Kapitel 9

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Am nächsten Tag wache ich früh auf.

Da es draußen noch finster ist und ich zwei Zimmer weiter das dröhnende Schnarchen von Porthos vernehme, entzünde ich eine Kerze und ziehe mir ein weißes Hemd und eine schwarze Hose an.

Wenn ich schon einmal wach bin und nicht mehr einschlafen kann so kann ich die Zeit wenigstens nutzen.

Leise öffne ich meine Tür und schleiche auf den Gang hinaus. Um die lockeren Dielen mache ich einen großen Bogen, damit ich niemanden wecke.

Im Esszimmer stelle ich die Kerze auf den Tisch und entfache das Kaminfeuer, welches den Raum in ein warmes orange-rotes Licht taucht.

Ich setze mich im Schneidersitz auf den Boden und lehne mich mit dem Rücken an die Kaminwand.

Mir wird ganz warm ums Herz, so wohl habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.

Benebelt durch die Wärme, welche sowohl vom Kamin als auch von diesem Gefühl ausgeht, schlage ich das Buch auf, welches ich aus meinem Zimmer mitgenommen habe.

Nach nicht einmal fünf Seiten höre ich vom Gang eine knarrende Tür. Leise Schritte nähern sich dem Esszimmer und ein ziemlich verschlafen aussehender Aramis stolpert in mein Blickfeld.

Verwirrt blickt er im Raum umher, bis seine dunklen Augen an mir hängen bleiben.

„Entschuldigung, habe ich dich geweckt?", flüstere ich ihm zu.

Leise geht er zu mir und setzt sich neben mich auf den Boden, während er bedrückt den Kopf schüttelt. „Nein, ich konnte nicht schlafen."

Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen uns aus. Einzig und allein das Feuer knistert im Hintergrund.

Nach einigen Minuten des Schweigens, in denen ich das Buch zugeschlagen und nervös auf meine Hände hinabgeschaut habe, ergreift Aramis wieder das Wort: „Was ... wo warst du all die Jahre?"

Das Blut weicht mir aus meinem Gesicht und ich erstarre. Aus dem Augenwinkel sehe ich Aramis Blick, welcher mich prüfend mustert.

Ich hebe meinen Blick und blicke ihm fest in seine dunkelgrünen Augen, welche durch das spärliche Licht schwarz glitzern. Ich halte wie erstarrt die Luft an. Sein Blick fesselt mich und ich drohe in diesen wunderschönen Augen zu versinken. Ich spüre, wie mir die Hitze ins Gesicht schießt und reiße mich gewaltsam von ihm los.

„Ich ... möchte nicht darüber reden", stammle ich, während ich gebannt auf meine verkrampften Finger starre.

Ich vernehme ein leises Seufzen seinerseits, woraufhin ich schuldbewusst die Augen zusammenkneife.

Plötzlich raschelt es neben mir. Ein starker Arm legt sich um meine Schulter und zieht mich zu sich ran. Erschöpft lehne ich meinen Kopf an Aramis Brust und lausche seinem beschleunigten Herzschlag.

„Ist okay, aber wenn du es doch jemandem erzählen willst, du kannst jederzeit zu mir kommen", flüstert er mir mit seiner angenehm tiefen Stimme ins Ohr, wobei sein Atem über meinen Nacken streicht.

„Mhm", hauche ich und schmiege mich enger an ihn.

Lautes Fluchen lässt uns zusammenzucken: „Recht schönen Dank! Ja vielen Dank noch mal für die Erinnerung, lieber Vogel, ich hatte es schon fast vergessen. Mein Rücken schmerzt, mir ist kalt, ich habe die ganze Nacht auf zwei alten Mehlsäcken gelegen, und jetzt muss ich Frühstück machen. Was für ein wunderbarer Beginn für einen neuen Tag! Natürlich, Herr d'Artagnan kann gerne die Stube und das Bett von Planchet benutzen, das macht Planchet gar nichts aus, der schläft gern an der frischen Luft! Selbstverständlich bedient er Euch auch gern, und falls Ihr ihn treten oder beschimpfen mögt tut Euch keinen Zwang an, dafür ist Planchet ja da! Fühlt Euch ganz wie zu Hause."

Ich setze mich auf und blicke Aramis fassungslos von der Seite an. „Ihr habt Planchet doch nicht ernsthaft auf dem Balkon schlafen lassen! Spinnt ihr?!"

Ich springe blitzschnell auf und stolpere zur Balkontür, welche ich schwungvoll aufreiße. Der Diener verharrt mitten in der Bewegung und starrt mich aus weit aufgerissenen Augen an.

„L- Lady Rebecca?!"

„Planchet! Was zum Teufel machst du denn auf dem Balkon?! Komm schnell herein, sonst holst du dir noch eine Erkältung ... Ist das da Vogelscheiße auf deiner Stirn?!"

Jagd nach den Diamanten (Die drei Musketiere FF)Where stories live. Discover now