8. Kapitel

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»Komm schon Flammenpfote! Du musst ihm schneller ausweichen!«, rief ihr Nebelwolke zu.
Die rote Kätzin sprang wie ein Kaninchen durch die Trainingskuhle und sich den Schlägen von Eispfote zu entziehen. Ihre Mentoren standen etwas abseits und beobachteten das Geschehen, während sie ihren Schülern Anweisungen zuriefen.
»Komm! Noch ein bisschen Eispfote! Lange wird sie dieses Tempo nicht mehr durchhalten!«, feuerte Windschweif seinen Schüler an.
Doch obwohl Flammenpfote schon etwas außer Puste kam, dachte sie nicht daran langsamer zu werden. Sie hatte Eispfote schon ziemlich ausgepowert und es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis er fix und fertig sein würde. Er war ihr vielleicht an körperlicher Stärke überlegen, sie allerdings hielt länger durch und das war nun ihr Vorteil. Sobald sie bemerkte, dass ihr Mitschüler sich Blöße gab, nutzte sie die Chance zum Gegenangriff. Mit einem heftigen Prankenhieb gegen seine Schläfe warf sie ihn zu Boden und gab ihm gespielt den Todesstoß.
»Großartig gemacht«, keuchte der Kater.
»Ich brauche eine Pause.«
»Du hast aber gut durchgehalten«, schnurrte Flammenpfote, ebenfalls bemüht wieder zu Atem zu kommen.
»Das war sehr gut«, lobte Nebelwolke, die nun zusammen mit Eispfotes Mentor zu ihnen kam.
»Der Schlag am Ende hat ganz schön gesessen«, meinte Windschweif anerkennend.
»Tat es sehr weh?«, fragte die Schülerin den Anderen.
»Ein bisschen, ist aber nicht schlimm«, antwortete dieser mit einem fahlen Lächeln.
»Ach! Wir haben den Kampf verpasst?«, ertönte die empörte Stimme von Steinpfote hinter ihnen.
Er und sein Mentor standen etwas von ihnen entfernt und zu ihren Pfoten lag Frischbeute.
»Das war ein interessanter Kampf. Flammenpfote hat ihn gewonnen«, berichtete Nebelwolke.
»Schade ich hätte ihn zu gerne gesehen«, seufzte Sturmfang.
»Nun ja, ich denke, ihr könntet etwas zu Essen gebrauchen. Wir haben genug für alle.«
Die Gruppe schaute auf die gebrachte Beute. Mäuse und kleine Vögel, genug um sich etwas zu stärken.
»Flammenpfote hat den Kampf gewonnen, also darf sie sich auch zuerst was aussuchen«, entschied Nebelwolke und die anderen Katzen nickten.
Die Schülerin entschied sich für einen dicken Spatz, welcher neben einer beachtlichen Menge Fleisch auch noch einen sehr intensieven und ansprechenden Geruch hatte. Als sie ihre Zähne in den Vogel schlug musste sie ersteinmal eine ganze Menge Federn wieder ausspucken, jedoch war er sehr schmackhaft. Die beiden anderen Schüler hatten je eine Wühlmaus gewählt, während ihre Mentoren sich die übrig gebliebenen Beutestücke hermachten. Gestärkt machten sie sich auf den Rückweg ins Lager.
»Sturmfang, darf ich dich etwas fragen?«, miaute sein Schüler plötzlich.
»Immer«, antwortete dieser verwundert.
»Findest du wirklich, dass wir schon für unsere erste Prüfung bereit sind?«
»Sicher. Du hast mir heute aufs Neue bewiesen, dass du das ganz einfach schaffen kannst. Genauso wie Eispfote und Flammenpfote.«
»Wann ist unsere Beurteilung?«, fragte der zweite Kater seinen Mentor.
»Sollen wir es ihnen verraten?«, fragte Windschweif die zweite Anführerin.
»Morgen schon«, antwortete diese knapp.
Die drei Schüler sogen scharf die Luft ein.
»Ich komme mir so unvorbereitet vor«, gestand Flammenpfote mit zittriger Stimme und bekam bei dem Gedanken an Morgen schon gleich das Verlangen ganz weit weg zu rennen.
»Wenn du so gut jagen kannst wie du heute gegen Eispfote gekämpft hast, dann kannst du das im Schlaf«, merkte Windschweif an.
Die Schülerin hätte von ihm am wenigsten Zuspruch erwartet.
»Es ist kein Ding der Unmöglichkeit. Immerhin haben es schon viele Krieger vor euch geschafft«, fügte Nebelwolke hinzu.
»Wartet einfach ab, was euch morgen erwartet«, schnurrte Sturmfang, ehe sie das Lager betraten.

Es war früher Morgen, als die drei Schüler aus ihren Nestern krochen. Leichter Nebel hing umgab sie, jedoch war es kein Problem zu sehen und sich am Frischbeutehaufen zu bedienen. Jeder der drei fraß etwas, ehe sie aus dem Lager schlichen. Flammenpfote war sehr nervös, ließ es sich aber nicht anmerken, und je mehr Mut sie sich zuspach, umso besser fühlte sie sich auch. Die Silhouetten ihrer Mentoren konnte sie schon in einiger Entfernung ausmachen. Sie saßen am Rande des Plateaus und erwarteten sie schon.
»Guten Morgen. Wir hätten erst später mit euch gerechnet«, begann Nebelwolke das Gespräch.
»Naja, so können wir aber früher anfangen«, setzte Windschweif fort.
»Eure Aufgabe ist äußerst einfach: ihr müsst jagen«, erklärte Sturmfang weiter.
»Jeder von euch bekommt einen bestimmten Bereich zugeteilt, wo er Beute machen soll. Wir werden euch unauffällig folgen und euch beobachten. Sind wir der Meinung, ihr habt uns genug eures Könnens gezeigt, werden wir aus unseren Verstecken kommen und es euch mitteilen. Habt ihr alles Verstanden?«, fragte die graue Kätzin und die drei Schüler nickten.
»Gut. Eispfote, du jagst hier oben auf dem Plateau. Steinpfote, du jagst bei der NachtClan-Grenze und in näherer Umgebung. Und Flammenpfote jagt im lichten Wald bei der Ebene bis zur Grenze. Geh aber nicht zu nah an den Zweibeinerort heran«, setzte sie fort.
»Das gilt auch für dich, Steinpfote!«, mahnte Sturmfang den Kater.
»Ihr müsst euch nicht hetzen oder eine bestimmte Anzahl an Beutestücken fangen. Jagt besinnt und passt auf euch auf«, endete Windschweif.
»Alles klar!«, miaute der braune Kater.
»Das schaffen wir locker!«, meinte auch sein Bruder.
Auch Flammenpfote war motiviert und von sich überzeugt. Sie würde das schaffen!
»Dann viel Erfolg!«
Die Schüler trabten davon. Eispfote trennte sich schnell von ihnen und lief zu seinem Jagdgebiet. Flammenpfote und Steinpfote liefen den Pfad herunter und überquerten die Ebene.
»Denkst du, sie wollen dich testen?«, fragte Steinpfote plötzlich.
»Wegen was? Die Jagdprüfung machen wir doch alle«, gab sie verwundert zurück.
»Du wurdest doch nicht ohne Grund in Richtung des Zweibeinerortes geschickt«, merkte er an und die Kätzin verstand was er meinte.
»Ich kann es verstehen. Es gibt eben Katzen, die mir noch nicht ganz vertrauen und sie wollen eben einen Beweis, dass ich sie nicht verrate. Ich hatte ohnehin nicht vor dort zu jagen. Tiefer im Wald gibt es bessere Beute.«
Steinpfote schnurrte amüsiert.
»Ich gehe dann mal. Viel Glück!«
»Ja, dir auch!«, sagte sie, ehe der Kater davon rannte.
