in einem einstudierten Tanz, bewegten wir uns aneinander vorbei und dafür war ich dankbar. Ich wusste wir würden uns irgendwann begegnen müssen, aber ich wusste nicht ob mein Herz aufhören würde schneller zu schlagen wenn ich ihn sehen würde. Ob es wieder in tausende Einzelteile zerbrechen würde, die ich wieder so mühevoll zusammengeklebt hatte. Ich wollte nicht mehr leiden. Die Angst das ich nicht mehr aufstehen würde, wenn ich ihn sehen und wieder in den tiefen dunkelen Abrund stürzen würde, war größer denn je. 

Also war es mir Recht, dass wir uns gekonnt ignorierten.

Mir war es Recht, denn so würde ich weniger an ihn denken.

So würde ich ihm weniger nachtrauen.

So würde ich ihn weniger vermissen.

Denn ich vermisse ihn nicht.




Oh Gott, ich vermisse ihn so sehr.





Okay, Leute ich bin wieder im Spiel. Auf schöne weitere Kapitel. 

-Keep Reading ;)





Das Leben ist kein BollywoodfilmWhere stories live. Discover now