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Nachdem die neuen Schüler eintraten, war es so mucksmäuschenstill, dass man ein Stück Papier hätte fallen lassen können und es absolut jeder hier hören würde. Das gab es in unsererer Klasse, in der chaotisches Gemurmel Standard war, so gut wie noch nie. Selbst als unsere Lehrerin damals wütend auf uns war, weil wir bei einer Vertretungsstunde alle gemeinsam einfach nach Hause gegangen waren und sie eine Ansage machen musste, die sich an jeden einzelnen richtete.

Jess neben mir klappte der Mund auf, so wie wahrscheinlich mehreren Mädchen in diesem Raum und ich verübelte es ihnen kein bisschen. Die zwei waren in der Tat beide verdammt heiß. "Mund zu, sonst siehst du aus wie ein Fisch", flüsterte ich amüsiert Jess ins Ohr, die augenblicklich hörbar ihren Mund zu biss.

Mrs Wood begrüßte die Neuankömmlinge höflich und bat dann: "Stellt euch doch bitte einmal kurz vor."

Der erste, der vortrat, war der älter aussehende Typ mit den braun-blonden Haaren, die ihm zum Teil in leichten Wellen ins Gesicht fielen. Mein Blick sprang automatisch zu seinen Armen und seinem Hals, an denen dunkle Tattoos seinen Körper zierten. Vermutlich auch seine Brust, da das aufwendige Muster unter seinem Shirt verschwand. Und auch, wenn ich Tattoos eigentlich gar nicht mochte, so musste ich zugeben, dass sie auf seiner gebräunten Haut doch sehr attraktiv aussahen und ihn sogar ein wenig gefährlich erscheinen ließen. "Ich bin Liam Black, bin 18 und das ist mein Bruder", sprach er dann so teilnahmslos, als würde er diesen kurzen Satz jeden Tag zwanzig mal wiederholen und das seit Jahren.

Nun trat der Dunkelbraunhaarige mit den kindlicheren Gesichtszügen vor und begann sich von der Gestik und Mimik her um einiges offener vorzustellen: "Ich heiße Tyler und bin 17 Jahre alt. Wir sind mit unserer Familie in den ersten Ferienwochen von Seattle hierhergezogen."

Seattle?, fuhr es mir sofort durch den Kopf. Ich versuchte mich daran zu erinnern, ob ich ihn oder seinen Bruder bei meinen Familienbesuchen schon einmal gesehen hatte, aber kaum kam der Gedanke, schob ich ihn auch schon beiseite, denn wenn mir so jemand unter die Augen gekommen wäre, dann hätte ich ihn mir mit Sicherheit gemerkt. Außerdem war die Stadt groß, die Wahrscheinlichkeit sehr gering.

Die zwei sahen sich um ehrlich zu sein nicht besonders ähnlich und waren auch weit davon entfernt. Tyler wirkte neben seinem Bruder eher so wie der nette, süße Freund von nebenan, auch wenn er mit seinen hohen Wangenknochen auf seine Art heiß war, Liam hingegen wie der gefährliche, scharfe Badboy, den andere Menschen kein bisschen interessierten.

Plötzlich blickte mir Tyler direkt in die Augen, dann schaute er so schnell wie er mich angesehen hatte auch schon wieder weg und betrachtete die nächste Person.

"Gut, dann könnt ihr euch jetzt auf die freien Plätze links neben Lisa setzen", erwiderte Mrs Wood freundlich, deutete auf mich und begann mit ihrem Unterricht, doch ich bekam kein Wort mehr mit, denn ich war wie vereist, nachdem mein Name fiel. Oh lieber Gott, warum haben wir uns noch mal ausgerechnet in die letzte Reihe gesetzt? Jetzt musste ich zusehen wie ich mit zwei hübschen Jungs neben mir klarkam ohne rot wie die letzte sonnengereifte Tomate zu werden. Super, echt toll.

Ich erkannte aus dem Augenwinkel wie Liam mit Tyler hinter ihm zwischen den Tischen auf mich zusteuerte und plötzlich in seiner Bewegung inne hielt, worauf sein Bruder fast in ihn hineinlief. Nun war ich dazu gezwungen ihn anzusehen.

Sein Blick lag auf mir, als er seinen Weg mit ausdrucksloser Miene fortsetzte und sich auf dem Platz neben mir niederließ während Tyler ein Stuhl weiter Platz nahm. Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht gemerkt, wie ich die Luft angehalten hatte und atmete geräuschvoll wieder aus. Ups.

Liam drehte auf einmal seinen Kopf zu mir und schaute mir in die Augen, worauf ich augenblicklich stockte. Diese Augen... Sie erinnerten mich an die, die ich immer wieder in meinen Träumen sah. Diese wunderschönen Blau-grünen, in denen man versinken konnte, die mich aber schon eine ganze Weile verfolgten.

Ein aufrichtiges Lächeln legte sich auf seine Lippen, welches an ihm wirklich himmlisch aussah und doch ziemlich unerwartet kam. "Du bist Lisa, richtig?", seine tiefe, raue Stimme und wie er meinen Namen aussprach, bescherten mir eine Gänsehaut. "Ähm, ja", gab ich jetzt auch schüchtern von mir. Er schmunzelte, bevor er sich nach vorne drehte und anfing dem Unterricht zu folgen.

Ich wollte mich gerade ebenfalls nach vorne drehen, als ich einen Ellbogen in meine Rippen gestoßen bekam. "Au!", beschwerte ich mich leise.

Ich blickte in Jessicas schokoladenbraune Augen, die mich bedeutungsvoll anschauten. "Was?", flüsterte ich ihr genervt zu. "Du findest ihn heiß, gib's zu", flüstert sie zurück. Ich ließ meinen Blick unauffällig zurück zu Liam schweifen, der starr zur Tafel schaute und vernahm ein klitzekleines Zucken seiner Mundwinkel. Wahrscheinlich hatte ich mir das sogar nur eingebildet. Ich wandte mich wieder Jess zu. "Nicht jetzt, Jess!", zischte ich ihr ins Ohr. Sie grinste mich an und nickte nur.

Am Ende der Stunde machte unsere Lehrerin endlich ihre versprochene Ankündigung.

"So liebe Schüler, es kommt zwar sehr plötzlich..."

His Secret ✓Where stories live. Discover now