Die Zeremonie

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10 Jahre später

Es ist wieder Montag. Ich meine: MONTAG!

Mal ganz ehrlich, wer mag diesen Tag schon? Ohne eine Wahl zu haben, steige ich aus dem Bett, bis mir wieder einfällt, dass heute ein Feiertag ist.

"Ach, Scheiße wieso passiert das immer nur mir?", murmle ich, während ich mich wieder ins Bett fallen lasse. Ich habe vergessen, den Wecker abzustellen, der mich heute unnötigerweise geweckt hat.

Danach fällt mir auch noch ein, dass heute kein gewöhnlicher Feiertag ist. Und nein, ich bin keine vergessliche Person, aber ich habe ein Recht darauf, den heutigen Tag zu verdrängen, ok?

Anscheinend ist mir das ziemlich gut gelungen.

Ich renne runter in die Küche, in der meine Mutter gerade Frühstück fertig gemacht hat. "Du solltest dich ein bisschen beeilen, mein Schatz. Du weißt doch, die Zeremonie zur Bestimmung deiner zukünftigen Gilde beginnt bald."

Und sie hatte Recht. Heute war der Tag, an dem ich zu einem der drei Gilden oder Fraktionen, wie sie auch genannt werden, zugeordnet werden würde. Naja, jedenfalls sollte es so geschehen, wenn ich eine Spur von Magie aufweise. Aber genau das war das Problem. Ich hatte keine. Nichts.

Normalerweise würde sich die Kraft mit sieben oder acht bemerkbar machen, aber bei mir wollte sie einfach nicht auftauchen. Ich hatte nach meinem siebten Geburtstag immer noch darauf gehofft, dass sie auf wundersame Weise noch zeigen würde, jedoch vergebens.
Und so habe ich es aufgegeben.

Ich esse lustlos mein Frühstück fertig und stehe auf, um mich für die Fahrt in die Hauptstadt unserer Region fertig zu machen, wo die Zeremonie ablaufen wird.

Meine Mutter gibt mir am Türrahmen noch eine Umarmung, lehnt sich dann aber noch zurück, ihre Hände auf meinen Schultern: "Soll ich dich wirklich nicht begleiten? Es ist noch nicht zu spät, deine Meinung zu ändern."

Ich bin ihr dankbar, dass sie sich um mich sorgt und eigentlich wünsche ich mir sogar sehr, dass sie mitkommt, aber ich weiß, dass ich ihr das nicht antun kann. Uns ist klar, was bei der Zeremonie passieren wird. Wir haben es schon oft vor dem Fernseher beobachtet. Und sie muss heute arbeiten. Ja, an einem Feiertag, um uns beiden ein einigermaßen passables Leben zu ermöglichen. Deswegen antworte ich ihr, dass es schon in Ordnung ist und, dass sie sich nicht zu sorgen braucht.

Ich bekomme noch eine Abschiedsumarmung und dann mache ich mich auf zum Bahnhof. Die Zugfahrt, um die nächstgrößere Stadt zu erreichen, dauerte zwei Stunden. Eine der vielen Städte in der die Zukunft tausender 16-Jähriger bestimmt wird und damit auch meine. Die Stadt namens Aurelon.

Am Bahnhof steige ich in den Zug ein. Kaum zu glauben, dass das alles Magie ist, die dieses riesige Ding in Bewegung setzt, die aus riesigen Manakristallen stammt, die enorme Mengen an Energie speichern können. Einer vorne, mit einem braunen Mantel, steuert diesen Zug. Ich vermute, anhand der angespannten Haltung, dass es für ihn nicht einfach ist, die Kontrolle zu behalten. Ich hoffe, er lässt mich sicher ankommen. Wobei ich heute nichts dagegen gehabt hätte, im Krankenhaus zu liegen.

Doch (leider) heil an meiner Endstation angekommen, steige ich aus und damit bin ich nicht die einzige: Es wimmelt nur von Besuchern. Ich sehe viele Sechzehnjährige mit ihren Familien, aber auch Menschen, die warscheinlich nur da sind, um sich das Spektakel anzusehen, ob aus purem Interesse oder, um auf so Leute wie mich herabzusehen, um ihre eigenen Probleme zu verdrängen.

Die Welt der vier Kreaturen: Das Mädchen ohne Kraft (Vorläufiger titel)Where stories live. Discover now