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Die Lesenacht morgen beginnt etwa 18 Uhr und endet zwischen 21:30 und 22 Uhr! Ich versuche dann, ungefähr jede halbe Stunde ein Kapitel zu veröffentlichen! Heißt 8 Kapitel am Stück für euch!

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Der nächste Tag war bereits der Freitag und wir wurden mächtig überrascht, als es zur zweiten Unterrichtsstunde plötzlich an der Tür klopfte und eine völlig abgekämpfte, aber lächelnde Pauline den Klassenraum betrat. Überall wurde getuschelt und Fragen ausgetauscht, woher sie kam und was sie gemacht haben musste, um so zerstört auszusehen, aber sie stapfte bloß zu ihrem Sitzplatz neben Tobi, ließ sich auf den Stuhl fallen und atmete tief durch. An ihrem unterdrückten Gähnen spürte ich ihren extremen Schlafmangel. Warum hatte sie sich dann trotzdem hierher geschleppt, wo sie doch den ganzen Tag noch hätte frei haben können, um sich auszuschlafen? Rafael hätte niemals von ihr verlangt, in diesem Zustand zurück zum Unterricht zu gehen!

Tobis Zurückhaltung war bewundernswert. Er wollte sie nicht gleich mit Fragen bombardieren, obwohl sie ihm so offensichtlich auf der Stirn geschrieben standen und unter den Nägeln brannten, dass er gleich platzen musste vor Anspannung. Dann endlich nach fünf Minuten, in denen Pauline sogar beinahe die Augen zugefallen wären, ließ er sich doch zu zwei kleinen verleiten: "Hast dus geschafft? Sind die Krebserreger weg?"

"Mh-hm", murmelte sie und riss ihren Mund zu einem gigantischen Gähnen auf. "Sorry, bin nur ziemlich geschafft!"

Den ganzen in ihm brodelnden Rest konnte mein Kumpel sich tatsächlich noch bis Stundenende verkneifen, dann löcherte er sie auch schon und brachte sowohl sie als auch mich zum Grinsen mit seiner Aufregung. "Sag schon, war es sehr schwer? Hast du lange zum Eingewöhnen gebraucht? Waren die Ärzte nett mit dir? Ich hab mir gestern die ganze Zeit Gedanken gemacht, ob auch ja alles klappt!"

"Es war am Anfang ziemlich knifflig", gab Pauline zu, "aber sobald ich herausgefunden hatte, wie ich die Krebszellen abschalten konnte, war es ein Klacks gewesen. Rafaels Mutter sollte ab jetzt jedenfalls für eine sehr lange Zeit krebsfrei sein!"

Wir hatten einen Abzweig des Schulflures erreicht, der zum Sekretariat und dem Büro des Schulleiters führte, doch anstatt ihn wie wir und auch die meisten Schüler zu ignorieren, bog Pauline plötzlich dahin ab. Dabei hatten wir hier doch gar keinen Unterricht. "Line, schläfst du etwa wirklich schon?", lachte Tobi und lief ihr hinterher, um sie zurück auf den richtigen Weg zu führen, aber das Mädchen ließ sich nicht mitziehen. "Ist schon alles richtig so. Ich muss einen Zettel an den Direx abgeben und dann... Dann hab ich keine Schule mehr. Rafael hat mit den Ärzten im Krankenhaus geredet und sie haben mir eine Stelle angeboten, und ich habe sofort ja gesagt! Ohne Nummerus Clausus und ohne Studium! Angeblich brauche ich das nicht, weil ich eh in die Köpfe der Patienten sehen kann und weiß, was falsch ist! Und naja, das war ja schon immer irgendwie mein Traumjob gewesen...!"

Sie scharrte mit den Schuhen und schaute zu Boden, während sie das sagte. Tobis ausgestreckter Arm hervor alle Kraft und pendelte schlaff neben seinem Körper aus. "D-du auch...? A-aber... Mit wem soll ich mich denn dann in jedem Fach unterhalten? Oder in der Pause Scherze machen? Ich brauch dich doch noch hier, Linchen! Willst du ehrlich schon gehen?"

Sie nickte, kam näher und drückte ihren besten Freund an sich. "Es ist so perfekt, ich kann nicht anders! Die haben eine freie Stelle, ich kann sofort aufsteigen und so vielen Leuten helfen, die sonst ewig auf Diagnosen warten müssten! Sorry Tobster, ich versuch dir auch so oft wie möglich zu schreiben und mir die Wochenenden frei zu halten!"

Dann bekam auch ich eine Umarmung: "Passt du gut auf meinen kleinen Einstein auf, Stegi?"

Ich schmunzelte, trotz des bittersüßen Abschieds und der Wahrscheinlichkeit, dass wir Pauline eine lange Zeit nicht wiedersehen würden. "Natürlich, Ehrenwort! Ich hoffe, es wird alles so, wie du es dir vorstellst!"

"Danke!", erwiderte sie glücklich und gleichzeitig traurig, wuschelte dem geknickten Tobi nochmal kräftig durch die sowieso unordentliche Frisur und winkte uns, als wir zurück gingen und sich unsere Wege vorerst trennten. Mein Nebenmann schniefte. "Jetzt dünnt sich die Klasse aus, was? Alle kriegen plötzlich Arbeit und vergessen komplett, warum sie sich knappe elf Jahre hierher gequält haben..."

Bedacht auf meine Stärke knuffte ich ihm gegen den Oberarm. "Es kann halt nicht jeder Schule so sehr lieben wie du! Ich glaube, einige sind recht froh darüber, der Hölle hier mit so guten Aussichten zu entkommen!"

Er wollte noch etwas sagen, besann sich aber eines besseren und schaute bloß verdrossen zu Boden. Ob er Rafael später noch darauf ansprechen würde? Immerhin hatte er ihm schon einmal seine Meinung gegeigt, als der Mann vor zwei Tagen meine Auffassung von Gerechtigkeit gelobt und mich zum Weitermachen angespornt hatte. Wenn Pauline wieder da war, war bestimmt auch er in sein Schulbüro zurückgekehrt. Und da fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen! Natürlich, der Einfall war klasse! Sollte es funktionieren, würden sich gleich mehrere meiner momentanen Probleme klären!

Rafael hatte es mit einfachen Worten geschafft, Julian zu bekehren und wieder aufzumuntern, obwohl er auf den falschen Pfad geraten war. Ob er das vielleicht auch bei Tim konnte? Also, mit ihm reden und eine Möglichkeit finden, wie er seinen Neid überwinden konnte? Ihm würde Tim bestimmt auch eher zuhören, weil der Mann ebenfalls keine Superkräfte hatte! Ich musste es wenigstens probieren, die beiden zu einem klärenden Gespräch zusammenzuführen. Nächste Woche wurde er aus dem Krankenhaus entlassen und dann würde ich ihn darauf ansprechen! Okay, das sollte schon klappen.

We are Heroes! (#Stexpert)Where stories live. Discover now