Besinnung

571 17 2
                                    

Als Leti erwachte, lag Granit noch im tiefen Schlaf neben ihr, kaum dass sie seinen Atem hörte. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt, seine Hand lag halb geöffnet neben ihr Gesicht, die andere in leichtem Halbkreis über der Decke. Ihre Beine waren angewinkelt und verstärkten so den Bogen ihres Rückens, der sich eng an ihn schmiegte. Ganz ungewohnt und neu fühlte er ihren warmen, weichen Körper. Leti fing an zu lächeln, noch nie hatte sie sich in so einem Moment so zufrieden gestellt gefühlt. Sie hätte vor Glücksgefühlen weinen können. Jegliche Freudentränen hätten ihr jetzt über die Wangen gleiten können, doch sie unterdrückte diesen Impuls Er spürte, dass sie da war. Threungeschützte Verletzlichkeit, mit der sie sich ihm voller Liebe anvertraute, rührte ihn. Mit einer noch unbewussten, schlaftrunkenen Bewegung wandte sie sich ihm zu, "Guten Morgen. ", und barg ihren Kopf an seiner nackten Brust. Er öffnete die Augen und hielt sie zärtlich umfangen, "Guten Morgen". Sie konnte sich immer noch nicht erklären, wie ausgerechnet er sie vor dem Club aufgefunden hatte.Kurz schien sie darüber nachzudenken, ob es der liebe Gott war über den der Priester in ihrer Jugend immer geprägt hatte.Vor lauter Authentizität dieses Momentes drückte sie ihren Mund auf den Mund. Leti und Granit genossen diese Zweisamkeit, lange und eindringlich mit jugendlicher Intensität zu küssen. Etwas in Granit schien nachzugeben, wurde wehrlos gegen sie. Er fühlte, dass sie erwachte, und liebte sie. Nicht mit der wilden,ungezähmten Leidenschaft der vergangen Nacht, sonder voller Hingabe und Zärtlichkeit.Er strich mit seiner großen Hand über ihren nackten Rücken, während er sie eine ganze Weile auf dem Bett küsste. Granit löste sich von ihr und ging ins Bad, "Ich gehe duschen. Kommst du mit?" Leti schüttelte lachend den Kopf, "Ich dusch später ." Er zuckte nur mit den Schultern und betrat das Bad. Ihr wurde mulmig bei dem Gefühl, dass er sie schon heute verlassen würde und sie morgen wieder arbeiten müsste. Granit betrat die Dusche und ließ warmes Wasser über sich laufen, währenddessen dachte Leti immer noch über den Herrn nach und beschloss noch heute Abend in die Kirche zu gehen.Sie wollte einfach nur zur Besinnung kommen, worauf sie in der Kirche hoffte. Sie zog sich um, ein weißes Hemd, eine etwas enge Jeans. Das schien ihr für eine Kirche völlig gerechtfertigt zu sein.
