Es gibt keinen Sinn, oder? (Harry Potter Fanfiction)

1 - Ruth

>>Was es wohl zum Mittagessen gibt? Wahrscheinlich dasselbe wie immer. Warum mache ich mir darüber überhaupt denn noch Gedanken? Ist wohl ein kläglicher Schrei nach etwas Aufregung und was könnte mehr Spannung erzeugen als ein neuer Speiseplan? Aber was beschwere ich mich eigentlich? Zumindest sind die Mahlzeiten nicht vergiftet oder haben Augen, die einem zurück zwinkern<<

„Das kommt gar nicht infrage!", zog mich eine krächzende Stimme je aus meinen Gedanken. Ich stockte. Vor lauter Vergegenwärtigen meiner momentan wirklich lebensnotwendigen Mittagspausensituation, hatte ich nicht im Geringsten darauf geachtet, wohin mich meine Beine eigentlich trugen. Als Fünftklässlerin von Netamor könnte man eigentlich meinen, ich würde mich nicht mehr im Anwesen verirren, jedoch befand ich mich oft in solch tiefen Gedanken, dass Ort und Zeit nebensächlich wurden und ich, wie heute auch schon wieder, im vierten Stock landete und nicht bei meinem eigentlichen Ziel der Mensa unten im Erdgeschoss.

Die hohe Stimme hallte durch den Gang, doch sehen konnte ich niemanden. Am Ende des steinernen Flurs war jedoch eine Biegung. Komplett aus dem Konzept gerissen, achtete ich zum ersten Mal, auf das was Amateure wohl „Dekor" schimpfen würden. Die Schulleiterin hatte eindeutig eine Affinität für Türkis, denn die edlen Fenster waren mit grässlich blau leuchtenden Vorhängen behangen. Zusammen mit den golden verzierten Öllampen, die daneben an der Wand hingen, gaben sie dem eigentlich schönen Gebäude einen widerlichen Schein. Abgerundet wurde das Ganze mit einem magisch sauber gehaltenen, grünen Flusen Teppich, der wohl eher in eine Pazifisten-Wohnung, als in eine arkane Bildungsanstalt gehört hätte. Als ich neu auf der Schule war, hatte ich noch darauf gehofft, lebendige Porträts oder verstaubte Rüstungen in den Gängen zu erblicken, doch habe ich mir sagen lassen, dass diese entfernt wurden, als die jüngste Direktorin ins Amt trat. Kritiker murmeln, sie wollte sich von der weitaus bekannteren Schule „Hogwarts" abgrenzen, was >natürlich< nur Gerüchte sind.

Uninteressiert wollte ich bereits weitergehen, doch eine zweite, tiefere Stimme ertönte: „Aber Professor! Es war schon immer mein Traum ...". „Schluss jetzt!", donnerte es zurück, „Sie brauchen ein <Ohnegleichen>, um diese Klasse besuchen zu dürfen. Da gibt es kein Wenn und Aber!"

Mit diesen Worten hörte ich, wie jemand auf hohen Schuhen in meine Richtung geklackert kam. Ich ging ein paar Schritte zurück. Ich wollte so tun, als wäre ich gerade erst >zufällig< vorbeigekommen. Ich konnte ja nicht den Anschein machen, ich würde Gespräche belauschen. Dann wäre mein Image, als Oblomov komplett dahin. >> Zeugt es nicht eigentlich bereits davon, dass ich kein Oblomov bin, wenn es mich interessiert, ob Leute denken, dass ich keiner bin? << Und schon war mein Kopf schon wieder komplett woanders.

Erneut riss mich die fast schon kreischende Stimme aus den Gedanken: "Nachsitzen Caulfild!", das Klackern hatte plötzlich aufgehört, "heute Abend in meinem Büro! Ich dulde derartige Frechheiten nicht! Glauben sie denn etwa, ich würde es nicht sehen, wenn Sie mir die Zunge so vulgär herausstecken, nur weil ich Ihnen den Rücken gekehrt habe?"

>>Caulfild? Ist das einer der älteren Schüler? <<, fragte ich mich, >> Ist das Madame LaMoure, die da schimpft? Ist sie nicht eine Professorin für die Verteidigung gegen die dunklen Künste? << Ich kannte ihre Stimme nicht, schließlich unterrichtete sie nur die Jungen. Die Lehrerin kam weiter den Gang entlang. Ich war bereit.

"Ruth Logere! Neugierde mag ich gar nicht. Begeben Sie sich unverzüglich in Ihre Klasse, sonst können Sie Herrn Caulfild heute Abend Gesellschaft leisten." Vor Schock kam ich ins Stolpern. Ich wollte bereits widersprechen, doch die Professorin war noch nicht einmal in Sicht. Sie musste die ganze Zeit gewusst haben, dass ich da war.

Mit vor Scham glühenden Wangen kehrte ich um und entfernte mich mit schnellen Schritten. Ich wagte es nicht, den Blick zurück auf die unbekannte Lehrerin zu werfen. So gedemütigt wurde ich noch nie. Meine perfekte Parade hatte sonst nie Lücken. Es kam so unerwartet, dass jemand auf dieser Schule tatsächlich auch Magie zu nutzen wusste.