3. Dezember || Unverkäuflich

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Ein lautes Klopfen irritierte ihn erst, dann ließ es ihn mit einem Mal aufschrecken und kurz darauf lag er auch schon auf dem Boden. Seine Füße hatten sich unter dem Stuhl, auf dem er eingeschlafen war, verkeilt und jetzt tat nicht nur sein Nacken, sondern auch seine Schulter vom Aufprall weh. Doch selbst der Versuch, aufzustehen, sollte ihm nicht gelingen, da sein rechter Arm durch die schwere seines eben noch darauf liegenden Kopfes eingeschlafen war und er, statt sich aufzustützen, ihn nur unkontrolliert durch die Gegend warf.
Dies war wahrlich kein guter Start in einen Montagmorgen.
Als Maurice es dann doch final geschafft hatte, aufzustehen, stellte er beinahe den halben Laden wieder auf den Kopf um dem Klopfen an der Eingangstür ein Ende zu bereiten. Leicht außer Atem und mit zerknittertem Gesicht entriegelte er das Schloss und ließ seinen vor Kälte zappelnden Kumpel eintreten.

"Ich hab' Brötchen dabei.", präsentierte er dabei stolz beim Eintreten die Tüte in seiner Hand und lief geradewegs durch den Ladenbereich hindurch, bis zur Hintertür, wo er sich in dem kleinen Aufenthaltsraum daran machte, das Brennholz im Ofen zu stapeln. Maurice trottete ihm bloß etwas verdattert hinterher, immer noch von seinem frischen Erwachen gepeinigt und schaute Manuel bloß zu.

„Wenn es mir gestattet ist, zu raten... du bist wieder mal auf deinem Schreibtisch eingeschlafen, oder?" Etwas ertappt fasst sich Maurice an seine gestreiften Wangen und versuchte, sein ebenso knittriges Hemd etwas zu richten. Vergeblich.
„Dann erzähl mal, was hat dich denn diese Nacht wachgehalten?" Wortlos ging Maurice aus dem Raum und kam kurze Zeit später mit Manuels Artefakt in der Hand wieder herein. Mittlerweile hatte dieser auch ein paar kleine Zweige entzündet und sah dabei zu, wie das Feuer langsam auf die größeren Holzstücke überging. Derweilen drehte Maurice kontinuierlich die Goldkugel in seiner Hand, als würde er darauf hoffen, dadurch irgendeine Erkenntnis zu erlangen. „Ach jetzt leg das Ding doch mal weg, du drehst noch komplett durch." Manuel nahm ihm das Gerät aus der Hand und brachte es wieder in den angrenzenden Verkaufsraum. Maurice wollte erst protestieren, entschied sich dann aber doch dagegen. Dafür war die Nacht definitiv nicht erholsam genug gewesen, um jetzt noch mit Manuel zu diskutieren.

„Und was liegt dir so auf der Seele?", fragte Maurice anschließend, nachdem er das nervös zappelnde Bein seines Freundes zur Kenntnis genommen hatte. „Ach, nicht viel. Zumindest nichts Außergewöhnliches. Der übliche Stress, wenn die Weihnachtszeit anfängt halt." Irgendwie wollte Maurice ihm das nicht so recht abkaufen, aber er hinterfragte es auch nicht weiter. Konnte er auch gar nicht, denn in diesem Augenblick klingelte wieder sein Tür Spiel und er machte sich auf zum Eingangsbereich, um den neuen Kunden zu begrüßen. Der Braunhaarige ließ sich davon nicht beirren und stocherte weiter verträumt mit einem Stab in der warmen Glut des Ofens herum.

„Guten Tag, wie kann ich ihnen behilflich sein?" Der Mann ihm gegenüber nahm den tief ins Gesicht gezogenen Hut ab und ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Blonden aus. „Ach, Herr Krüger, schön, sie wieder zu sehen, was gibt es denn diesmal?" Der ins Alter gekommene Mann ihm gegenüber war einer seiner Stammkunden und ein durch und durch liebenswerter Zeitgenosse. Dementsprechend nahm Maurice sich besonders für ihn immer sehr gerne Zeit. „Junger Mann, sie erinnern sich vielleicht, ich habe doch neulich diese wundervolle Taschenuhr erworben, aber einer der Zeiger klemmt und so ist sie mir zu nichts nutze." „Das bekommen wir sicherlich wieder hin, zeigen sie mal." Er führte ihn zu seinem Schreibtisch und suchte ein paar seiner Werkzeuge heraus, als Herr Krüger sich die goldene Kugel nahm, die Manuel zuvor dort abgestellt hatte. „Wo haben sie denn dieses hübsche Stück her, junger Mann? Steht es denn zum Verkauf?" „Bisher nicht, Sir, nein. Es bleibt Unverkäuflich, bis mir der Zweck dieser Apparatur bekannt ist." „Zu schade..." Ein wenig skeptisch schielte Maurice auf die zitternden Finger des alten Mannes, konzentrierte sich aber eilig wieder auf die Taschenuhr in seinen eigenen Händen. „Also Herr Krüger, ich werde voraussichtlich ein wenig brauchen, bis ich das Uhrwerk wieder einwandfrei zum Laufen bekomme, sie können derweil gerne nochmal in die Stadt gehen oder sich ein wenig umschauen." „Das klingt zwar verlockend, aber ich fürchte, die Zeit finde ich heute nicht mehr. Wäre es denn auch möglich, dass ich sie morgen abhole?" „Selbstverständlich.", bestätigte der Ladenbesitzer und geleitete seinen Kunden wieder zur Tür. „Vielen Dank. dann komme ich morgen Vormittag wieder vorbei. Und lassen sie mich wissen, wenn ihnen die Funktion ihrer Kugel bekannt geworden ist." „Werde ich.", lachte Maurice und schloss schnell wieder die Tür, bevor die kalte Luft in den Raum strömen konnte. „So so, unverkäuflich also. So viel ist mein kleiner Schatz dir also wert was?", grinste Manuel hinter ihm und zog sich seinen Mantel über. „Wie auch immer, ich muss auch wieder los, versprich mir, dass du die Nacht heute Zuhause verbringst, ja?" „Ich gebe mein Bestes.", feixte Maurice und verabschiedete ihn noch, bevor er sich wieder an seine Arbeit machte. Die Uhr reparierte sich schließlich nicht von allein.

#Adventskalender2018 ~ Das Lied der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt