12«|| Von Tintenflecken, Ryan und der Liebe||

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Die nächsten Wochen verfliegen wie Regentropfen im Wind.
Tage so leicht, dass man sie in der Menge verliert. Sie vertrocknen, geraten in Vergessenheit, aber aufhören zu lieben tut man sie nicht, denn irgendwann kommen sie wieder.

Die Vorbereitungen für unseren Schulball laufen mittlerweile auf Hochtouren und in bald zwei Wochen wird unsere Turnhalle eine zweite Welt werden.

Die Rosen aus Plastikfolie liegen in einer Vielzahl im Werkraum der Schule und glitzern dort, bis zu ihrem Einsatz, vor sich hin.
Das Essen ist bestellt und es gibt diverse Eltern und Freiwillige, die für das Süßebuffet Kuchen oder Muffins backen wollen.
Ich lächle, wenn ich unsere Pläne lese und die Zeichnungen der Turnhalle ansehe, und ich bin fest davon überzeugt, dass alles wunderschön sein wird.

Dass die Vorbereitungen so gut laufen, verzeiht mir auch die Tatsache, dass mich noch immer niemand gefragt hat, ob ich mit ihm zum Ball gehen möchte und bald bin ich die Einzige, die noch immer kein Date für den Abend hat.

Stina schwärmt mir täglich vor, wie überraschend und nett Bill sie gefragt hat, der es hoffentlich endlich verstanden hat, und wie schön sie es findet, dass er wohl doch an ihr interessiert scheint.
Sehe ich sie, dann hält sie Blickkontakt mit ihm und himmelt ihn, wie eine Irre, über den ganzen Schulhof hinweg an.
Ich gönne es ihr. Seit ich sie kenne, ist sie in ihn verliebt und trotz ihrer vielen Anbeter, gab es in ihren Augen nur Bill. Ich freue mich über ihr Glück, aber ein winziger Hauch von Eifersucht schwimmt doch in meinem Magen, wenn ich sie mit diesen Herzchen in den Augen sehe.

Den einzigen Trost spenden mir meine Gedanken an Ryan.
Sehe ich ihn vor meinen Augen, dann scheint mir die Welt ein kleines bisschen heiler zu werden und lacht er mich an, dann ist sie perfekt.

Jeden Morgen und beinahe jeden Mittag fahren wir zusammen mit dem Bus und unterhalten uns über die Belangen unseres Lebens.
Mein Magen kribbelt aufgeregt, wenn der Schultag sich dem Ende neigt oder wenn morgens der Wecker klingelt, und er scheint zu platzen wenn ich mich wie jeden Morgen auf den Sitz in der Mitte des Busses setze und darauf warte, dass er in der nächsten Kurve dazu steigt.

Mit Ryan ist es immer lustig.
Selbst wenn der Tag ein mieser Verräter war, habe ich gen Ende immer etwas zu lachen und das Busfahren hat mir noch nie so viel Spaß gemacht, wie jetzt.
Es ist so einfach neben ihm, so unkompliziert und warm und geborgen, dass ich den Tagen nichts anderes als den Lockenkopf abverlange um glücklich zu sein.

Meine Tage drehen sich nur noch um ihn und das scheint nicht nur Stina mehr als deutlich aufzufallen.
Sie fragt mich täglich über Ryan aus, verlangt nach Bildern und Details und ich könnte sie zutexten mit den Träumen, die
ich nachts habe, aber ich lasse es bleiben. Das sie anscheinend nicht hingesehen hat, als er im Summerbrelly neben mir an der Kasse stand, kommt mir eben zugute und wegen der so misslichen Lage zwischen Ryan und mir, sehe ich keinen Grund ihr von ihm zu erzählen.

Wir sind Freunde, nach den letzten vier Wochen kann man uns durchaus so nennen. Aber sehen wir mehr ineinander ? Was ist mit den Glühwürmchen in meinem Bauch ?
Ich weiß, dass es sie gibt und ich weiß, dass sie nicht in der Nacht strahlen, sondern immer dann, wenn Ryan direkt neben mir ist.

Sie sterben, wenn er geht. Sie verdunkeln, wenn er sich abwendet und sie weinen, wenn er auf dem Schulhof ein fremdes Mädchen umarmt.
Was also ist das zwischen uns ?
Ein Spiel ?
All seine Umarmungen ? All seine mutenden Worte ? Diese qualvoll schöne Nähe ? Ein Spiel.

»Weißt du eigentlich, wie blöd du bist ?«

Stina boxt mir in die Seite und stößt mich damit aus meinen, mich selbst nervenden, Selbstzweifeln.
Die vollgeschriebene Heftseite ziert seinen Namen und ich merke viel zu spät, dass ich in meinen Gedanken wohl versucht habe Matheaufgaben zu lösen.

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