Nun war sie alleine. Sie lief weiter in den Wald und prüfte regelmäßig die Luft nach frischen Gerüchen von Beute. Der Nebel jedoch erschwerte ihr dies, sodass sie eher ziellos durch das Unterholz streifte. Ich könnte warten, bis die Sonne aufgeht, überlegte sie, jedoch kam ihr eine bessere Idee. Wenn ich mich nicht auf meine Nase verlassen kann, dann auf meine anderen Sinne! Geschickt sprang sie auf einen Stein, setzte sich ruhig hin und fing an ihre Umgebung zu beobachten. Sie lauschte den Geräuschen ihrer Umgebung und sah sich nach einem Zucken von Blättern um. Allmählich fing sie an immer mehr zu hören. Das Singen der Vögel schien nicht mehr so weit weg und schien aus näherer Umgebung zu kommen. Ebenso hörte sie Eichhörnchen über ihr von Ast zu Ast springen und wenn sie sich darauf konzentrierte, hörte sie auch in großer Entfernung einen Hund bellen. Plötzlich sah sie in ihrem Augenwinkel etwas vorbeifliegen, was sie als Taube identifizierte. Der Vogel landete hinter einem Baum, wo Flammenpfote Samen vermutete. Leise und vorsichtig stieg sie von dem Stein und schlich sich an das grau gefiederte Tier an. Es war tatsächlich damit beschäftigt an irgendetwas zu picken und die Schülerin nutzte den Moment der Unaufmerksamkeit den Vogel schnell und lautlos zu töten. Danke SternenClan! Sie verscharrte den Vogel um ihn später mitzunehmen. Ebenso hoffte sie, dass Nebelwolke in der Nähe war und dies beobachtet hatte. Mittlerweile hatte sich der Nebel etwas verzogen und die Sonne glänzte golden am Horizont. Frohen Mutes ging Flammenpfote mit geschärften Sinnen weiter. Schnell fielen ihr noch zwei Spatzen, eine Wühlmaus und ein Eichhörnchen in die Krallen. Sie war fast durch das ganze Jagdgebiet, was ihr zugeteilt wurde gelaufen und war nun einer Spitzmaus auf der Fährte. Das Tier nagte gerade an einer Buchecker und die rote Kätzin nutzte die Chance um das Geschöpf zu töten. Hinter sich im Busch hörte sie ein Rascheln und Nebelwolke trat heraus.
»Das hast du gut gemacht. Du bist fertig«, miaute sie.
Flammenpfote nickte stolz und nahm ihre Beute auf.
»Ich bin unterwegs der Patrouille von Nachtschweif begegnet und ich habe sie darum gebeten deine Beute einzusammeln«, erklärte sie.
»Wir können also direkt zum Lager.«
Die beiden Kätzinnen liefen durch den Wald und als sie auf der Ebene ankamen, war es bereits Sonnenhoch. Sie erreichten bald darauf das Lager, wo sie ihre Spitzmaus zu den anderen Beutestücken legte. Dazwischen erkannte sie auch ihre anderen.
»Hey, da bist du ja!«, hörte sie die Stimme von Eispfote, der gefolgt von Steinpfote aus dem Schülerbau kam.
»Wie lief es?«
»Ganz gut«, antwortete sie.
»Und bei euch?«
»Auch gut«, schnurrten sie.
»Steinpfote! Eispfote! Flammenpfote! Kommt ihr mal bitte her?«, hörten sie die Stimme von Sturmfang.
Er stand zusammen mit Windschweif und Nebelwolke bei Firnstern.
»Jetzt bin ich mal gespannt«, murmelte Schneeglanz mit einem gehässigen Blick auf die rote Kätzin, erntete dafür einen mahnenden Schulterstoß von Himmelsblüte.
Flammenpfote war der hübschen Kätzin für ihre Initiative dankbar und schenkte ihr einen freundlichen Blick, ehe sie mit den beiden Katern zu ihrem Anführer vortrat. Ein paar Katzen sammelten sich interessiert um sie herum.
»Windschweif, wie hat Eispfote abgeschnitten?«, fragte Firnstern.
»Er hat hervorragend gejagt. Den Nebel hat er genutzt um sein Fell weniger auffällig erscheinen zu lassen und trotz eingeschränktem Geruchssinn hat er eine Amsel, eine Schwalbe, einen Finken, zwei Spitzmäuse drei Mäuse und eine fette Wühlmaus gefangen. Seine Jagdtechnik gefällt mir ausgesprochen gut«, antwortete der Kater.
»Sturmfang, wie hat Steinpfote deiner Meinung nach abgeschnitten?«
»Er hatte anfangs seine Probleme mit dem Geruchssinn, jedoch hat er es mit seiner Erfahrung ausgeglichen. Er wusste, unter welchem Baum oft Vögel und Eichhörnchen hinkommen um nach Futter zu suchen. So konnte er mit Leichtigkeit zwei Mäuse, zwei Eichhörnchen, einen Gimpel, und sage und schreibe vier Rotkehlchen fangen.«
Flammenpfote bekam Bammel, weil ihre Mitschüler definitiv mehr gefangen hatten als sie. Würde sie auch solch gute Bewertungen von Nebelwolke bekommen?
»Nebelwolke, wie hat Flammenpfote ihre Aufgabe bewältigt.
»Der Nebel hat auch ihr Schwierigkeiten gemacht, zumal sie im wohl Beuteärmsten Gebiet gejagt hat. Doch das hat sie nicht daran gehindert eine Taube, zwei Spatzen, eine Wühlmaus, ein Eichhörnchen und eine Spitzmaus aufzuspüren. Ihre Jagdtechnik hat mir ebenfalls sehr gefallen. Was sie mit ihrer Nase nicht geschafft hat, tat sie mit anderen Sinnen ausgeglichen. Zudem war sie äußerst geschickt. Nicht eines ihrer Beutetiere stieß einen Alarmruf aus, oder ist ihr entkommen«, berichtete die zweite Anführerin.
Der Anführer nickte.
»Und wie ist euer Urteil?«
»Eispfote hat bestanden«, sagte Windschweif mit fester Stimme.
»Steinpfote auch«, ergänzte Sturmfang.
»So wie Flammenpfote. Sie haben alle drei bestanden«, schnurrte Nebelwolke und die drei sahen sich mit stolz geschwellter Brust an.
Auch Firnstern nickte erfreut.
»Es freut mich, dass der EisClan solch talentierte Schüler hat. Ebenso freut es mich, dass Flammenpfote, trotz das sie erst seit kurzem bei uns ist, so gut mithalten kann. Ich wünsche euch allen noch viel Erfolg.«
Sobald der Anführer geendet hatte, brachen die Schüler, so wie einige ihrer Clangefährten, in Jubel aus.
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich durchkomme, nachdem ich gehört habe wie gut ihr wart«, meinte sie erleichtert zu Steinpfote und Eispfote.
»Du hattest das schwierigste Terrain. Keiner von uns hätte dort besser jagen können«, meinte Eispfote beeindruckt.
»Nur Glück...«, zischte Schneeglanz im Vorbeigehen.
»Beachte sie nicht, sie will dich nur provozieren«, seufzte Nebelwolke.
»Wir sind wirklich stolz auf euch«, wechselte Sturmfang das Thema.
»Ihr habt morgen frei und dürft euch ausruhen. Danach werden wir viel Kampftraining haben«, kündigte Windschweif an.
»Nochmal werde ich dann nicht gegen dich verlieren«, sagte Eispfote herausfordernd und Flammenpfote lächelte nur müde zurück.
»Das werden wir noch sehen.«
»Kommt, wenn wir schon gejagt haben, können wir doch auch genauso gut was essen«, fiel Steinpfote dazwischen.
»Gute Idee. Ich bringe den Ältesten was«, sagte die Kätzin eifrig.
»Sie freuen sich bestimmt.«
»Ich auch!«
»Dann bringe ich Lavendelfell was!«
Sobald die Schüler ihre Aufgabe getan hatten, aßen sie etwas und erzählten noch bis die Nacht hereingebrochen war. Als Flammenpfote endlich einschlief, wachte sie in einem fremden, verdorrten Wald auf. Alles wirkte so unheimlich und beängstigend, am liebsten wäre die weggerannt. Doch sie wusste, sie würde nicht entkommen können. Sie wusste, sie war nicht ohne Grund hierher gekommen, denn Schattenwind saß dort und wartete auf sie.

Warrior Cats - Flammenwinds BürdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt