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„Wieso hast du so eine Angst davor, ihm zu begegnen? Die halbe Menschheit würde ausrasten vor Freude, und du rennst vor ihm weg. Und bei deinem Glück wahrscheinlich eher direkt ihm in die Arme."

Jules schmiss die Tür ins Schloss, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, leise zu sein.

Ich verzog nur das Gesicht.

Hätte ich nicht auffallen wollen, hätte ich mir eine andere Freundin suchen müssen.

Diese zwei Worte kamen in Jules' Sprachgebrauch nämlich schlicht und einfach nicht vor.

Eher im Gegenteil: Wenn sie an einem Tag nichts Auffallendes tat, konnte man sie gleich im Krankenhaus einliefern.

„Wenn es dir wirklich darum gehen würde, ihm nicht zu begegnen, würden wir einfach den ganzen Tag drinnen bleiben", grummelte Jules, als wir auf die Straße traten.

„Sollten wir ihm begegnen, stelle ich mich einfach vor dich. Du fällst eher auf. Ich bin eher so ein blinder Fleck", sagte ich.

Jules zog die Augenbrauen hoch.

„Davor musst du erstmal zwanzig Zentimeter wachsen, Süße."

„Wir können mir ja mit meinem nicht vorhandenen Geld hohe Schuhe kaufen gehen", sagte ich und verdrehte die Augen.

Meine Kamera war das Einzige, was ich wieder mitgenommen hatte.

Irgendwie musste ich ja doch noch an Geld kommen.

„Eigentlich käme es mir recht gelegen, wenn wir ihm begegnen. Dann habe ich endlich wieder Kohle und wir können aus diesem Loch raus."

„Hey. Ich habe das mit viel Liebe ausgesucht", verteidigte Jules ihre nächtliche Entscheidung, einfach in der nächstbesten Pension unterzukommen.

„Ganz viel Liebe", bestätigte ich, setzte zum Abbiegen an und lief dann doch schnurstracks geradeaus.

„Und ich dachte, New York ist groß!", zischte ich und richtete meinen Blick nach vorne, ohne auch nur ansatzweise nach links zu sehen.

Vielleicht funktionierte es ja wirklich.

Wenn ich ihn nicht sah, würde er mich auch nicht sehen.

Auch Jules sah nur kurz in die Richtung.

„Na, wenn er wirklich nebenan wohnt. Noch ein Grund mehr, Harry zu treffen. Wenn wir kein Foto von ihm erwischen, können wir ihn wenigstens dazu überreden, dass er uns mit in sein Luxushotel nimmt. Ich schlafe auch gerne vor seiner Suite auf dem Flur, wenn ihr euch das Bett teilen wollt", sagte sie.

„Was zur Hölle ist los mit dir? Ich habe mich ein einziges Mal vor ihm lächerlich gemacht, und schon denkst du, dass wir heiraten werden? Der Typ denkt, dass ich ein Baby bin! Ein Baby, das ziemlich dämliche und peinliche Fehler begeht."

„Taylor Swift ist nicht lesbisch, das ist los. Und ich habe PMS", meinte Jules und zog eine Grimasse. „Und wenn ich nicht sofort Kaffee bekomme, gibt es hier noch Tote und Verletzte."

Ich seufzte.

„Wenn ich nicht gleich eine Zigarette bekomme, drehe ich durch", sagte ich.

Im nächsten Moment stolperte ich fast über meine eigenen Füße.

„Hey! Ich hab doch welche gekauft!", rief ich und zog das Päckchen begeistert aus der Kameratasche.

Jules bog währenddessen in einen Starbucks ab.

Jetzt mussten wir nur noch überleben.

Dann wäre der Tag perfekt.

paparazziWhere stories live. Discover now