Licht im Dunkeln

Gefangen oder ein Hoffnungsschimmer

Langsam durch sanftes Stupsen wurde ich wach. Aysun saß auf mir und sah mich mit seinen treuen, braunen Augen an, die einen total Kontrast zu seinem schneeweißem Fell bildeten. „Guten Morgen Aysun. Ist es den schon wieder hell?" Ich streckte mich und gähnte ausgiebig. Doch plötzlich hörte ich eine leise Stimme im Wald rufen: „Sie kann nicht weit sein! Wir müssen sie finden! Los durchsucht den Wald" Oh nein, sie dürfen mich nicht finden. Das darf nicht sein. Langsam und geräuschlos packte ich meine Sachen zusammen, nahm Aysun auf meinem Arm und schlich mich langsam aus der Höhle hinaus. Es ist niemand zu sehen. Ich lief in die entgegengesetzte Richtung der Stimmen und hoffe, dass mich niemand gesehen hat. Doch als ich meinte, bin aus der Gefahrenzone heraus zu sein, verlangsamte ich mein Tempo. Gerade als ich mich nach meinen Verfolgern umsehe, packte mich jemand von hinten. „Ich habe sie! Maurice, sie ist hier!" Ich versuchte mich zu wehren und biss dem Mann in den Arm. Dieser schrie auf und ließ mich fallen. So schnell meine Beine mich tragen laufe ich los, drehe mich um und schieße mit einem Pfeil auf den Mann, der mich festgehalten hatte. Treffer.

Von Hinten pralle ich von jemanden ab, stolperte und liege nun am Boden. Maurice steht über mir und grinst mich triumphierend an. „Kiana, schön dass du dich auch endlich zu uns gesellst. Wir haben dich doch so lange gesucht. Und was bringst du uns da? Unser Abendessen? Das wär doch nicht nötig gewesen", lachend wollte er Aysun packen, doch dieser fand das anscheinend gar nicht lustig und beißt Maurice in den Finger. Nun verzieht Maurice wütend das Gesicht und versetzte Aysun einen Tritt. „Fesselt sie beide, wir werden heute hier übernachten. Und morgen gibt es mittags Hasenfleisch." Der Mann brachte mich zu einem Baum und fesselte mich daran. Aysun hat er in einen Käfig gesperrt. Wütend murmelte der Mann: „So ein Schwachsinn. Den Hasen gefangen zu halten. Hätten wir ihn doch lieber gleich gebraten.", grummelnd ging der Mann von Dannen. So saß ich nun hier und weiß nicht mehr was ich tun soll. So gut es geht, versuche ich es mir in diesen Schlingen gemütlich zu machen, was anderes bleibt mir ja nicht übrig.

Anfangs versuchte ich mich noch aus den Fesseln zu befreien, doch dabei handelte ich mir nicht mehr ein, als blutige Handgelenke und den Spott von Maurice. Ich errichtete mein Schutzschild, somit kann wenigstens niemand zu mir herkommen. Doch Maurice ruft seine Krieger zum Abendmahl. „Aysun was machen wir nur? Ich habe doch geschworen, dass sie mich nie erwischen werden und jetzt sitze ich hier an dem Baum gefesselt und kann mich nicht bewegen." Ich wollte eigentlich nicht weinen, aber ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Seht sie euch an. Unsere kleine Heldin, hockt dort am Baum gefesselt und flennt wie ein Baby. Ist das nicht rührend?" Die Krieger sehen alle zu mir herüber und lachen mich aus. Nun kullern mir noch mehr Tränen über die Wange. Aysun kam so nah zu mir her, wie er konnte und versuchte mich zu trösten. Doch ich fühlte mich so allein und verlassen wie schon lange nicht mehr.

Irgendwie musste ich doch eingeschlafen sein, denn ich wachte durch ein Rascheln in dem Busch neben mir auf.

Was war das? Wer ist da? Ich hatte Angst. Ich rückte so nah zu Aysun wie möglich, und nahm meinen ganzen Mut zusammen. Leise flüsterte ich: „Ist da wer? Hallo? Wer ist da?" Doch ich bekam keine Antwort. Plötzlich fielen meine Fesseln von meinen Handgelenken und ich befreite schnell Aysun. Aber wie konnte das sein? Ich sah mich um, konnte jedoch nichts erkennen. Ich versuchte so schnell wie möglich zu verschwinden. Langsam schlich ich mich an der schlafenden Wache vorbei und atmete erleichtert aus als ich vorbei war.

Doch dann zerbrach ein Zweig unter meinen Füßen. Der Kopf des Wachen schoss in die Höhe und sah mich mit ungläubigen Blicken an. Doch bevor er schreien konnte wird er von einem Menschen jungen angegriffen. Der Junge scheint kaum Älter als ich zu sein. Als er mir jedoch in die Augen blickt sehe ich darin so viel Erfahrung und Weisheit und mir wird klar, dass er älter ist als er scheint. Der Wächter will gerade sein Messer ziehen und ihn angreifen, doch er schneidet dem Wächter mit einer fließenden Bewegung die Kehle durch. Blut floss aus dem Hals des Mannes, und ich bekomme Angst. Drake konnte doch noch nicht hier sein, oder? Ich drehte mich um und stolperte einige Schritte zurück. Den vor mir steht Maurice. Er packte meine Arme und drehte sie mir auf den Rücken. „Na na mein Fräulein. Wo wollen wir den so früh am Morgen schon hin? Du wolltest doch nicht etwa..." Bevor er seinen Satz beendet hat, starrt er ungläubig diesen Jungen an. 

Dies ist meine Chance. Ich reiße mich mit aller Kraft los und laufe als wäre der Teufel persönlich hinter mir her davon. Ich renne und renne, bis mich plötzlich eine riesige Klaue packt und hochhebt. So laut ich kann schreie ich und versuche mich zu wehren, doch es scheint diesem Wesen nichts auszumachen. Also bleibt mir nichts anderes übrig als meine Situation zu Analysieren. Ich fliege bestimmt fünfzig Meter über dem Boden, gehalten von einer riesigen Klaue welche aus blauen Schuppen besteht. Scharfe Krallen halten mich fest, und doch schien es als würde dieses Wesen versuchen sanft zu sein. Über mir erkenne ich nur einen massigen Körper, doch erkenne ich nicht welches Wesen es ist. Immer höher brachte mich dieses Wesen in den Himmel hinauf. Wenn es mich hier loslässt hätte ich keine Chance zu überleben. Ich wollte nicht das er mich mitnimmt. „Du brauchst keine Angst zu haben.", meinte dieses Wesen mit tiefer Stimme. „Ich bin Aaron. Und der, der dich befreit hat war Alexander. Wir wollen dich beschützen."

Ich glaubte ihm kein Wort. Viel zu unwahrscheinlich erscheint es mir, dass diese Wesen mich beschützen sollten. Bestimmt wurde er von Drake geschickt. Drake ist der selbsternannte König in diesem Reich, derjenige vor dem ich mehr fürchte als vor Maurice. Den ich mehr fürchte als alles andere. Bevor ich noch weiter darüber nachdenken kann landet Aaron und setzt mich sanft in das grüne Gras. 

Ich schüttle meinen Kopf und starre Aaron erstaunt an. „Drachen? Drachen wollen mich beschützen?" Verwirrt blicke ich erst zu Aaron, dann zwicke ich mich in den Arm und blicke wieder auf zu ihm. „Das muss ein Traum sein. Warum sollten mich die mächtigsten Wesen beschützen wollen?" Aaron neigt seinen Kopf und blickt mich mit seinen eisblauen Augen an. „Wir haben unsere Gründe", brummt er und hebt den Kopf. Er scheint nach jemanden Ausschau zu halten. 

Da fällt mir mein kleiner weißer Hase wieder ein. Geschockt starre ich auf meine Hände und wispere: „Aysun. Ich habe Aysun vergessen" Aaron dreht sich zu mir um und neigt den Kopf zu mir herab. „Wer ist Aysun?" „Aysun ist ihr kleiner Hase, nehme ich an.", ruft eine Stimme aus dem Wald, welche mich sofort erstarren lässt. Aus dem Wald tritt der Junge, der mich vorher befreite. Bei seinem Anblick bleibt mir die Luft weg, den er hat einige Blutspritzer von dem Wächter abbekommen. So sieht er aus, wie ein wahrer Krieger. In seinen Armen trägt er sanft den ängstlichen kleinen Hasen. Sanft lässt er Aysun auf den Boden.

Sofort hüpft der Kleine zu mir und ich schmiege mich an ihn. Einige Tränen kullern mir über die Wange, die ich jedoch sofort wieder wegwische. „Kiana. Wir werden dich hier wegbringen. Wir müssen uns beeilen. Erschreck bitte nicht, ich hebe dich wieder hoch." Woher kennen mich diese Drachen überhaupt? Kann ich ihnen vertrauen? Ich habe so viele Fragen. 

Bevor auch nur eine dieser Fragen über meine Lippen kommt werde ich schon wieder von Aarons Klauen hochgehoben. Hoch über den Bäumen fliegen wir als sich ein Kribbeln in meiner Magengegend bemerkbar macht. Magie fließt. Die Drachen können ihre Gestalt vor den Augen der Menschen verbergen. Genau das werden sie wohl nun tun. Unzählige Gedanken und Fragen kommen mir in den Sinn und ich frage mich ob ich den Drachen wirklich vertrauen kann.

 Wer weiß schon warum Drachen etwas tun. Sind sie bestechlich? Darf ich ihnen trauen? 

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht was noch alles auf mich zukommen würde.