Kapitel 8 - Startposition

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Kapitel 8 - Startposition

Es war noch mitten in der Nacht, als ich aus dem Schlaf gerissen wurde. Ein lautes Krachen ließ mich auffahren. Einen Moment lang hatte ich Schwierigkeiten mich zu orientieren und irgendetwas war zu nehmen. Alles kam mir fremd und unbekannt vor. Mein Gehirn war noch nicht wach. Nur langsam begann es zu rattern. Und dadurch kamen einige Bruchstücke zurück. Ich war in einem der Schlafzimmer im Palast des Königs. Ana saß aufrecht neben mir. Und jemand hatte die Tür mit Wucht aufgestanden.

Die Denkprozedur hatte vielleicht nur wenige Sekunden gedauert, doch diese kamen mir wie Minuten vor. Tatsächlich betrat der Störenfried gerade einmal das Zimmer. Oder um es anders auszudrücken: Er stürmte regelrecht das Zimmer.

Es war zu dunkel um die Gestalt näher sehen zu können und etwas in mir zwang mich dazu, mich zu wehren und zu flüchten, doch mein Körper funktionierte nicht mehr. Ich konnte nicht anders, als in die Dunkelheit zu starren und auf das zu warten, was uns erwartete.

Es herrschte Chaos auf dem Flur. Weitere Türen krachten auf und man hörte Menschen miteinander rangeln. Was ging hier vor?

Ich war unfähig zu sprechen, genauso wie Ana, die einfach nur neben mir saß und etwas in der Dunkelheit fixierte, was ich nicht sehen konnte. Mein Atem ging schnell und mein Herz raste so schnell, dass ich befürchtete, dass man den Herzschlag schon vom Flur aus vernehmen konnte.

Und plötzlich ging alles schnell. Viel zu schnell. Es ging so schnell, dass ich nur den Hauch einer Bewegung wahrnahm. Ich hörte es poltern und Körper aufeinander einschlagen. Mein Blick wanderte zu Ana, um mir von ihr eine Antwort zu holen. Jedoch saß Ana nicht mehr neben mir im Bett.

„Ana?“ Ich fragte mich, wo sie so schnell geblieben war, hatte sie sich unter dem Bett versteckt? Hatte sie mich alleine gelassen? Jedoch hörte ich sie vor dem Bett fluchen. Tat sie das, von dem ich dachte, dass sie es tat?

Ich kroch ans Fußende des Bettes und fand Ana auf dem Boden. Sie rang mit der dunklen Gestalt. Geschockt und starr vor Entsetzen sah ich dabei zu, wie Ana Schläge austeilte und selber welche einsteckte. Ich sah, wie ihre Muskeln sich anspannten und dass ihre Schläge kräftig und präzise waren.

Es war mir vorher nie in den Sinn gekommen, dass Ana um einiges stärker war, als das es den Anschein machte. Sie hatte eine normale Figur, normal, wie jeder andere auch, vielleicht ein bisschen sportlicher, aber trotzdem eine normale Figur. Sie war kein Mannsweib, wie man es oft von den Leuten aus Prink gewöhnt war. Und trotzdem steckte in ihr genauso viel Kraft.

Mein Blick fiel auf ihren Gegner. Und mein Blick blieb an seiner Uniform hängen. Die Uniform, die die Wachen des Palastes trugen. Die Uniform, die Ana nicht bemerkt zu haben schien.

„Ana, hör auf!“, schrie ich sie an und rüttelte verängstigt an ihren Schultern. Doch sie reagierte nicht auf mich. „Ana, bitte, hör auf!“, flehte ich weiter, blendete den Tumult vom Flur aus, die Geräusche des Kampfes vor mir. „Ana!“

Ana zögerte bei ihrem nächsten Schlag, was der Wachmann sofort ausnutzte, um ihr einen kräftigen Boxhieb gegen die Stirn zu schmettern, worauf Ana benommen aussah. Ich wollte meine Freundin auffangen, bevor sie umkippte, doch in diesem Moment stürmte ein weiterer Mann in Uniform in das Zimmer und griff grob nach meinen Armen, die er schmerzhaft nach hinten zog, so dass ich vor Schmerz aufschrie.

Unsanft zog der zweite Mann mich vom Bett. Er schien unbeeindruckt von meinen Versuchen, mich zu befreien. Er zog mich einfach weiter durch den Raum und auf den Flur hinaus. Kurz warf ich einen verzweifelten Blick auf Ana, die benommen in den Armen des Soldaten lag, den sie vorhin noch halb zu Tode geprügelt hatte.

Caedes-Das LabyrinthWhere stories live. Discover now