7

696 39 3
                                    

Ich wache auf und das Krokodil grinst mich an. Oh nee! Denke ich entsetzt. Peter neben mir schaut konzentriert auf die Straße. „Wie lange brauchen wir noch bis nach Hause?" frage ich ihn. „Etwa drei Stunden. Warum?" „Ich habe Hunger." gebe ich kleinlaut zu. Das ist zwar nicht so ganz das was es trifft. Ich ekle mich eigentlich vor Essen. Ich würde am liebsten nichts essen aber ich kann die Wut nicht ohne Nahrung im Zaum halten. Das riesige Reptil gräbt sich gerade grinsend aus. „Worauf hast du denn Appetit?" fragt Peter. Gähnend und mich streckend antworte ich: „Ne Jungfrau in Nöten." Stopp, halt! Wtf?!? Hab ich das gerade laut gesagt? Peters belustigtem Seitenblick zufolge ja. Da hat das Reptil gesprochen. Es ist zu stark. Ich muss es dringend zähmen. Es wacht nicht gerade auf, es will an die Oberfläche. Mist! „Egal, gerne was Vegetarisches."  Peter hält an einer Raststätte. Die dort angebotenen Speisen kann ich beim besten Willen nicht essen. Die Linsensuppe stinkt zum Himmel und das Fleisch sieht aus als läge es schon ein paar Tage länger da. Ich muss fast würgen, Ich frage die Besitzerin daher ob ich ein trockenes Brötchen bekommen könnte. Sie reicht mir eins und ich bitte Peter ob wir wieder nach draußen gehen könnten. Mir ist in der kleinen Bruchbude unerträglich heiß geworden und außerdem ist mir schlecht. Peter nickt und ich eile ins Freie. Die kühle Abendluft tut mir gut. Ich bleibe direkt in der Tür stehen um sie zu genießen. Ein leichter Stoß gegen mein Kreuz zeigt dass ich weiter gehen muss. Ich gehe beiseite und lehne mich gegen die kalte Mauer. Ich schließe meine Augen um die Kühle zu genießen. Ich reiße meine Augen auf weil Peter mir seine eiskalte Hand ins Gesicht hält. Ich schaue in ein besorgtes Gesicht. „Suya, geht es dir gut?" fragt er. Ich schüttle den Kopf. Dann rutsche ich an der Wand nach unten um mich auf den Boden zu setzen. In meinem Innern tobt ein Kampf. Das Reptil ist wach und will ans Licht. Verzweifelt versuche ich es zurückzudrängen. Manchmal gelingt mir das indem ich meinen Körper klein mache und es sozusagen in meinen Körper einrolle. Ich weiß nicht wie ich ins Auto gelangt bin aber ich nehme an das Peter mich getragen hat. Als ich meine Augen aufmache fährt er wieder. Er hält mir einen Pappbecher hin. „Ich hab hier heißen Kräuettee mit Honig. Du siehst aus als würdest du krank."
Die Worte sind eine krasse Untertreibung. Suyas Haut ist glühend heiß, ihre Augen unnatürlich hell und glasig und die Wangen gerötet. Peter hat leichte Panik. Mit kranken Menschen kennt er sich nicht aus. Aus seiner Erinnerung an früher weiß er nur noch dass Menschen häufig an Krankheiten verstorben sind. Seine Frau Mama hat ihm als er einmal krank danieder lag Tee mit Honig eingeflößt. Er erinnert sich nicht mehr daran ob der Tee ihn gesund gemacht hatte oder etwas anderes aber in der Raststätte gab es Tee und den hat er für Suya besorgt nachdem er sie ins Auto getragen hat. Ihre Lippen sind schon rissig. Dankbar nimmt sie den Becher und trinkt. Der erste Schluck fühlt sich an wie eine Erlösung. Das süße Getränk stärkt ihre Kraft die Wut im Zaum zu halten. „Kannst du die Musik bitte wieder anmachen?" fragt Suya schwach und schaut Peter hilfesuchend an. Der kommt der Bitte gerne nach. Der Tee scheint ihr gut zu tun. Als Peter kurz zu ihr schaut sieht er dass die unnatürliche Röte verschwunden ist. Ihre Wangen sind nur noch zart rosa. Die Lippen sind auch nicht mehr rissig. Sie sind voll und getötet. Normale menschliche Lippen halt. Ihre Augen sind keine dunklen geheimnisvollen Tore mehr. Sie sind rehbraun und Peter hat das Gefühl als seien sie im Einklang mit sich selbst. Das Mädchen wirkt nicht mehr halb sondern vollkommen.

