Lloyd

228 14 14
                                    

War es ein Jahr, eine Stunde oder erst wenige Minuten, die ich hier lag? Ich wusste es nicht, es fühlte sich alles so taub an.

Draußen war es dunkel, wie in meinem Herzen. Wobei, es fühlte sich eher so an, als würde etwas schwarzes Dunkles sich in meinem Bauch ausbreiten, sich durch alle Adern ziehen, sich um mich schlingen, mir die Luft abdrücken, aber nicht mein Herz erreichen. Nichts erreichte mein Herz. Nichts bis auf die Kälte, die von mir Besitz ergriffen hatte und mich zittern ließ.

ER war wieder einmal dafür verantwortlich und dazu hatte ER auch noch IHREN Namen gesagt. Es war fast als hätten diese sechs Buchstaben ein Tor in meinem Innern aufgerissen, die Türen eingestampft und dem schwarzen Etwas den Weg zu meinen Gedanken freigemacht.

Ich drehte mich auf den Rücken und schloss die Augen. Das schwarze Etwas baute eine Druck auf meiner Brust auf, es drückte ganz langsam die Luft aus meinen Lungen. Die Kraft aus meinem Körper und die Wärme aus meinem Innern. Mein Atem wurde langsamer, ich könnte sterben.

Tief in mir spürte ich, wie Keton mir widersprechen wollte, aber ich hörte ihn nicht, wollte nicht hören.

Bilder explodierten vor meinem inneren Auge.

Von IHR, ihrem Blut.

ER und seine Stimme, wie Gift.

Es hatte mich schon damals wie ein Schlangenbiss verdorben und gequält. Und dann verlor ich immer mehr. SIE war nur der Anfang, danach noch Onkel Wu, meine Freunde, das Vertrauen. Und alles, was ich jetzt gefunden habe kann es nicht ersetzen. Denn es ist ebenso fragil.

Der Druck ließ meinen Brustkorb bersten, die Luft wurde Vakuum, die Kälte erstarrte alles in mir.

Tod.

„Lloyd!"

Mit einem Schlag war so viel Wärme um mich, so viel Lärm. Ich riss die Augen auf und blickte in das Gesicht über mir. Der Mund zum verzweifelten Schrei aufgerissen, die Augen voller Tränen, die Hände auf meinen Wangen. Erst dann erreichte mich sein Ruf.

„Lloyd, Lloyd, kannst du mich hören? Bitte sag doch was!"

„Daith."

„Oh Gott sei dank!" Daith weinte nun, warm fielen sie auf meine Haut, aber dort gefroren sie gleich zu Eis. Er schlang seine Arme um mich und drückte mich so fest an sich, dass es selbst der Druck von eben nicht mit ihm hätte aufnehmen können. Er war so warm. Wie eine Sonne.

„Ich dachte schon... Ich dachte...", er schluchzte. „Ich kam hier rein und sah das offene Fenster und dann dich... Du hast dich nicht bewegt. Ich hatte solche Angst." Schallend landete seine flache Hand auf meiner Wange, dann drückte er mich wieder an sich. „Mach das nie, nie wieder, hast du verstanden? Wenn ich schon meinen Bruder verlieren muss, dann will ich nicht noch den Mann, den ich liebe davonziehen sehen."

Vorsichtig legte ich auch meine Arme um ihn, es war fast als ströme alle Wärme, Liebe und Licht der Welt aus dem Menschen vor mir.

„Bitt Daith", flüsterte ich. „Mach, dass es weggeht."

„Was?", fragte Daith. „Was soll gehen?"

„Die Kälte und die Dunkelheit in mir."

Daith drückte mich fest an ihn und zog eine Decke über uns. In seinen Armen fühlte ich mich wieder wie ein kleines Kind.

„Du hast dir aber nichts getan oder?", fragte Daith. „Soll ich Pya holen, damit sie nach dir sieht?"

„Nein, lass mich nicht allein. Ich will nicht, dass jemand mein Herz sieht. Nur du."

Elementa IIWhere stories live. Discover now