Als Granit aus der Dusche kam, trafen sich ihre Blicke. Sie bemerkte erst jetzt richtig seinen Bart und seine Tattoos. Als sie jünger waren hatte Granit noch nicht mal ein Bart. Sie machte einen Schritt auf ihn und betrachtete seinen Unterarm richtig, "Was bedeuten die?" Granit zog sich seine Hose an und deutete auf die Personen auf seinen Unterarm, "Das ist der Grund, wofür ich arbeite." Letizia verstand es nicht so richtig und hakte weiter nach, "Wo siehst du das begründet? " Granit zog sich sein Oberteil rüber, "Das soll meine Familie sein und ich tu alles für die Familie." In diesem Punkt gab sie ihm deutlich Recht. Ein Tattoo mit der Aufricht "KMN" stach ihr noch ins Auge. Er hatte sich wirklich alles tätowiert, was ihm wichtig war. Sie schaute etwas unbeholfen auf den Boden, während Granit seine Sachen in seine Hosen- und Jackentaschen steckte. Leti machte es etwas zu schaffen, dass er sich nichts von ihr tätowiert hatte. Was hatte sie denn auch gedacht, dass sie ihm in den ganzen Jahren Trennung noch wichtig war? Sie stellte alle Gedanken bei Seite und wollte sich nur noch darauf konzentrieren sich nie mehr von ihn zu trennen.Sie lief in die Küche, während Granit einen Anruf betätigte. Sie machte sich beiden einen Kaffee. "Ja ja, wir fahren heute noch zurück.", stammelte er in den Hörer. Leti drückte ihm den Kaffee in die Hand als er die Küche betrat, "Danke. Ghassan macht schon wieder Stress." Sie schaute ihn kurz verwirrt an, doch erinnerte sich wieder an den heiß begehrten "Z-killa" aus Dresden. Leti hatte ihn nie besonders gemocht, er war früher immer so ernst gewesen und hatte Granit immer mit in Clubs geschleppt, was auch häufig der Auslöser füt Streitigkeiten gewesen war zwischen Granit und Letizia. "Ich gehe heute das erste Mal vielleicht nach 5 Jahren in die Kirche.", erzählte sie ihm aus heiteren Himmel.Überrascht schaute er sie an, da er wusste, dass sie nie besonders religiös war," Warum das denn?" Sie überlegte, ob sie es ihm nicht sagen sollte oder ihm wirklich die Wahrheit sagen sollte. So entschied sie sich für letzteres und setzte sich auf die Tisch Platte hin, "Weißt du es ist nur - nur so, dass ich in den vergangenen Jahren komplett den Glauben zu Gott verloren hatte." Aufmerksam hörte er ihr zu. Leti fühlte sich etwas erleichtert, dass es ihn interessierte und so erzählte sie weiter, "Mein Leben war ja nicht sonderlich berauschend. Es war ledigliches Kiffen und Trinken, um nicht an dich und meine Familie zu denken, aber jetzt stehst du hier als hätte dich jemand geschickt um mir wieder die Freude am Leben zu geben."Er legte die Kaffeetasse ab und quetsche sich zwischen ihre Beine. Sie schaute nur auf den Boden und wurde rot immerhin hatte sie ihm gerade gestanden, wie wichtig er ihr war. Eine Hand fasste ihr an den Kinn und die andere an den Oberschenkel,"Ich wusste nicht, dass meine Abwesenheit dich so belastet hat und so wie ich es richtig verstanden habe, denkst du der liebe Gott und Jesus seien der Grund für jetzt." Granit hatte ihre Gedanken auf den Punkt gebracht, was sie zum Nicken brachte. Er küsste sie auf die Stirn,"Für mich fühlt es sich auch unglaublich an." Seine Handy ertönte wieder, "Leti ich muss jetzt zurück ins Hotel und dann nach Dresden." Leti schaute ihn etwas stumm und benommen an und stieg von der Platte runter. Sie schien etwas traurig zu sein. Die Tür hatte sie geöffnet, stand nur noch am Türrahmen und starrte ihn an, wie er seine Schuhe band. Er erhebte sich und bot ihr an sie zur Kirche zu fahren. Sie lächelte, "Liebend gern, danke." Es herrschte Stille und ein angenehmes Klima zwischen ihnen. Granit fuhr sie, wie sie ihm erklärt hatte zur nächstgelegenen katholischen Kirche. Als sie ankamen erleuchtete ihr Gesicht und sie wollte unbedingt aussteigen, doch davor musste sie sich noch von ihn verabschieden.Er nahm ihr dies ab und umfasste ihr Kinn, damit sie