7«||Weiche Knie und fluffige Marshmallows||

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»Bist du krank ?«, fragt mich Stina am Mittwochnachmittag als wir gerade die Schule hinter uns lassen und von der Sonne beschienen zu den Bushaltestellen laufen.

Heute war wieder eine von diesen grausamen Mathestunden, die ich sonst immer so geliebt habe und seit einer Woche nicht mehr auf die Reihe bekomme.

Ich fühle mich schlapp, müde und ausgelaugt und das obwohl nichts passiert ist. Unser gestriges Treffen mit der Planungsgruppe für den Ball lief super. Wir haben begonnen die Rosen aus Plastikfolie zu basteln und meine Mutter wird heute nach der Arbeit den Glitter aus dem Bastelgeschäft in der Stadt holen.

Hausaufgaben haben wir bisher keine auf und auch sonst, habe ich nirgends Probleme und Stress, der mich erschöpfen könnte.
Mein Planer ist leer. Meine To- Do Liste bleicht vom Nichts und dennoch bin ich müde.
Es ist wie krank sein, aber ich weiß, dass ich das nicht bin.

»Nein, ich bin nicht krank, nur müde«, antworte ich mit trägen Augen und falle beinahe die Treppe zum Schulhof hinab, weil meine Augen für einen Moment zufallen.

»Hast du letzte Nacht überhaupt geschlafen ?«, fragt sie besorgt weiter und gibt sich mit einem Kopfgeschüttel zufrieden.

Es war nicht nur die letzte Nacht in der ich schlaflos an die Decke gestarrt habe. Es war nicht die einzige Nacht in der ich in all der Schwärze in zwei Diamanten gesehen habe und nicht vergessen konnte.

Seitdem Ryan am Montag so plötzlich gegangen ist und zuletzt mit solch einer Abwesenheit und Kühle gesprochen hat und ich ihn am Dienstag auf dem Schulhof neben einer Blondine entdeckt habe, denke ich ununterbrochen an ihn und diese vielen unbeantworteten Fragen in meinem Kopf.

Vielleicht habe ich ihn am Montag so sehr mit mir selbst gelangweilt, dass er nun keine Lust mehr hat Bus zu fahren. Vielleicht war die Blondine seine Freundin.

Es gäbe tausend Gründe für seinen Abgang und ich wünschte er würde es mir erklären.

»Hat dich der Typ aus dem Bus schlecht behandelt ?«

Stina steht in einem tiefen Loch und versucht seit Montagmorgen alles aus mir herauszubekommen, was meine Abwesenheit und traurige Laune erklären würde.
Aber ich erzähle ihr weniger als einem Stein und mir fehlt die Kraft mich zu erklären.
Der Absurde wegen halte ich meinen Mund.

»Nein, er war sogar ziemlich nett. Aber...ich weiß nicht.«

Ohne ein Wort nimmt sie mich in den Arm und so unnötig mir diese Situation und Lage auch scheint, so sehr liebe und schätze ich auch, wie sie sich um mich kümmert.

»Was auch immer es ist, Schatzi, rede mit mir«, fordert sie flehend und ich verziehe traurig mein Gesicht.
Mich an sie klammernd seufze ich und beginne schließlich zu erzählen.

»Er sieht gut aus mit seinen braunen Locken und diesem unverschämten Lächeln.
Er ist frech und mysteriös und er spielt mit Worten.
Er liest gerne Thriller und ist wirklich lustig, aber gleichzeitig zeichnen sein Gesicht diese Schatten, die das Blatt wenden und ihn anders machen.
Wir hatten bisher immer nur kurze Gespräche, unsere Begegnungen waren undetailliert und genau deswegen kann ich mir mein Verhalten nicht mal selbst erklären.
Warum es mich so stört, dass er am Montag so abweisend war, warum ich mir diese vielen Fragen stelle und an nichts anderes mehr denke.
Ich verstehe nicht, warum ich nicht will, dass er in irgendeiner Form abgeneigt von mir ist. Es ist so verrückt...«

Froh darüber geredet zu haben, kuschle ich mich weiter an meine Freundin, die aufmerksam und leise zugehört hat und uns beide nun mit einem Schmunzeln hin und her wiegt.
Wie immer interessiert es sie nicht, was die denken, die an uns vorbei laufen und uns schief betrachten.
Es interessiert sie nicht, dass ihr knallroter Lippenstift von meinen Haaren verschmiert wird und auch nicht, dass ich ihr kaum Informationen über diese Jungen gebe, obwohl sie so darauf brennt.

LORAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt