13. Kapitel

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Am nächsten Morgen torkelte Eulenflug schlaftrunken und ständig gähnend durch den Wald. Sie war erst nach Mondhoch zum Lager zurückgekehrt, doch zum Glück hatten sich Braunschweif und Faltersprung bereit erklärt, sich solange Tigersturm weg war, um die kranken Katzen zu kümmern und sie zu rufen, falls es Schwierigkeiten gab, damit sie nach dem anstrengenden Tag in Ruhe schlafen konnte.

Dennoch hatte sie viel zu wenig Schlaf gehabt, denn es brannte ihr in den Pfoten, Regen von den Neuigkeiten zu erzählen, weshalb sie bereits früh am nächsten Morgen aufbrach, um die Streunerin zu besuchen.

Sie hatte noch kurz mit Tigersturm gesprochen, die gerade vom Heilertreffen zurückgekehrt war. Die beiden Kätzinnen hatten beschlossen, dass es Zeit war die anderen beiden Clans um Hilfe zu beten, wegen dem grünen Husten. Vielleicht hatten diese ja noch genug Katzenminze und konnten dem HimmelClan etwas abgeben?

Doch die Heilerin war ohne Erfolg zurückgekehrt. „Ahornblatt hat ein Herzversagen erlitten", hatte Tigersturm verkündet. „Er hat sich nun den Reihen der SternenClankrieger angeschlossen." Diese Nachricht hatte Eulenflug sehr getroffen. Sie kannte den HöhlenClanheiler schon lange und sie waren sehr gute Freunde gewesen. Auch nachdem die HimmelClankätzin ihren Rang als Heilerkatze aufgegeben hatte.

„Nachtbrise hat seine Nachfolge angetreten. Und du weißt ja, wie er zum HimmelClan steht, nachdem sein Mentor Pistazienfell im Kampf gegen uns gestorben ist. Er war nicht bereit uns zu helfen." Eulenflug kannte die Geschichte wahrhaftig. Nachtbrise, damals noch ein Kriegerschüler, war so verängstigt von dem Kampf gewesen, indem zwei Katzen ihr Leben gelassen hatten, dass er sich entschlossen hatte Heiler zu werden. Doch er hatte dem HimmelClan immer noch nicht Pistazienfells Tod verziehen.

„Und im MoorClan haben sie ein ähnliches Problem mit dem grünen Husten", hatte Tigersturm noch erklärt. „Sie brauchen jeden einzelnen Halm Katzenminze selbst." Eulenflug hatte sich damit zufrieden geben müssen, wie die Heilerin selbst, aber die Verzweiflung nagte an ihnen. Was sollten sie denn jetzt tun? Bis zur Blattfrische war es noch lange hin. Zu viele Katzen würden bis dahin ihr Leben lassen.

Eine zugefrorene Pfütze in die Eulenflug mitten hineintrat riss die zweite Anführerin aus ihren Gedanken. Verärgert zog sie ihre Pfote aus dem kalten Nass und lief weiter. Bald schon war sie da und legte den kleinen Schneehasen vor Regen ab. Diese aß diesen genüsslich während Eulenflug frische Spinnweben auf ihre Verletzungen tat. Noch ahnte die Streunerin nichts, aber das sollte sich schnell ändern.

„Ich muss dir was sagen, Regen. Ich weiß wo Asche ist." Die Streunerin verschluckte sich fast am letzten Stück der Beute. Mit vor Aufregung gesträubtem Fell sprang sie auf die Pfoten. Ihre Bauchwunde schien sie ganz vergessen zu haben. „Wo ist sie? Wie geht es ihr?" „Ihr geht es gut", versicherte Eulenflug ihr. Sie hatte die graue Katze mit dem langen Fell selbst ganz kurz gesehen, als sie am Lager angekommen war. Aber sie hatte keine Möglichkeit gehabt, mit ihr zu reden, schließlich war es ihr ja nicht erlaubt gewesen, das Lager des MoorClans zu betreten.

„Sie ist im MoorClan... als sozusagen Gefangene." Regen machte große Augen. „In dem Clan unseres Vaters? Aber warum? Und warum kam sie nie zu mir zurück?" Eulenflug gebot der Kätzin mit einer Schwanzbewegung, erstmal runterzukommen und sich wieder in ihr Nest zu legen. Widerwillig gehorchte die Streunerin, dann erzählte ihr die zweite Anführerin vom Besuch im MoorClan.

„Ich habe mit Kalbstern gesprochen. Das ist der Anführer des MoorClans. Ein sehr fürsorglicher und verständnisvoller Kater. Er hat mir erklärt, dass Asche auf dem Territorium des MoorClans gejagt hat und dieses nach einer Aufforderung einer MoorClanpatrouille auch nicht verlassen wollte. Sie hat sogar gegen sie gekämpft, allerdings verloren, weshalb sie sie als Gefangene mit zum Clan geholt haben. Nachdem sie nicht sagen wollte, was sie auf dem Territorium des MoorClans gemacht hatte und auch nicht versprach, sich in Zukunft fernzuhalten, hielten sie sie vorerst da. Sie unternahm ein paar Versuchungen zu entfliehen, vermutlich um dir zu helfen, aber sie wurde aufgehalten und war nicht bereit irgendeiner Katze etwas zu sagen..."

*Außer Aschenpfote...*, dachte Eulenflug. Es schien so, als ob er die Katze war der die Streunerin am meisten vertraute. „Und dann?", fragte Regen drängelnd. „Nicht viel", erklärte die zweite Anführerin. „Kalbstern hat herausgefunden, dass Asche die Tochter seines Bruders ist. Donnerwind war sein Wurfgefährte gewesen. Deshalb hat Kalbstern Asche dann anders behandelt. Gutherziger. Ja schon fast wie eine eigene Tochter. Mach dir also keine Sorgen, sie ist im MoorClan in guten Pfoten."

„Aber warum hat Kalbstern sie dann nicht frei gelassen, wenn er sie doch so fürsorglich behandelte?", fragte Regen verwirrt. „Nunja, er wollte wissen was mit seinem Bruder war. Wie es ihm ergangen war und was aus ihm geworden war. Die beiden hatten wohl einst ein enges Bündnis zueinander gehabt... Aber Asche war nicht bereit ihm irgendwas zu sagen." Regen schüttelte ihren Kopf. „Asche kann ja manchmal so stur sein, dieses Mäusehirn!" Einen Moment schien sie in Gedanken versunken, dann blickte sie Eulenflug wieder an.

„Und was jetzt?", fragte sie. „Denkst du, du bist stark genug um mit meiner Hilfe ein Stück zu reisen." Regen nickte. „Ich denke schon, aber... Asche könnte doch auch einfach zu mir kommen?" Die zweite Anführerin schüttelte den Kopf. „Das würde Kalbstern nicht zulassen. Er möchte dass du kommst. Dich vorerst dem Clan anschließt und die Heilerkatzen des MoorClans dich in Ruhe gesund pflegen können. Vorausgesetzt natürlich, du bist bereit dazu."

Eulenflug erinnerte sich daran, wie eingeschüchtert Regen schon allein von ihr gewesen war. Plötzlich in einem Clan voller Katzen zu sein, würde sie wohl sehr verunsichern, sie kannte es ja auch gar nicht mit so vielen Katzen zusammen zu leben. Doch die Streunerin schien keine Zweifel zu haben. „Klar! Wenn ich auf diese Weise meine Schwester wieder sehen kann..."

Gegen Sonnenhoch brachen die beiden Kätzinnen auf. Ganz langsam humpelten sie durch den schneebedeckten Wald. Eulenflug stützte die verletze Streunerin so gut sie konnte und so wurde die Reise für beide Kätzinnen sehr mühsam. Aber schließlich kam die MoorClangrenze in Sicht. „Wir sind gleich da", erklärte die zweite Anführerin. Sie hatte mit Kalbstern ausgemacht, gegen Sonnenuntergang an der MoorClangrenze einzutreffen, wo eine Patrouille bereitstehen sollte, um die verletzte Regen zu empfangen.

Die Patrouille war gekommen. Sie bestand aus fünf Katzen. Unter anderen auch die Heilerin Tupfenwind und Aschenpfote, der dicht neben Asche stand. „Asche!", rief Regen freudig aus und wollte ihrer Schwester entgegen laufen, doch Eulenflug hielt sie zurück. „Denk an deine Wunde!", mahnte sie sie. „Durch hecktische Bewegungen könnte sie jeder Zeit wieder aufgehen." Noch bevor die zweite Anführerin ihre Worte beenden konnte, hatte sich aber bereits Asche aus der Reihe der MoorClankatzen gelöst und überrannte ihre Schwester fast.

„Oh Regen! Ich habe mir ja solche Sorgen um dich gemacht." Die beiden Schwestern rieben ihre Wangen aneinander und Regen leckte ihre Schwester zärtlich zwischen den Ohren. „Ich mir auch um dich!", schnurrte sie. Eulenflug freute sich sehr für die beiden Schwestern, dass sie nun wieder zusammen waren. Hoffentlich würden sie nicht wieder getrennt werden.

Eine Weile verharrten die beiden noch so, dann erhob Ehrenkralle, die Anführerin der Patrouille die Stimme. „Es wird Zeit, dass wir jetzt zum Clan zurückkehren. Es wird schon langsam dunkel." Die anderen Katzen stimmten zu. Sie nahmen Regen in ihre Mitte um sie stützen. Dann traten sie den Weg zum Lager an. Die Streunerin drehte sich noch einmal zu Eulenflug um blickte sie dankbar an. „Danke Eulenflug, für alles! Das werde ich dir nie vergessen!"

Es war bereits dunkel als die zweite Anführerin das letzte Stück im Wald des HimmelClans zurücklegte. Sie wusste es würde eine Umstellung für sie sein, nicht mehr jeden Tag Regen versorgen zu gehen. Sie würde sich ja regelrecht faul fühlen die ganze Zeit nur im Territorium ein bisschen herum zu laufen. Außerdem wusste sie jetzt schon, dass sie die Streunerin vermissen würde. Sie hatte sie in der kurzen Zeit bereits sehr lieb gewonnen. Aber sie würde sie ja bestimmt bald wieder sehen. Vielleicht auf einer großen Versammlung.

Plötzlich stockte Eulenflug. Aus den Augenwinkeln hatte sie zwei weiße Blüten gesehen, die zaghaft hinter einem dicken Baumstamm hervorragten. Katzenminze! Die zweite Anführerin schoss herum und stürzte sich regelrecht auf das heilige Kraut. Wie konnte es nur sein, dass keine Katze diese Katzenminze die so nah am Lager wuchs je entdeckt hatte. Eine Brise zauste Eulenflug das Fell. Sie trug einen schwachen Geruch nach SternenClan mit sich. Waren diese beiden Stängel Katzenminze ein Geschenk des SternenClans? Eine Hilfeleistung in der Not? „Danke", wisperte die zweite Anführerin und nahm die Kräuter vorsichtig ins Maul. Zwei Stängel Katzenminze würden den Clan nicht heilen. Aber es war ein Anfang.

Warrior Cats - Eulenpfotes Geschichte 5 ~ Der Pfad der Sterne Where stories live. Discover now