sich nicht wegdrehen konnte, und senkte seine Lippen auf ihre. Ein Gefühl wie warmer Sommerregen . Er strich mit seiner Zunge über Ihre Lippen, was sie erstarrte, er spürte es deutlich, aber er küsste sie einfach weiter nicht zu fest, aber auch nicht zu zart. Er strich wieder mit seiner Zunge über ihre lippen, brachte sie dazu, ihren Mund zu öffnen, und dann küsste er sie langsam und effektiv, den Geschmack ihres Lippenstifts schmeckend ein wenig erstaunt darüber, wie gewaltig dieser simple Kuss ihn selbst in Aufruhr versetzte. Er vergaß, dass sein Freund Ghassan auf ihn wartete, sondern erinnerte sich daran, wie lange er sie vielleicht nicht mehr sehen würde. Leti war wie versteinert. Sie genoss einfach den Moment und erinnerte sich an ihren letzten so intensiven Kuss in Dresden. Sie spürte nur seine Zunge, die seine umtanzte, und ihren Körper, als er noch näher trat und sich zusammenreißen musste, um sie nicht fest an ihn zu pressen, da es zu eng im Auto war.Sie ließen von einander ab und lächelten. Leti umarmte ihn noch fest und küsste Ihn noch sanft auf die Wange. Sein Gesicht vergrub sich in ihrer Brust, "Pass auf dich auf, ok? " Sie nickte und verließ ihn schweren Herzens. Als er wegfuhr winkte sie ihm noch. Ihre Uhr zeigte: 11:15. Leti war sich darüber im klaren, dass der Sonntags Gottesdienst schon längst vorbei war, dabei hoffte sie auf einen Priester den sie hoffentlich auch finden würde. Sie betrat die Kirche, und erhabene Stille empfing sie. Leti empfing sofort ein Gefühl der Barmherzigkeit, während sie geradewegs in das helle Licht trat. Sie lief zu einem Tisch und nahm sich einer der vielen Bibeln in die Hand, bevor sie sich nach jemanden umsah. Leider hatte sie keinen Priester aufgefunden. Vor ihr stand nur der gekreuzigte Jesus . Leti schaute ihn sich eine Weile an und beschloss einen Vers aus der Bibel über Gott zu lesen. Allein der Anblick tat ihr weh, wie konnte man Jesus so etwas antun, fragte sich Letizia, verkrampfte die Hände und öffnete die Bibel.Der alte Baustil der Kirche wirkte auf Letizia beruhigend. Wände und Decken wurden von einem hellen und schmucklosen Grau beherrscht, dass ihre Augen entspannte.In der Mitte des Kirchenschiffs trennte eine quer verlaufende Balustrade aus dunklem Holz die Welt: diesseits standen die Bankreihenriedem unmittelbar anschließenden Laufzone, an die sich nach Osten hin der Altarbereich anschloss. Letizia ging bis zur Balustrade, kniete nieder und bekreuzigt sich, "Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes." So saß Letizia auf eine der Bänke und las einen Vers über Gott: HERR, du bist mein Gott,
dich preise ich; ich lobe deinen Namen.
Denn du hast Wunder getan;
deine Ratschlüsse von alters her
sind treu und wahrhaftig. Leti schmunzelte, denn Gott hatte ihr wirklich ein Wunder getan und zwar, das Aufeinandertreffen auf Granit.
Es war schon Mittag, als Granit nach Dresden aufbrach. Das ruhige,warme Wetter vom Vortag war einem stürmischen, kühlen Windgewichen, der die grauen Wolken in wilder Hast über den Himmel jagte.
Immer wieder trieben einzelne Regentropfen durch die Luft, losgelöst, und Leti fragte sich, woher sie kamen, während sie zu Hause auf der Couch lag und aus dem Fenster sah. Als plötzlich ihr Handy zu Klingeln begann und sie ranging, es war Granit. Sie erzählte ihm vom Vers aus der Bibel und er lachte. Leti war fast wie ausgewechselt und fröhlich und das machte Granit ebenfalls glücklich. "Das gestern war wirklich schön mit dir ." Sie strahlte ins Telefon und gab ihm recht,"Ja,was machst du so?" Er erzählte ihr, dass er gerade bei Nanen sei, "Ich hab ihr erzählt, dass ich dich in Berlin getroffen habe und sie hat sich direkt gefreut, haha.!" Leti musste auch lachen, sie hatte Granits Mutter früher sehr ins Herz geschlossen.

Wie findet ihr das KAPITEL mit der Kirche und Gott? 🙏🏼

Ohne dich? | Azet FF Where stories live. Discover now