1: Opfer

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Erschöpft schleppte der junge Mann sich durch die Gasse, welche um kurz vor Mitternacht natürlich menschenleer war.

Er horchte auf jedes noch so kleine Geräusch, um seinen Angreifer ausmachen zu können, der ihm vor wenigen Minuten noch dicht auf den Fersen gewesen war.

Regen viel unaufhörlich vom Himmel, das Auftreffen der Tropfen auf dem Stein hallte von allen Seiten in der engen Gasse wieder.

Panisch drehte der Braunhaarige seinen Kopf, die Regentropfen klangen wie Schritte, welche sich unaufhaltsam näherten.

Er würde weiter rennen, doch seine Lunge brannte bereits von dem Sprint und langsam fraß sich die Erschöpfung durch seinen ganzen Körper, schien von seiner Lunge auszustrahlen.

Das Meer.

Es war seine Rettung.

Was hieß Rettung, er wollte nur nicht seinem Gegner in die Hände fallen, damit dies nicht geschah, würde er sich lieber von einer Steilküste stürzen, so dass sein Körper an den spitzen Steinen zerschellte.

Das war ihm lieber als seinem Verfolger in die Hände zu fallen.

Doch so weit würde der vielleicht gerade einmal 20-jährige nicht mehr kommen, sein Körper versagte ihm bereits den Dienst.

Die betäubende Chemikalie zirkulierte in seinem gesamten Kreislauf und zwang ihn immer wieder zu Pausen.

Erschöpft lehnte er an eine Hauswand.

Er wusste, dass er es nicht mehr schaffen würde, aber nicht sein Tod machte ihm so panische Angst.

Sondern die Tatsache, dass er für diese Leute Tod mehr wert war als lebendig.

Der Gedanke, dass sie sich nach seinem Tod noch an ihm bereichern werden, verstörte ihn zutiefst.

Der Nebel in seinem Kopf wurde dichter, beinah als wäre sein Kopf mit Watte gefüllt und würde seine Angst sanft einhüllen, bis sie schließlich komplett verschwand.

Aber diese innere Ruhe kam nur von der Droge, welche er bereits schon so oft mit Freunden konsumiert hatte, damals hatte er sich gut dabei gefühlt, hatte absichtlich gegen alles und jeden rebelliert.

Gegen seine Eltern, seine Lehrer, einfach gegen die ganze verdammte Gesellschaft.

Nun bereute er es, jedes gottverdammte Wort, welches er je – ohne zu überlegen – gesprochen hatte.

Er wollte es rückgängig machen, jeden Fehler in seinem Leben.

Ein Stoßgebet schickte er zum Himmel, zu wem auch immer, es war ihm egal.

Gänzlich egal.

Er würde den nächsten Sonnenaufgang sowieso nicht mehr erleben.

Bluish 《Vmin》Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz