Kapitel 60✅

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26. Oktober

Ach du meine Güte! Wie hatte ich nur vergessen können, dass wir am nächsten Tag zur Schule mussten. Immerhin war es mitten unter der Woche, eigentlich wäre es logisch. Glücklicherweise beruhigte mich Leroy sofort und stellte mir einen Rucksack, einen Block und Stifte zur Verfügung. Meine Schuluniform hatte ich bei dem ganzen Stress angelassen, also war die Kleiderordnung das geringste Problem. Unter der Woche musste ich nämlich nach der Schule zu Harry. 

Ich könnte auch wieder zu Leroy gehen, aber dann müsste ich eine plausible Erklärung parat haben. Und die hatte ich nicht wirklich. Nur mit Umschreiben konnte ich mich vor der absoluten Wahrheit drücken. Nämlich, dass Liam genauso weiter an seinem Business arbeitete, wie zuvor in Amerika. Wieso sollte er sonst illegale Substanzen in der Küche verstecken?

Irgendwann schlief ich auf der Couch ein und nahm nur halbwach die Bewegungen um mich war. Schließlich war ich völlig weg, so als hätte man ein Licht ausgeknipst. Der Geruch von frischen Pancakes weckte mich auf. Geräusche drangen aus der Küche. Langsam hob ich meinen Kopf und schaute auf den schlafenden Leroy. Er hatte es sich am Boden bequem gemacht. Sofern das jedenfalls möglich war. Ein Blick auf die Uhr ließ mich erleichtert ausatmen: wir hatten noch genug Zeit. Patricia, seine Mutter, trat ins Wohnzimmer und grinste mich an.

"Guten Morgen, Schlafmütze!", grüßte sie herzlich, "sobald du das Murmeltier wachbekommen hast, könnt ihr frühstücken." Gähnend nickte ich, dann verschwand sie aus dem Raum.

"Leroy, steh auf!", flüsterte ich ihm ins Ohr und strich dabei durch seine zerzausten Haare. Mit einem Grummeln drehte er sich um und blieb reglos liegen. Seine Mutter hatte mit ihrer Beschreibung völlig ins Schwarze getroffen. Zum Glück wusste ich, was ich dagegen tun konnte.

Der alte Wasser-über-den-Kopf-Trick. Zog jedes Mal. Bei Niall zumindest.

"Ahh! Geht's noch?!", wurde ich angefahren, doch sobald Leroy einigermaßen sehen konnte, musste er lächeln.

"Deine Weckmethoden sind definitiv etwas, woran ich mich gewöhnen könnte", raunte er mir zu, als er sich endlich aufgerafft hatte. Sofort musste ich grinsen und staunte Sekunden später über den prallgefüllten Esstisch. Frühstück vom Feinsten, wie in einem fünf-Sterne Hotel.

"Also daran könnte ich mich gewöhnen!", gab ich zu und biss von meinem Pfannkuchen ab. Leroy umfasste seine Teetasse mit beiden Händen und musterte mich aufmerksam.

"Was is'?", murmelte ich mit vollem Mund.

Kurz wandte er sich um und warf einen Blick zur Tür, dann sprach er: "Bist du dir sicher, dass wir ... nun ja, also ... nur Freunde sind?"

Schnell schluckte ich und schaute ihn verwirrt an: "Wie meinst du das?"

"Naja, Freunde machen nicht so ... intime Sachen, findest du nicht?"

Darüber hatte ich noch keinen Gedanken verloren. Mit unserem "Vorteil" war ich bis jetzt ganz gut klargekommen. Trotzdem musste ich mir eingestehen, dass ich mich daran gewöhnen könnte. Neben Leroy aufzuwachen, mit ihm zu essen. Ihn zu küssen.

"Du hast recht. Wir sollten das überdenken." Erleichtert hörte ich ihn ausatmen.

"Aber versprich mir eins: nur, weil sich unser 'Beziehungsstatus' ändert, darf sich unser Verhalten nicht ändern. Unsere verrückten Abenteuer will ich beibehalten!", setzte ich hinzu und zeigte mit meiner Gabel auf ihn.

"Lässt sich einrichten", meinte er übertrieben lässig, also warf ich eine Blaubeere nach ihm.

Wir machten uns fertig, bekamen Pausenbrot von Patricia und ich bedankte mich überschwänglich. Vor der Tür wartete niemand auf mich, weshalb Erleichterung meinen Körper durchflutete. Auf dem Weg fing ich spontan an, 'Little Talks' zu singen. Da es ein Duett war, stieg Leroy mit ein und so trällerten wir vor uns hin. Zum ersten Mal fiel mir auf, wie gut unsere Stimmen miteinander harmonierten. Natürlich hatten wir schon früher miteinander gesungen, doch heute machte sich die Stimmigkeit besonders bemerkbar.

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