Kapitel 12 - Aus der Sicht von Elliot LewisDa war sie. Das schönste Mädchen der Schule. Sie stand an ihrem Spind und hatte das goldblonde Haar zu einem unsorgfältigen Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie trug ein Jeansjupe, sodass ich ihre sonnengebrannten langen Beine sehen konnte, schwarze Sandalen und ein Top mit Sonnenblumen drauf. Sie hatte mich noch nicht bemerkt. Ich blieb genau vor ihr stehen, lehnte mich an die benachbarten Spinde und lächelte draufgängerisch.
,,Hi." Sicher roch ich nach Chlor, hatte noch gerötete Augen vom Pool und Wasser in den Ohren. Manchmal musste ich den Kopf auf die Schulter legen und die Ohren ausklopfen, bis das restliche Wasser herausgetropft kam. Sah sicher idiotisch aus. Kein Wunder hatte ich nicht zu viele Freunde, die meinten doch alle ich wäre schwerhörig und bekloppt. Luca Alighieri sah auf und sah mich aus ihren haselnussbraunen Augen an. Überrascht. Dann schlich sich ein scheues Lächeln in ihre Mundwinkel.
,,Oh, hallo Elliot", sagte sie schnell, mit samtener Stimme.
,,Hör zu, wegen dem Gartenfest...", begann ich und mein Blick schweifte automatisch ab, den Schulgang hinunter. So fiel es mir leichter zu sprechen. Ich gestikulierte mit den Händen und hoffte, dass sie verstand, dass ich damit den Kussversuch meinte.
,,Ich will nicht, dass es zwischen uns peinlich ist oder so. Ich war ziemlich angetrunken und nehme es echt nicht zu Herzen, wenn du... mich nicht auf diese Weise magst." Meine Augen fanden wieder die ihren. Ich spürte, wie mir die Nervosität in der Brust aufstieg und meine Arme beinah lahm legte.
,,Elliot. Ich bin in deinen grossen Bruder verliebt."
Ich hatte mit vielen Antworten gerechnet. Eine unangenehme Abfuhr hätte ich ohne Probleme über mich herabgehen lassen. Ja, ich war praktisch auf alles vorbereitet gewesen. Nur nicht auf das.
,,Mein Bruder?"
Ich dachte an das gestrige Gespräch im Goldsea Aquarium. Es hatte mich schon erstaunt, dass er einfach so aus dem Blauen heraus Luca angesprochen hatte... Und am Gartenfest hatten sie miteinander getanzt und ein ziemlich inniges Gespräch geführt, das hatte ich schon gemerkt. Mir wurde einwenig schlecht. Ich war nicht wütend auf Luca, ich konnte sie verstehen. Mein Bruder war grösser, stärker und viel selbstbewusster als ich. Er hatte diese Ausstrahlung, die Mädchen förmlich anzogen und schwach werden liessen. Aber wieso hatte mein Bruder mir nichts davon gesagt? Ich kam mir so dumm vor.
Verzweifelt blickte mich Luca an. Sie sah so aus, als hätte sie das gar nicht sagen wollen, als wäre es aus Versehen herausgerutscht. Sie schien ihre Worte zu bereuen. Sie umklammerte ihr Mathebuch und stand ganz still und steif da, als hätte ich sie versteinert.
,,Ähm, okay, ich muss gehen", brachte ich schnell hervor und hastete dann an ihr vorbei, mit grossen Schritten.
Auf einmal hatte ich das Gefühl, dass ich Luca gar nicht kannte. Und meinen Bruder auch nicht. Ich fühlte mich ausgeschlossen, veräppelt. Wusste Grayson vielleicht gar nichts davon? War Luca vielleicht eines dieser Mädchen, welches sich grundlos auf den ersten Blick in jemanden verliebten? Denkbar wäre es schon. Für Grayson auch sicher nicht das erste Mal. In ihn waren Mädchen verliebt gewesen, von denen er nicht mal wusste, dass sie existierten. Aber hätte sie mir dann davon erzählt? Wenn es ihr nicht wichtig gewesen wäre? Nicht die Realität aller beide?
Ich setzte mich in den Geschichtsunterricht und sagte die ganze Lektion nichts. Das Buch vor mir aufgestellt, starrte ich ein Loch in mein Heft, vergass ab und an sogar zu blinzeln.
-
Unter der Woche war Grayson meistens im Seehaus untergebracht. Ohne ihn vorher anzurufen, ging ich vorbei und trat ein, weil die Türe nicht abgeschlossen war.
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«Indigo reminds me of you»
Teen Fiction-Abgeschlossen - Luca Alighieri ist 18 Jahre alt und hat sich geschworen, nie mehr das Meer zu sehen. Sie zieht mit ihren Eltern an einen neuen Ort und bekommt somit einen Neuanfang geschenkt. Die Chance - das Meer, die Wellen und alle Trauer, die s...