2. Kapitel - Blutpfote

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Blutpfote starrte auf die rote Flüssigkeit, die an seinen Krallen klebte. Sie trocknete bereits, färbte sich langsam zu einem Schwarzrot. Er fühlte den Eisengeschmack im Maul.
Blutpfote unterdrückte ein Würgen.
Lustlos stieß er den Leichnam von sich.
Sein Magen knurrte protestierend.
Er hatte seit Tagen nichts gegessen.
Seit Wochen.
Und wenn doch, musste er nur an das Blut des Tieres denken, dass er gerade aß, und ihm wurde wieder übel.

>> Namen sagen eben nicht alles. << sagte Silbernebel immer wieder, wenn er seine Beute nicht im Magen halten konnte. Oder wenn er es nicht über sich brachte, seine Krallen in Nagetiere zu schlagen, aus Angst, ihr Blut sehen zu müssen.
Und sie hatte Recht.
Seine Schwester Fuchsschatten sagte ihm mal, seine Mutter Krähenherz hätte ihn so genannt, in der Hoffnung, er würde der stärkste und gefährlichste Krieger des FinsterClans werden.
Denn er war zu früh geboren.
Vielleicht machte das einfach den Unterschied zwischen ihm und seinem Bruder Sandpfote aus - Sandpfote war immer stärker, schneller, schlauer, mutiger gewesen. Er musste nie unter einem grausamen Namen leiden, nie das Gespött hören müssen, wie schwach er doch trotz des starken Namens war.

Seit der Schlacht gegen Finsternis und seinen Clan konnte er kein Blut mehr sehen. Nicht ohne, dass ihm Übel wurde. Übel von den Gedanken, wie viele Katzen in dieser Nacht ihr Leben lassen mussten.

>> Denk nicht darüber nach, Blutpfote. << flüsterte Silbernebel. Sie kauerte neben ihm, das silberne Fell zerzaust von den Dornenzweigen. Blutpfote sah wieder auf das Eichhörnchen.

>> Ess du es. <<

>> Du kannst nicht nur von Reisekräutern leben. << protestierte die silberne Kätzin.

Ohne Antwort rollte er sich ein. Drückte die Nase in ihre Flanke und schloss die Augen.

Er, Silbernebel und Feuerpfote versteckten sich zusammen mit Blättersturm, den Jungen und Finkpfote. Kupferstern hatte sie vor einer Woche verlassen, um die anderen Gruppen des zerstreuten Clans zu finden.
Bei der Flucht wurden alle getrennt. Es war ja nichtmal klar, welche Katzen überhaupt noch am Leben waren.
Silbernebels Mutter, ihre Geschwister, eingeschlossen seines Mentors, seine eigenen Schwestern, die während des Kampfes beim Grab ihrer Mutter geblieben sind, und seitdem nicht mehr gesehen wurden. Feuerpfotes Mentor Igelherz, der Heiler des BlitzClans. Ihr zweiter Anführer Bussardfeder, dessen Gefährtin Blättersturm wahrscheinlich ohne ihn ihre Jungen zur Welt bringen musste. Nusspelz, Rotfunke, Tannenherz. Himmellicht. Silberpfeil. Tupfenpelz. Seine beste Freundin Funkenblitz. Ihre Ältesten, ihre Schüler.
Alle waren verschwunden.
Vielleicht die Hälfte von ihnen tot.
Inzwischen vielleicht alle von ihnen.

Mit diesen Gedanken trat er in die Traumwelt.

Er saß wieder an dem Teich.
'Wasser der Zukunft' nannte er dieses Wasser insgeheim. Er konnte darin in jeden Traum Kampfjunges und Rennjunges sehen. Wie sie ihrer Beute nachjagten. Die Namen von Kriegern, Kampfherz und Rennschweif, trugen und das mit Ehre und Stolz.
Der Traum war seine Hoffnung. Denn solange er dieses Bild sehen konnte, mussten die Clans überleben.

Nachtstern hatte er nie wieder gesehen. Nie. Bis heute.

Er sah schwache Konturen schwarzen Fells, schwach leuchtende blaue Augen.

>> Nachtstern. Wo warst du? <<

>> Wir haben wenig Zeit. <<

>> Warum? Was ist mit dem SternenClan? <<

>> Finsternis Macht steigt von Tag zu Tag. Er blockiert uns. <<

>> Wie? <<

>> Dunkelheit. Er verdunkelt die Sterne. Siehst du es nicht jede Nacht? Und wir sind schließlich auch nur Geister der Toten. Auch wir können vergehen. <<

Nachtstern verblasste bereits wieder. Blutpfote sprang auf.

>> Bleib! Bitte! Was ist mit meinem Clan? <<

Nachtstern schnurrte schwach.

>> Es sind mehr am Leben, als du glaubst. << sein Schnurren erstarb.
>> Aber du musst es Feuerpfote sagen. Sie muss bereit sein. Sie ist die Letzte. <<

Nachtsterns Licht erlosch.

>> Warte! << rief Blutpfote schwach.

Die Lichtung bleib dunkel.

Das Wasser kräuselte sich.

Das Bild darin verschwamm und wurde wieder deutlich.

Die Letzte? Die Letzte von Was?

Sie wird es verstehen müssen. hauchte eine Stimme.

Dann blieb es still.

Lange still.

Stille.

Dunkelheit.

Dann brach eine Welle aus dem Nichts hervor. Eine Welle aus Schatten und Feuer.

Glühende Flammen flossen wie Wasser um ihn.

Vermischt mit rotem Blut.

Er schrie.

WarriorCats - Vulkanfeuer (III)Where stories live. Discover now