Fünfzehn

3.1K 152 12
                                    

Als wir aus dem Bus aussteigen und zurück zum Hostel laufen fängt es an zu regnen. Einige der Schüler haben an einen Schirm gedacht, ich aber leider nicht. Also ziehe ich mit die Kapuze meiner Jacke über und werde nass. Als wir am Hostel ankommen bin ich ziemlich durchnässt, aber es stört mich nicht mehr besonders.

„Können wir noch kurz reden, Annalena?", bittet Leslie mich.

Ich mustere sie für einen Moment. Sie sieht mich fast schon flehend an, wie könnte ich da nein sagen. Wie es aussieht hatte sie ebenfalls keinen Schirm dabei. Ein paar nasse Haarsträhne fallen ihn ins Gesicht, was sie aber nicht weniger hübsch macht.

„Na gut, aber nicht hier", sage ich.

Einige der Schüler lungern immer noch vor dem Eingang herum und ich möchte nicht, dass sie unser Gespräch belauschen. Leslie wird das sicherlich ebenfalls nicht wollen. Zumindest gehe ich davon aus.
Wir umrunden das Hostel einmal und bleiben unter einer alten Eiche stehen. So sind wir ein wenig vor dem Regen geschützt.

„Worüber möchtest du reden?", frage ich Leslie und beiße mir fest auf die Unterlippe.

Ein wenig Angst habe ich schon, da ich keine Ahnung habe, was sie gleich sagen wird.

„Es ist wegen dem, was du mir gestern erzählt hast. Ich kann einfach nicht aufhören darüber nachzudenken", beginnt sie und sieht auf den Boden.

Sie streicht sich eine blonde Haarsträhne hinters Ohr während sie zu überlegen scheint, wie sie ihren Satz zu Ende bringen soll.

Ich wäre ziemlich froh, wenn sich jetzt ein Loch im Boden auftun würde, dass mich in eine andere Galaxie saugen würde. Ich weiß nicht, was ich von diesem Gespräch halten soll oder was ich sagen soll. Ich will, dass es so schnell wie möglich vorbei ist.

„Ich bin immer davon ausgegangen, dass du auf Männer stehst, aber das hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Ich fand dich schon früher interessant und das hat sich bis heute nicht geändert."

Oh Gott. Versucht Leslie mir gerade zu sagen, dass sie mich mag? Das kann nicht sein. Bestimmt habe ich heute morgen wieder zu viel Kaffee getrunken oder es liegt an dem Schlafentzug.

Ich komme nicht dazu weiter darüber nachzudenken, da Leslie mein Gesicht in ihre Hände nimmt und plötzlich ihre Lippen auf meinen liegen. Ein wenig überfordert weiß ich nicht, was ich tun soll. Ich habe mir diesen Moment so oft in meinen Träumen ausgemalt, bin aber davon ausgegangen, dass er niemals wirklich passieren würde. Als Leslie's Zunge über meine Unterlippe streicht und um Einlass bittet, gewähre ich ihn ihr. Unsere Zunge berühren sich zögerlich. Es fühlt sich an, als würde jemand in mir gleichzeitig tausende Feuerwerke zünden. Ich bin so überwältigt, dass ich es kaum fassen kann. Langsam lege schlinge ich meine Arme um Leslie's Hüfte und ziehe sie näher an mich. Dieser Kuss ist unbeschreiblich. Tausend mal besser, als in meinen ganzen Fantasien.
Viel zu schnell lösen sich unsere Lippen voneinander. Sehnsüchtig sehe ich Leslie in die Augen und will sie am liebsten noch hunderte Male küssen. Wenn ich könnte, dann würde ich nie mehr aufhören sie zu küssen.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll", bringe ich flüsternd hervor.

Leslie lächelt mich an und streicht mit ihrem Zeigefinger über meine Lippe. Sie sieht ein wenig verträumt aus. Total süß.

„Ich dachte immer, dass du auf Männer stehen würdest", sage ich nach einer Weile.

„Tue ich ja auch, aber nicht nur. Das nennt man bisexuell", meint sie lachend.

Ich muss ebenfalls lachen. Falls ich das hier nur Träume, dann will ich nie wieder aufwachen.

„Sagst du mir jetzt, wieso du diese Bilder von mir gezeichnet hast?", will Leslie leise wissen.

„Ich fand dich schon immer faszinierend und wunderschön", antworte ich.

Leslie sieht weg, aber ich kann sehen, wie sie ein wenig rot wird. Lächelnd lasse ich sie los.

„Mir ist schrecklich kalt, lass uns rein gehen und dort weiter reden. Außerdem will ich mir etwas Neues anziehen", sage ich.

„Jetzt wo du es sagst, merke ich es auch", stimmt Leslie mir zu und wir gehen rein.

Wortlos folgt sie mir auf mein Zimmer und ich lasse es zu. Ich nehme ein paar Sachen aus meinem Koffer und reiche sie Leslie, die sie dankend annimmt. Ich selbst ziehe mich im Badezimmer um. Als ich wieder zurück ins Zimmer komme, steht Leslie am Fenster und blickt nach draußen in den Regen. Ich stelle mich neben sie und sehe sie von der Seite an. Mein Pullover ist ihre an den Armen etwas zu kurz, aber ansonsten scheinen meine Sachen ihr zu passen.

„Wieso hast du damals nichts gesagt, Annalena?", will Leslie nach einer Ewigkeit des Schweigens wissen.

„Weil ich deine Schülerin war. Ich hätte mich niemals getraut dir das zu sagen. Und du hättest es niemals erwidern können", sage ich.

„Da hast du wohl recht", meint sie nachdenklich.

Ich berühre sie an der Schulter und Leslie sieht mich an. „Es ist doch egal, was damals war."

„Stimmt", nuschelt sie und küsst mich erneut.

Dieses Mal ist der Kuss nicht so zögerlich, sondern leidenschaftlich ohne Ende. Es fühlt sich an, als würde in diesem Kuss all die Sehnsucht stecken, die wir über die Jahre angesammelt haben.

„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du hier neben mir stehst und mich küsst", wispere ich.

„Ich auch nicht", erwidert Leslie und zieht mich in Richtung des Bettes.

„Was ist mit dem Abendessen?", will ich von ihr wissen.

„Wir können es einfach ausfallen lassen", schlägt sie vor.

„Gute Idee", nuschele ich und küsse sie erneut.

Ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich mich in Gedanken selbst anschreie, dass ich aufwachen soll, aber dann wird mir bewusst, dass es gar kein Traum ist. Diese wunderschöne Frau sitzt neben mir auf dem Bett und wir küssen uns immer wieder. Es ist real.

„Kann ich dich was fragen?", will Leslie urplötzlich von mir wissen.

„Kommt darauf an, was?"

„Was denkst du gerade?"

Ich muss lachen. „Ich denke daran, dass ich nicht aufhören möchte dich zu küssen", antworte ich.

Leslie grinst mich an und lässt zu, dass ich sie auf die Matratze drücke und immer wieder küsse. Ich kann nicht aufhören sie zu berühren und ihr so nahe zu sein. Ich will sie so sehr, dass es schon verrückt ist.

A bad idea Where stories live. Discover now