Sechzehn

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Ruby brachte Will in den nächsten Tagen bei, wie man sich verteidigte und man jemandem unauffällig die Brieftasche aus der Jacke zog.

Sie musste zugeben, dass Manuél Recht hatte. Der Gefahr eines Überfalls mit Waffen konnte und wollte sie ihm auch nicht aussetzen.

Mit seiner Beute wurde die Lage langsam besser. Die Menschen waren immer noch arm, aber sie sahen etwas in Ruby, Léon und Will.

Hoffnung.

Die Polizei machte sich keine Mühe mehr um sie. Bis auf Juan, der nie aufzugeben schien. Ruby sah ihn oft auf ihren nächtlichen Touren.

Und wenn er dabei sogar ihre Freunde und Nachbarn ausfragte, musste sie sich zurückhalten, kein Messer nach ihm zu werfen.

Aber an einem Abend traf er auf Will. Und da ging er zu weit.

Der Junge kam gerade die Straße runter, als Juan ihn aufhielt.

"Was machst du um diese Zeit noch hier, Junge?", fragte er.

"Was interessiert dich das?", schnauzte Will.

Guter Junge, dachte Ruby.

Juan zog seine Marke und präsentierte sie beinahe arrogant und einem überlegenen Grinsen, als wäre sie ein Tapferkeitsorden.

"Also was machst du so spät noch hier. Es ist immerhin gefährlich." "Was Sie nicht sagen!", seufzte Will sichtlich genervt.

"Gut, Junge. Karten auf den Tisch. Ich suche Ruby Alvarez. Sie wird hier wie eine Heilige verehrt, das heißt du kennst sie ja wohl. Wo ist sie?"

"Ich weiß nicht, was Sie meinen." Er wollte an ihm vorbei, aber Juan packte ihn.

"Wo ist sie?"

"Lassen Sie mich los!" Seine Hände schlossen sich um seinen Hals und ein grauenvolles Röcheln erklang. Will schnappte verzweifelt nach Luft.

"WO IST SIE???"

Das war genug. Ruby warf nicht nur ein Messer nach ihm. Ob nun, weil sie keine Mörderin sein wollte oder einfach aus blinder Wut, sie traf ihn nur am Arm.

Er schrie auf und gab Will frei, der sich hinter Ruby stellte. Sie packte ihn und zerrte ihn mit sich, damit Juan keine Chance bekam, auf sie beide zu schießen.

"Danke.", keuchte Will außer Atem, als sie weit genug entfernt waren.

"Kein Problem.", erwiderte Ruby. "Geh nach Hause. Ich ... ich muss noch was erledigen." Er nickte und kaum war sie allein, rannte Ruby nochmal zurück.

Sie sah nur noch die Lichter eines Kranken- und eines Polizeiwagens.

Sie hatte noch nie jemanden so schlimm verletzt, dass das Messer stecken blieb. Sie hatte Schuldgefühle, obwohl es Juan gewesen war.

Ihre Augen brannten, als sie wieder seine Stimme hörte.

"Komm raus, Ruby. Ich weiß, dass du hier bist."

Manuél stand allein in der Gasse und wartete, bis sie direkt vor ihm stand. Seine Miene war ausdruckslos und zum ersten Mal konnte Ruby anhand des Gesichtsausdrucks nicht wissen, was ihr Gegenüber dachte.

Er wollte sie bestimmt verhaften.

Er schuldete ihr nichts mehr.

Jetzt musste er sie verhaften.

Sie war kurz davor, wie ein kleines Kind lsozuheulen.

"Ich ... es ... er ... er hat Will bedroht und ... und ich ... ich ... ich wollte nicht..."

Schweigend überwand Manuél den Abstand zwischen ihnen und zog sie ihn eine Umarmung.

Nun brachen endgültig die Tränen aus ihr heraus. Dass sie sein Shirt nass weinte, schien Manuél nicht zu stören.

Er hielt sie so lange schweigend fest, bis sie sich beruhigt hatte und zu ihm aufsah.

"Ich hab noch nie jemanden so schlimm verletzt. Das wollte ich auch nicht. Ich wollte nur Will beschützen.", flüsterte sie.

"Ich weiß.", antwortete er mit rauer Stimme.

"Du kannst mich nicht nochmal laufen lassen, Manuél."

"Entweder ich verliere meinen Job oder du dein Leben."

Ruby lachte bitter. "Eine dreckige Straßendiebin ist es doch wohl nicht wert, dass man die Policia hintegeht, oder?"

Er hob die Hand und strich mit dem Daumen sanft über ihre Wange.

"Ruby, ich-"

"Da vorne!", brüllte plötzlich jemand.

Ruby rannte los und riskierte keinen Blick nach hinten, denn dann, wusste sie, würde sie stehen bleiben.

Robin Hood (Storyadaption)Where stories live. Discover now