Kapitel 5

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Nein, das konnte doch nicht möglich sein. Ich soll seine Ex-Verlobte sein?
„Aber wieso?" flüsterte ich mehr zu mir als zu Kaname.
„Es wurde kurz nach deiner und Senris Geburt entschlossen. Da auch du reines Blut in dir hast, welches du von deinem Vater geerbt hast, dachten unsere Eltern es wäre das Beste," erklärte Kaname mit sachlicher Stimme. Doch ich sagte nichts dazu, ich war immer noch leicht geschockt. Warum wusste ich nie etwas darüber? Wusste es Senri? War das vielleicht der Grund warum mein Bruder Kaname nicht leiden kann?
„Ich muss zugeben am Anfang war ich nicht sehr begeistert, da ich dich auch nicht kannte. Aber als ich dich dann kennenlernte hast du dich in mein Herz geschlichen. Mit deiner liebevollen Art, mit diesen wunderschönen weinroten Locken und diesem Lächeln," schwelgte er in Erinnerungen und schloss dabei die Augen. Gerade so als wollte er die Erinnerungen daran nochmal vor sich sehen. Doch ich blieb weiterhin stumm, was sollte ich auch dazu sagen. Mochte er mich etwa mehr als nur wie eine Cousine? Bei seinen Worten wurde ich rot und mein Herz raste, doch war das Liebe?
„Aber als dann die Sachen mit meinen Eltern passierte, beschloss der Senat die Verlobung zu lösen. Da sie es nicht gutheißen wollten, dass ich die Tochter des Mörders meiner Eltern ehelichen sollte," erzählte er weiter und sah mich nun auch wieder an. Und ich konnte nur zurück starren.
„Doch mir war es egal. Ich wollte keine andere, nie!" gab er mit liebevoller Stimme von sich und strich mir dabei über die Wange. Verlegen sah ich zu Boden. Es war nett von ihm, dass er mir alles erklärte, doch ich hatte noch viele Fragen.
„Wusste mein Bruder von unserer Verlobung?" wollte ich wissen. Kaname seufzte und ließ seine Hand wieder sinken. Er war anscheinend nicht begeistert das ich gerade jetzt Senri zur Sprache bringe.
„Ja er wusste davon. Und er war nicht sehr begeistert. Denn schließlich hatte ja auch er ein Recht auf dich," erzählte der Reinblüter. Deshalb also... deshalb war Senri nicht gut auf Kaname zu sprechen. Aber nun musste sich Senri eigentlich keine Sorgen mehr machen, da die Verlobung ja gelöst wurde. Warum also benahm er sich trotzdem noch so komisch Kaname gegenüber?
„Ja aber warum ist Senri immer noch nicht gut auf dich zu sprechen? Die Verlobung gilt ja nicht mehr," stellte ich meine Frage laut und sah abwartend zu Kaname.
„Weil ich jetzt nicht mehr unter dem Senat stehe und sagen wir mal so, alt genug bin eigene Entscheidungen zu treffen," meinte er und schmunzelte leicht bei dem letzten Teil.
„Was meinst du damit?" fragte ich da ich seine Anspielung nicht ganz verstand. Nun blickte Kaname wieder ernst. Er nahm mein Kinn in die Hand und hob meinen Kopf an, so dass ich ihm genau in die Augen sehen musste.
„Das heißt ich kann die Verlobung jeder Zeit wieder in Kraft setzen," erklärte er mir die Anspielung und sah mich ernst an. Er konnte was?! Aber warum sollte er das tun? Soweit ich nun weiß hat er ja auch noch seine Schwester. Diese kann genauso seine neue Verlobte werden. Aber so intensiv wie er mich nun ansah... Es ließ mein Herz schneller schlagen. Kaname ließ mein Kinn los und führ mit der Hand hinunter zu meinem Brustkorb. Dort ließ er die Hand genau über meinem Herzen liegen.
„Dein Herz klopft wie wild," murmelte er und rückte noch etwas näher an mich ran. Ich war total verwirrt. Ich konnte meine eigenen Gefühle nicht mehr deuten. Ich liebte meinen Bruder, mehr als ich vielleicht sollte. Ich würde alles für ihn tun, selbst wenn es mein eigenes Ende bedeuten sollte. Doch nun hier mit Kaname, kamen neue Gefühle hervor.
„Suki...," hörte ich Kaname murmeln und dann spürte ich wie er mir über das Gesicht strich. Er strich mir Tränen aus dem Gesicht. So viele Dinge haben mein Inneres verwirrt und sind nun als Tränen aus mir herausgeflossen.
„Heute war ein ansträngender Tag für dich. Du solltest deinen Bruder suchen und nach Hause fahren und dich ausruhen. Wir sprechen ein anderes Mal weiter," meinte Kaname und gab mir einen leichten Kuss auf die Stirn. Ich nickte nur, nicht fähig etwas aus meinen Mund zu bekommen und verließ das Zimmer ohne mich nochmal umzudrehen. Draußen blieb ich nochmals kurz stehen und wischte mir die Nässe welche die Tränen hinterlassen hatten aus meinem Gesicht. Senri sollte nicht merken, dass ich geweint hatte. Aber wahrscheinlich konnte ich ihm wie immer nichts vormachen und er würde mich sofort durchschauen. Ich konnte die Tränen einfach nicht mehr zurückhalten. Die Verwirrung hatte mich so weit gebracht. Verwirrung wegen meine eigenen Gefühle.
Nach einem letzten Seufzer machte ich mich wieder auf den Weg in den Hauptsalon. Sofort hielt ich nach meinem Bruder Ausschau. Den ich auch nach ein paar Sekunden neben dem Rest der Night Class fand. Gleich machte ich mich auf dem Weg zu ihnen, jedoch mit gesenktem Kopf, da der Blick der anderen Vampire wie fest geklebt auf mir lag. Senri bemerkte mich erst gar nicht. Erst als ich im am Ärmel seines Jacketts zupfte drehte er sich zu mir. Den Blick immer noch zu Boden gewandt klammerte ich mich an seinen Arm. Ich brauchte nun seine Nähe, nur er konnte mich in diesem Augenblick beruhigen.
„Suki?" fragte er verwundert und zog mich etwas näher an sich heran.
„Können wir bitte gehen?" bat ich ihn und sah ihn flehend an. Als er mir in die Augen sah musste er meine Verzweiflung gesehen haben, denn er nickte sofort und führte mich nachdem er den andren kurz zugenickt hatte hinaus.
„Was ist passiert? Was wollte er von dir?" fragte Senri mich sauer als wir die Eingangstür passiert hatten. Er dachte natürlich sofort das Kaname etwas getan hatte. Ist wirklich diese ehemalige Verlobung der Grund seines Hasses gegenüber Kaname?
„Wir reden Zuhause," blockte ich ab. Jetzt wollte ich nicht darüber reden. Ich wollte einfach nur nach Hause und dass mein geliebter Bruder mich in den Arm nahm. Dieser nickte wiederwillig und akzeptierte meinen Willen. Senri rief uns einen unserer Fahrer herbei und wir fuhren zurück zur Cross Academy. Während der Fahrt redeten wir kein Wort miteinander, doch ich konnte Senri seine Neugier ansehen. Er wollte wissen was passiert ist, während ich mit unserem Cousin alleine war.
Als wir an der Academy ankamen gingen wir sofort ins Wohnheim. Ich schlug sofort die Richtung zu meinem Zimmer ein. Mein Bruder folgte mir natürlich. Noch immer habe ich kein einziges Wort gesprochen.
In meinem Gemach angekommen ging ich zum Fenster und sah hinaus in die Dunkelheit. Ich war einfach so durcheinander. Man sagte doch immer man solle auf sein Herz hören. Doch wie soll man auf sein Herz hören, wenn das Herz verwirrter ist als der Kopf.
„Suki was ist los?" riss mich die besorgte Stimme Senris aus meinen Gedanken. Und plötzlich konnte ich nicht mehr. Schnell drehte ich mich um und warf mich in die Arme meines Bruders. Tränen der Verzweiflung fingen erneut an langsam aus meinen Augen zu fließen. Doch mein Bruder tat das was ich nun brauchte, er nahm mich ohne ein Wort in den Arm, streichelte mir beruhigend durchs Haar und hielt mich einfach fest. Ja ich hatte es nun akzeptiert. Ich hatte Gefühle für Kaname. Einen Reinblüter. Für meinen Ex Verlobten. Doch dieser Mann hier jetzt bei mir, der mich so zärtlich in den Armen hielt. Dieser Mann der immer bei mir war, seit ich denken konnte. Dieser Mann war meine Welt. Senri war alles für mich und wenn es mir möglich ist werde ich ihn nie verlassen.
Doch nun musste ich ihm auch von den neusten Ereignissen unterrichten.
„Geliebter Bruder, trink von mir," flüsterte ich ihm zu. Wenn er von mir trinkt, würde er alles Erfahren. Er würde meine Liebe zu ihm aber auch die Zuneigung Kaname gegenüber spüren. Erst danach wollte ich ihm zur Rede stehlen, warum er mir nie etwas über die Verlobung mit dem Reinblüter erzählte.
„Suki ich denke nicht das..," murmelte mein Bruder erst leicht verwirrt, doch als er meinen entschlossenen Blick begegnete nickte er knapp. Vorsichtig strich er mir die Haare nach hinten und näherte sich meiner Kehle. Dann ohne weiteres Zögern biss er zu. Er trank Schluck für Schluck und ich bemühte mich an meine ganzen verwirrten Gefühle zu denken, damit er sie auch mitbekam. Was er anscheinend tat, denn seine Schlücke wurden langsamer bis er sich schließlich von mir löste. Geschockt sah er mir ins Gesicht unfähig etwas zu sagen. Ich wusste nicht was ihn so schockierte. War es meine Liebe ihm gegenüber oder die Tatsache, dass ich mich zu Kaname hingezogen fühlte? Ich konnte es nicht sagen.
„Onii-chan?" fragte ich ihn leicht panisch, da er immer noch nichts gesagt hatte. Nun schien er aus seiner Starre zu erwachen. Er hob langsam, so als wäre ich ein ängstliches Tier welches er nicht erschrecken wollte, seine Hände und umschloss mit ihnen mein Gesicht. Diese warmen und weichen Hände, wie ich sie liebte. Zufrieden schloss ich die Augen und schmiegte mich an sie. Doch plötzlich spürte ich etwas Warmes auf meinem Gesicht. Erschrocken riss ich die Augen auf und sah genau in das Gesicht meines Bruders. Er war mir so nahegekommen, dass ich seinen warmen Atem auf meinen Lippen spüren konnte. Wie in Trance schloss ich die Augen und reckte mich ihm entgegen und er kam mir entgegen. Es dauerte keine Sekunde und unsere Lippen trafen aufeinander. Es war ein ungewohntes aber dennoch ein wunderbares Gefühl. Mein ganzer Körper schien zu brennen und als Senri mich noch enger an sich zog, dachte ich, ich würde verbrennen.
Nach kurzer Zeit löste wie uns voneinander und schauten uns einfach in die Augen. Senri hob eine Hand und legte sie mir an die Wange, dabei sah er mich so liebevoll an das ich leicht rot anlief. Es war mein erster Kuss. In sowas hatte ich noch überhaupt keine Erfahrung. Doch dies nun, war wunderschön gewesen. Ich konnte meinen ersten Kuss demjenigen schenken der mir am meisten bedeutete.
„Ich liebe dich Suki," murmelte mein Bruder und legte seine Stirn mit geschlossenen Augen gegen meine. Ein glückliches Seufzen kam über seine Lippen und ich schmiegte mich eng an ihn. Ich war einfach glücklich in dem Moment. Die kleinen Gefühle die ich für Kaname habe musste ich mir eingestehen was ich auch tat. Aber in diesem Moment waren sie aus meinen Gedächtnis wie gelöscht, es gab nur meinen Bruder und mich.
„Ich brauche dich. Bitte bleib immer an meiner Seite," sprach Senri in mein Haar. In diesem Moment wirkte er so verletzlich und ich wusste genau wie er sich fühlte. Wir hatten nur noch uns gegenseitig. Die Sache mit unseren Eltern war auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen.
„Ich werde immer bei dir bleiben," versprach ich ihm und strich ihm über den Rücken. Für diesen Mann würde ich alles tun.
„Auch wenn Kaname die Verlobung wieder in Kraft setzt?" fragte Senri und löste sich von mir um mir eindringlich in die Augen sehen zu können. Mit dieser Frage kamen auch die ganzen Gefühle und die Verwirrtheit und Verzweiflung von vorhin zurück. Es war wie ein Schlag ins Gesicht als das alles wieder auf mich einprasselte. Und ich wusste keine Antwort darauf. Ich wusste einfach nicht die Antwort auf all diese Fragen. Natürlich würde ich immer bei Senri bleiben wollen. Aber was, wenn Kaname die Verlobung wirklich wieder einfordert? Ich kann mich einen Reinblüter doch nicht wiedersetzen.
„Ich werde versuchen immer bei dir zu bleiben," gab ich schließlich meine Antwort. Mein Bruder gab ein gequältes lächeln von sich und strich mir über den Kopf. Ich wusste das er mit dieser Antwort nicht ganz zu frieden war. Doch ihm Augenblick reichte sie ihm.

Vampire Knight - My Blood runs though your veinsWhere stories live. Discover now