十一

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Die Tore des Kaiserhofs wurden geöffnet und die zwei Wächter machten den Weg frei, als Chichi mit einer weiteren Bediensteten und einem jungen Mädchen, dessen grauen Kimono und altmodischen Hakama im Palast auffielen, passieren wollten. Als die Wachen genauer in das Gesicht des Mädchen sahen, diese hinter Chichi durch das Tor lief, wichen sie für einen Moment zurück und schauten starr wieder nach vorne. Nachdem das Mädchen sich einige Schritte von den Wächtern entfernte, neigte sich die eine Wache zum Anderen und flüsterte kaum hörbar:

,,War das nicht die Prinzessin? Sie sah aus wie ein anderer Mensch."
,,Unglaublich, nicht wahr? Selbst jemand wie sie kann auf so eine Art und Weise bestraft werden."

Michihide, diese gute Ohren besaß, zuckte kurz zusammen, als sie deren Geflüster wahrnahm. Sie schaute auf ihren Kimono hinunter und presste die Lippen aufeinander, während sie grob über den dreckigen grauen Ton strich. Ohne wirklich aufzusehen folgte sie Chichi und der weiteren Bediensteten, während sie weiterhin über den Stoff rieb.
,,Prinzessin?", hörte sie plötzlich besorgt von Chichi, als die Prinzessin beinahe vom Weg abkam. Michihide hielt abrupt an und sah mit einem trostlosen Blick zu Chichi, ehe sie ihnen hastig folgte.  Anstelle des gemeinen Weges in Richtung Hauptstadt, nahmen sie eine schmale Route durch den südlichen Wald, was Michihide wunderte. ,,Wir gehen eine Abkürzung, damit es nicht auffällt, dass wir aus dem Palast kamen. Sicher ist sicher, schließlich darf niemand erfahren, dass Sie die Prinzessin sind.", beantwortete Chichi schon im Voraus ihre Frage. Michihide nickte nur darauf verständlich und heftete sich ihnen wieder an. Dann hob sie ihre Hände und blickte auf die Innenseite, die sich nach all dem Reiben rau anfühlten.
,,Die Farben...", hauchte sie und lief langsam, mit schweren Lidern, den Waldweg entlang. Mit ihren Augen ganz woanders trottete sie einfach weiter, bis sie plötzlich mit ihren Füßen an einer herausgewachsenen Wurzel hängen blieb und das Gleichgewicht verlor. Erst als sie mit ihrem Gesicht und den Handinnenflächen auf den Schneeboden aufkam, kehrte sie mit ihren Gedanken wieder zurück auf die Erde.
,,Prinzessin!", riefen die Bediensteten panisch und blickten zurück.
Michihide lag da eine Weile, zu schockiert, um sich zu heben. Dann stemmte sie ihre Arme vom Boden ab und spuckte etwas Erde aus, das sie beim Aufprall in den Mund bekam. Perplex blinzelte die Prinzessin auf und zog die Brauen zusammen, als sie den Dreck mit dem Kimonoärmel angeekelt wegwischte. Die beiden Bediensteten wagten es erstmals nicht, ein Wort auszusprechen. Allein ihre Prinzessin in solch einen Zustand zu sehen, erschauderte sie. Da saß sie; mit Bauernkleidung und Schnee im Gesicht auf der Erde.
Schließlich eilte Chichi zum jungen Mädchen und hielt ihr die Hand hin.
,,Ist alles in Ordnung, Prinzessin?! Vergibt uns für unsere Unachtsamkeit!"
Michihide sah mit gehobener Braue auf, während sie immer noch versuchte, den Dreck vom Gesicht zu wischen. Als sie dann in das besorgte, mit Falten dekorierte Gesicht von Chichi sah, entfloh ihr ein kurzes, bemitleidenswertes Lachen.
,,Ach Chichi, du hättest deinen Blick sehen müssen! Du siehst ja noch erschrockener aus als ich.", lachte Michihide und ergriff nach ihrer Hand, wobei sie diese nur als kleine Stütze nutzte und mit eigener Kraft aufstand.
,,Aber...Prinzessin..."
,,Kommt, wir müssen weiter. Wir sollten die Bauern nicht so lange warten lassen.", sprach Michihide die Bediensteten zum Laufen an. Daraufhin warfen sich die Bediensteten Blicke zu, ehe Chichi der Jüngeren zunickte und diese voraus lief.
,,Es ist nicht mehr weit, Prinzessin!", versuchte die junge Bedienstete die Prinzessin aufzumuntern und zeigte in eine Richtung im Wald, in diese sie sich aufmachten. Dieses Mal war Michihde voll und ganz auf ihre Umgebung und das, was ihr bevorstehen würde, fokussiert. Dicht neben ihr lief Chichi, diese noch immer Michihides Hand hielt. Nach einer kurzen Weile, als sie schon zwischen den Baumstämmen eine Lichtung erkannten, umklammerte die alte Bedienstete Michihides Hand fester und sprach in einem leisen Ton:
,,Vergessen Sie nicht; niemand weiß, wer Sie sind und das darf auch niemand erfahren. Erwarten Sie bitte auch in Notfällen keine Soldaten, die Ihnen sofort zur Hilfe eilen würden oder Bediensteten, die Ihnen das Essen zu Tisch bringen und beim Ankleiden helfen. Von nun an sind Sie diese ganzen zwei Monate auf sich alleine gestellt. Tätigkeiten und Aufgaben, die Sie nicht gewohnt sind, werden Sie erwarten. Dabei sind Schrammen oder Narben an den Händen nicht auszudenken. Doch bitte Prinzessin - ich bitte sie - vergessen Sie nicht, dass all dies einen Grund hat. Ich bin mir sicher, dass Sie daraus ihre Vorteile ziehen werden, so wie Sie es bisher stets getan haben."
Michihide wagte es nicht aufzusehen und behielt den Blick nur geradeaus, zur immer näher tretenden Lichtung. Doch dies hieße nicht, dass ihre Worte sie nicht trafen. Sie würde sich selbst nur ungern als verwöhnt bezeichnen, doch aus der Perspektive der Bauern war sie es, stellte sie fest. Um die Worte von Chichi zu verarbeiteten, atmete sie tief ein und aus, ehe sie nickte.

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