Gefährliche Obsession (9 Teil 2)

15.3K 156 6
                                    

"Geh mir aus den Augen, ich kann dich nicht mehr sehen! Gedanken an Dich sollen im Winde verwehen! Du bist verlogen, kein Pfifferling wert...!"

Eine plötzliche Umarmung zerrte mich wieder zurück in die Gegenwart. „Hey, was...?" Ich versuchte, mich loszumachen. Als ich aufsah, fühlte ich mich, als würde mir immer und immer wieder auf den Kopf geschlagen.

Ich blickte entsetzt in das Gesicht von Giselle. Mit zwei Sätzen brachte ich einen halben Meter zwischen sie und mich und funkelte sie aus dunklen Augen an. „Was zum Teufel..?" Mehr fiel mir nicht ein.

Sie zog eine Schnute und sah mich geknickt an. Ihr knallroter Lippenstift bildete einen krassen Kontrast zu ihrer Haut. „Oh Amy, es tut mir ja sooo leid!! Ich wusste gar nicht, was ich da tue...!" Ihre quiekende Stimme ging mir sofort unter die Haut und ich ballte meine Hände zu Fäusten.

Warum mussten solche... Personen nur immer so widerliche Stimmen haben? „Nein! Wag es nicht! Verschwinde! Ich will nicht mit dir reden!" Ich wollte mich umdrehen und fliehen, aber sie hielt mich am Arm zurück. „Aber Amy, bitte! Sei nicht so kindisch."

Sie rollte mit ihren Augen, ihre Stimme wurde einen Hauch herablassend. Sofort entriss ich ihr meinen Arm. „Fass mich nicht an!" „Ich entschuldige mich doch gerade. Ich weiß, dass ich uuunmöglich war, aber es ist nicht so, dass es sich nicht gelohnt hätte."

Sie zwinkerte mir zu und plapperte weiter, als sie mein entsetztes Gesicht sah, das wohl fragend auf sie wirkte. Oder sie genoss mein Leiden einfach. Laut kicherte sie. „Na ja, es ist ja nicht so, dass du uns groß gestört hättest. Er hat es dann doch noch gut zu Ende gebracht."

Erneut lief eine Träne über meine Wange. Sie lachte gekünstelt und winkte mit der Hand ab. „Aber du weißt ja, wie sowas läuft..." *Ich bring sie um! Muss sie mir das alles unter die Nase reiben?* „Ach, na ja. Ich wollte mich nur entschuldigen. Also einen schönen Tag noch."

Mit einem Luftküsschen in meine Richtung ließ sie mich stehen und ging mit schwingenden Hüften und auf hochhakigen Schuhen fort. Ihr kurzes Kleid ließ keinerlei Platz für Fantasie mehr offen.

Ich stolperte über den Campus, so schnell ich konnte. Meine Atmung ging hektisch, unkontrolliert. An Uni war heute nicht mehr zu denken. Mein Gesicht gesenkt, lief ich auf die Treppen zu, um auf den großen Parkplatz zu gelangen.

Ich merkte, wie langsam die Tränen in mir hochstiegen, als ich an der Sporthalle vorbei lief. Verkrampft versuchte ich, sie zurück zu halten. Sie hatten ‚es' zu ‚Ende' gebracht. Wie hatte er das tun können? Egal wie betrunken er gewesen war, das hätte er nicht machen dürfen!

*Deshalb ist er mir nicht hinterher gelaufen? Um seine Triebe zu befriedigen?* Die Tränen liefen mir über die Wangen, bevor ich die Treppe erreichen konnte. Schnell rannte ich an den glotzenden Studenten vorbei, die mir entgegen kamen und hetzte weiter.

Ich überquerte den Parkplatz, wich Autos und Fahrrädern aus und lief schnell weiter. Ich würde verheult durch die Stadt laufen müssen... Aber noch konnte ich das Schlimmste zurück halten.

Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, die mich in eine Seitengasse zog. Mit einem leisen Quieken versuchte ich, sie abzuschütteln, aber ich war zu schwach.

Starke Arme schlossen sich um meinen Rücken und zogen mich an eine kräftige Brust. Ich gab auf. Ich konnte nicht sehen, wer es war, aber ich ließ meinen Tränen freien Lauf, lehnte mich gegen die ‚starke Schulter', die ich gerade so dringend brauchte.

Mein Körper wurde von Schluchzern geschüttelt. Allein die Arme hielten mich davon ab, nicht zu Boden zu sinken, als alle Kraft aus meinen Beinen wich. Eine Hand strich mir beruhigend über den Rücken, hielt mich dann wieder fest, gab mir Kraft.

Ich weinte lautlos, versuchte trotz allem, nicht komplett zusammen zu brechen. Die Arme hielten mich fest und ich fühlte mich geborgen. Der mir in die Nase steigende Duft roch männlich und war angenehm beruhigend. Meine Tränen durchweichten langsam den Stoff, der über der Brust war.

Mein Gegenüber sagte nicht ein Wort, hielt mich einfach fest, ließ mich das Oberteil vollheulen. Unsere Atemzüge wurde nach einer Weile gleich, schienen sich einander anzupassen. Mir kam die Zeit schier unendlich vor. Langsam atmete ich tief ein und aus und versuchte, mich zu beruhigen.

Ich wollte mich von den Armen lösen. Der Griff lockerte sich leicht und ich blickte hoch in grün- braune Augen, die mich besorgt ansahen. Seine Stimme war sanft und er sagte leise: „Du sahst so aus, als könntest du eine Schulter zum Anlehnen gebrauchen."

Meine Wangen röteten sich und ich blickte verschämt nach unten. Gleichzeitig wurde mir noch unwohler. *Er? Nein das kann nicht sein! Warum?* Ich wollte nur noch weg! „Danke. Ich... Giselle hat mich gefunden." Ein leises, verstörtes Lachen entschlüpfte meinen Lippen und ich sah wieder zu ihm hoch.

Mir war nie aufgefallen, dass Daniels Augen um die Iris einen braunen Kreis hatten. Sie waren irritierend anziehend. Ich konnte den Blick kaum lösen. Wieder starrte er mich an und sofort wurde es mir unangenehm. Er lächelte leicht und strich mir mit dem Handrücken leicht über die Wange, um sie zu trocknen.

Erneut brannten sie und ich wurde mir der Situation bewusst. Meine Augen weiteten sich und ich räusperte mich, machte einen Schritt zurück. Seine Arme lockerten sich und schienen mich nur ungern gehen zu lassen.

Ich heulte mich in seinen Armen aus? Was war nur los mit mir? Die ganze Sache nahm mich mehr mit, als ich gedacht hatte. „Das tut mir leid. Ich habe schon gehört, dass sie... sich gerne darüber auslässt, wen sie zuletzt hatte. Besonders vor dem betreffenden Partner."

Ich runzelte die Stirn. „Und du? Stalkst du mich?" Ich schlug die Arme vor der Brust zusammen und versuchte, wieder Distanz zwischen ihn und mich zu bringen. Er lachte auf und fuhr sich mit der Hand durch sein langes Haar, strich es aus der Stirn.

„Nein, keine Sorge. Ich hatte Sport und... Ich hab gesehen, wie du an der Halle vorbei gelaufen bist und wollte nach dir sehen." Er deutete auf sein Outfit, das aus einer Sporthose und einem Shirt bestand.

Bildete ich mir das ein, oder waren seine Wangen tatsächlich leicht rosa geworden? *Nein, sicher nicht.* Ich musste nach Hause. Und zwar schnell. Ich gab ein leises „Pff." Von mir und sah nochmal zu Boden, versuchte meine Verwirrung und die Wut, die in mir aufstieg, zu verbergen.

„Hm, also ich werd mich dann mal auf den Weg nach Hause machen... Danke für... eben." Er nickte und sah mich wieder undurchdringlich an. „Soll ich dich begleiten?" Meine Augen weiteten sich erneut vor Überraschung und auch Panik. Schnell schüttelte ich den Kopf.

*Alles bloß das nicht!* „Nein, danke, das ist... nett. Ich kenn den Weg." Mir war nicht nach Scherzen zu mute, aber ich konnte mir den Kommentar nicht verkneifen. Er lachte auf und nickte. „Gut. Wir sehen uns, Amy." Eine kleine Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen, als er die gleichen Worte von vorhin wiederholte.

Was war in ihn gefahren? Er kam mir so anders vor. Wie kam er auf die Idee, mir hinterher zu laufen? Ich nickte kurz und trat wieder auf die Straße, die in Richtung Stadt führte. Ohne mich noch einmal umzusehen, ging ich nach Hause.

Den gesamten Weg über dachte ich an Daniel und sein Verhalten. *Wie kommt er auf die Idee, mir hinterher zu laufen? Ich kenne ihn nicht! Ich mag ihn nicht! Er hat Stefan nur zu Mist überredet! Lass ihn mich nicht wieder sehen... Bitte... Sollte er mir noch einmal über den Weg laufen, werde ich ihm sagen, dass er mich nervt. Er soll sich von mir fern halten!*

Ich hatte keinerlei Nerven, mich mit ihm und seinen Freunden zu beschäftigen. Er war niemand, mit dem ich etwas zu tun haben wollte. Auch wenn er gerade ganz nett gewirkt hatte, spürte ich noch immer das Unwohlsein, das durch seine Blicke zustande kam.

Selbst jetzt, auf dem Nachhauseweg fühlte ich sein Starren in meinem Nacken. Es war besser, wenn ich ihm nicht so schnell wieder begegnete! Zu Hause fiel mir Giselle wieder ein und das, was Stefan zu mir gesagt hatte. Daniel war vorerst vergessen.

___________________________________________________________________________

Danke :)

Rechts auf der Seite könnt ihr nun ein Bild von Tobi (Maras Freund) sehen :)

___________________________________________________________________________

Copyright © literaturegirl, Hamburg, 2010

Gefährliche ObsessionWhere stories live. Discover now