Vier

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Gelangweilt stehe ich, einige Meter von meiner Schwester entfernt, an einem Zeitungsladen und blättere in einem Klatschheft herum. Wie es aussieht bekommen einige Stars schon wieder Kinder, trennen sich oder durchleben einen totalen Absturz. Interessieren tut es mich nicht, aber ich habe auch keine Lust neben Isabell zu stehen und mir ständig anhören zu müssen, dass ich mich benehmen soll. Ich bin kein Kind mehr und sie muss mich auch nicht babysitten. Schon auf der einstündigen Fahrt zum Flughafen hat sie mich damit genervt. So langsam glaube ich, dass sie denkt, dass die Drogen mein Gehirn verschwinden haben lassen. Wie kleine Käfer, die sich langsam durch mein Hirn fressen bis nichts mehr davon da ist. Aber so ist es nicht. Bei unserem nächsten Streit sollte ich das Isa an den Kopf werfen.

„Riley! Was treibst du da schon wieder?!", schnauzt Isabell und zieht mich an meinem Arm weg.

Ich schaffe es gerade noch die Zeitschrift zurückzulegen.

„Aus", jammere ich und habe es schnell geschafft mein Handgelenk aus ihrem Griff zu befreien. Isabell geht mir total auf den Keks. Es ist genau wie früher zwischen uns, als wir beiden noch bei Mom und Dad gelebt haben. Wir können einfach nicht miteinander. Wir waren noch nie, wie diese Geschwister in Filmen, die beste Freunde sind.

„Elisa kommt gleich", teilt sie mir mit und deutet auf die Anzeigetafel.

Ich zucke lediglich mit den Achseln. Vorhin als Isa mir erzählt hat, welches Elisas Flug ist, habe ich nicht zugehört. Ich habe die Leute beobachtet und darüber nachgedacht, ob ich mir einen Kaffee besorgen sollte oder nicht.

„Wie sehe ich aus", fragt Isabell mich und streicht sich eine Haarsträhne hinters Ohr und lächelt mich an.

Mir gelingt es ihr zu sagen, was sie hören will ohne meine Augen dabei zu verdrehen. Isabell sieht immer gut aus und das weiß sie auch. Ab und an braucht sie die Bestätigung, dass es wirklich so ist. Um sie nicht völlig aufzubringen ist es besser ihr zu sagen, dass sie super aussieht, als sie zu fragen, wieso sie das ständig wissen will. Zu meiner Wenigkeit sagt Isa nichts, aber ich kann mir denken, was sie sagen würde. Es ist ihr nicht recht, dass ich eine alte Jeans und einen verwaschenen Pullover habe. Mir liegt nichts an Designerklamotten oder teuren Taschen. Noch ein Punkt in dem ich mich von meiner Schwester unterscheide. Einer von vielen.

Ich merke erst viel zu spät, dass eine junge Frau freudestrahlend auf uns beide zu kommt. Besser gesagt auf Isabell. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich mich nicht so richtig daran erinnern konnte, wie Elisa damals aussah. In meiner Erinnerung hat sie unscheinbare braune Haare, war ein Stückchen größer als ich und ein ziemliches Mauerblümchen.

Das passt gar nicht mit der Erscheinung zusammen, die im Moment von Isabell umarmt wird. Die neue Elisa hat schulterlange leicht rötliche Haare und trägt eine schwarze Jeans, einen hellen Pullover, Stiefeletten und roten Lippenstift. Sie zieht alle Blick auf sich, was ihr entweder nicht auffallen zu scheint oder es interessiert sie nicht. Es fällt mir schwer meinen Blick von diesem Mädchen abzuwenden. Damals als sie 16 war, hat wohl niemand damit gerechnet, dass sie sich so sehr verändert.

„Du siehst wunderschön aus, Elisa", spricht Isabell meinen Gedanken aus.

Natürlich hätte ich das nicht sagen können, da oh Elisa ja kaum kenne, auch wenn ich es gerne gesagt hätte.

„Danke Süße. Du aber auch", meint Elisa.

Als die zwei sich los lassen, dreht Elisa sich zu mir um und lächelt mich offen an. Hat Isabell ihr nicht erzählt, dass ich der Junkie bin oder stört es sie nicht.

„Hey", murmele ich gelangweilt.

„Hallo Riley. Schön dich mal wieder zu sehen!"

Verwirrt blicke ich sie an, sage aber nichts. Elisa war schon immer übertrieben nett. Sie kann wohl gar nicht anders. Früher war sie etwas schüchtern, was sich aber gelegt haben muss. Elisa fängt an auf meine Schwester ein zu reden, während wir den Flughafen verlassen. Da ich nichts besseres zu tun habe, mustere ich Elisa von hinten. Sie hat einen tollen Körper. Wahrscheinlich hat sie einen ebenso arroganten Freund, wie meine Schwester.

„Was machst du eigentlich so, Riley?"

Ich habe nicht damit gerechnet, dass mich die beiden etwas fragen würden. Früher haben Isabell und Elisa mich immer wie Luft behandelt.

„Meine Schwester ist gerade auf der Suche nach einem Job", kommt Isabell mir zuvor.

Ich sehe sie finster an. Sie will anscheinend nicht, dass Elisa erfährt, dass ich eigentlich nichts mache außer Isa ihr Essen weg zu futtern und auf dem Sofa zu liegen. Wie immer ist sie darauf bedacht gut dazustehen. Ein perfektes Bild zu erschaffen. Blöd, dass es im echten Leben nicht so ist, wie auf ihrem Bild.

Schnaubend lasse ich mich auf die Rückbank im Auto fallen und verschränkt die Arme vor der Brust, als wäre ich ein beleidigtes Kind. Isabell tut so, als würde sie es nicht merken und plappert weiter vor sich hin. Sie erzählt von Holden und dem unheimlich romantischen Heiratsantrag, den er ihr gemacht hat. Blablabla. Mich überrascht es, dass Elisa sich das alles anhört und auch noch so tut, als würde sie sich für Isabell freuen. Hat sie den Verlobten meiner Schwester noch nie getroffen? Wie es aussieht nicht, sonst würde sie sich nicht so freuen. Ich hätte mich liebend gerne übergeben, als ich Holden zum ersten Mal getroffen habe.

„Wann sind wir endlich da?", will ich genervt wissen und unterbreche das Gespräch der beiden.

Ich will endlich wieder alleine sein und diesem Geplapper entfliehen. Das hier ist so langweilig, wie der Unterricht damals in der Schule. Fehlt nur noch, dass ich gleich einschlafe. Das wäre mir im Moment sogar ganz recht. Dann müsste ich mir das hier nicht länger antun.

Ich habe nichts gegen Elisa, aber es geht mir auf den Keks, dass in ihrem Leben alles genauso perfekt ist, wie in dem meiner Schwester. Bin ich die einzige hier, die ihr Leben total vermasselt hat und nicht normal ist?

„Vergiss es einfach", nuschele ich und lehne meinen Kopf an das Fenster.

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