Drogo spielt mit Lorie vor dem Haus als Peter und Suya nach Hause kommen. Lorie läuft sofort zum Auto und beschimpft Suya dass sie nicht mit ihr gespielt hat. „Ich dich auch!" sagt Suya und steigt genervt von dem Gekeife aus. Als Peter den Kofferraum öffnet verstummt Lorie. Sie sieht die Rollen Stoffe und ihre Augen leuchten. „Sind die für mein Kleid?" Fragt sie begeistert. Drogo guckt in den Kofferraum und sagt: „Nee! Das ist der Stoff für die Puppenkleider!" Lorie schaut ihren Bruder an und weint fast. „Hast du eine Puppe die wie eine Prinzessin aussieht?" fragt Suya. Lorie schaut sie verwirrt an. „Jjjja!" Stottert sie. „Die muss aufs Schafott!" sagt Suya ungerührt. Der Stoff ist für ein Prinzessinnenkleid. Und wir müssen dafür sorgen dass du die einzige Prinzessin bist. Lories Augen blitzen aufgeregt. „Und anschließend muss sie auf den Scheiterhaufen. Denn ohne Kopf ist sie ja immer noch eine Prinzessin." sagt Lorie zufrieden. Suya wiegt skeptisch den Kopf und verzieht ihr Gesicht als würde sie nachdenken. „Prinzessinen verbrennen nicht auf Scheiterhäufen. Das können nur Hexen. Du musst dir was anderes einfallen lassen um die Prinzessin endgültig los zu werden." Peter schaut genervt, Drogo belustigt zu den beiden Mädchen. Peter schnappt sich die Nähmaschiene. Suya drückt Drogo die Stoffballen in die Hand. Lorie bekommt das Nähkästchen und Suya selber nimmt ihre Tasche. Peter verschließt sein Auto und dann gehen sie mehr oder weniger zankend ins Haus. Drogo und Lorie zerbrechen sich den Kopf wie man eine Prinzessin nach ihrem Tod davon abhalten könnte weiterhin eine Prinzessin zu sein wenn der Tod offensichtlich nicht ausreicht. Drogo schlägt auf einmal vor: „Lorie, du könntest sie einfach beißen!" Peter schaut Drogo entsetzt an doch der bemerkt ihn nicht. Lorie führt die Idee weiter aus: „Dann ist sie aber ne Vampierprinzessin. Das macht gar keinen Sinn!" Suya erhascht Peters panischen Blick und weiß Bescheid. Sie verzieht keine Mine und wendet den Blick rasch ab. Sie schaut zu Drogo und Lorie und sagt belustigt: „Ihr braucht den ultimativen Prinzessinnentod! Kommt schon, das müsstet doch selbst ihr wissen wie Prinzessinen sterben." Lorie schaut bockig, Drogo denkt angestrengt nach. „Stiefmütter? Die hassen doch für gewöhnlich Prinzessinnen." Suya lacht ihn aus. „Nenn mir eine Stiefmutter die es geschafft hat die Stieftochter tatsächlich umzubringen." Drogo schaut Suya nachdenklich an. „Schneewittchen!" sagt er schließlich. Weil Suya ihn viel zu sehr an diese Märchenfigur erinnert. „Wäre der bescheuerte Prinz nicht auf die Idee gekommen sie zu küssen dann wäre sie noch tot." „Was wäre wenn!" sagt Suya. „Gut erkannt: Schneewittchen lebt und die Stiefmutter ist Tod. Wir wollen aber nicht den Märzhasen killen sondern die Prinzessin." Drogo schaut verwirrt: „Wieso den Märzhase?" „Weil der König den Märzhase geheiratet hat nachdem Alice die Herz Königin geschlachtet und gebraten hat und dem Jabberwacky gezwungen hat sie zu fressen." erklärt Lorie als sei das alles eigentlich völlig klar. „Ah" sagt Drogo und schaut Suya entsetzt an. Sie zuckt mit den Schultern und schaut entschuldigend. Als sie die Sachen in Suyas Zimmer verstaut haben flüchtet Peter. Er hat schon jetzt genug von Drogo und Lorie. Peter mag Lorie sehr aber mit Drogo zusammen sind sie nicht auszuhalten. Suya hält ihn an der Hand fest. „Danke, Peter dass du mich gefahren hast. Ich bin ehrlich gesagt sehr froh dass ich dort nicht noch einmal übernachten musste." Suya lächelt Peter an. Peter nickt ihr zu und lächelt zurück. Dann verlässt er das Zimmer. Suya wendet sich wieder Drogo und Lorie zu die auf ihrem Bett sitzen und sich die Köpfe darüber zerbrechen was der ultimative Prinzessinnentod sein könnte.
Suya schaut Drogo prüfend an. Der bemerkt den Blick und schaut zu ihr auf. „Weißt du eigentlich nicht dass Schneewittchen nicht vom Prinzen geküsst wurde? Er hat sie vom Pferd fallen lassen. Das hat sie wieder lebendig gemacht." Drogo schaut sie verunsichert an.

DrogoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt