9. Magie

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You're a wizard Harry
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Wir kamen für die übrige Nacht in einer kleinen Herberge an einer Wegkreuzung unter und überließen die Pferde und Kutschen dem Stalljungen, während wir uns in der warmen Stube mit etwas Essen verwöhnten, die Kälte aus unseren müden Gliedern verbannten.

Daehyun erwies sich ein weiteres Mal als unersättlich und Youngjae war bereits in sein Zimmer eingekehrt, brauchte nach dem Kampf seine Ruhe.

Wie ich später erfuhr, tat er sich am Schwersten mit dem Umgang mit der Waffe und war außerdem auch sehr abgeneigt dagegen Leben zu nehmen, egal wessen. Während Yongguk ebenfalls strikt davon abgeschreckt war, akzeptierte er es dennoch als seine Aufgabe, aber der Casanova hatte wohl einen schwachen Magen.

"Es ist geschützter aufgewachsen, als der Rest von uns. Er wusste lange nicht von seinem Erbe.", nuschelte Daehyun um sein Essen und nun stieg doch etwas Sympathie für den anderen Mann in mir auf, ließ mich einen zweifelnden Blick auf die Treppe nach oben werfen.

"Sorge dich nicht. Wir kümmern uns um ihn.", sagte Himchan, dem die Bewegung nicht entgangen war nur, ohne von seinem Becher Met aufzusehen und ich nickte bloß, sank dann wieder in meine Nische zwischen Jongup und Daehyun zurück.

Ich sah mich gelassen um, bemerkte nur eine weitere Gruppe Reisender in der anderen Ecke, ansonsten war die Stube ruhig, die Wirtin polierte gedankenverloren ihre sauberen Gläser.

Meine Gefährten waren müde.

Junhong sah man es am ehesten an. Er schlief gewissermaßen schon halb und lehnte dabei schwer an Jongups Schulter, sein Teller leer. Er sah so noch jünger aus, als zuvor und langsam wurde es Zeit, dass ich mich erkundigte, ob ich älter oder jünger war, als er. Von weich in seine Stirn fallenden, blonden Haar wandte ich meinen Blick zu Himchan auf seiner anderen Seite, der meine Augen knapp mit einem verschlossenen Ausdruck traf und dann wieder den schlafenden Jungen in Betracht nahm.

Ein Schauer überrieselte mich, als ich weiter zu Yongguk sah, der sich ebenfalls zurückgelehnt hatte und seine Augen ausruhte, sein Mahl war kaum angetastet und Daehyun machte sich gerade eifrig darüber her.

"Oh, Yongguk. Die Kräfte.", sagte Daehyun dann unattraktiv mit dem Mund voller Fleisch und gestikulierte zwischen Himchan und Yongguk hin und her, während der Prinz nur träge die Augen öffnete.

"Stimmt." Der vergessliche Mann setzte sich etwas auf.

"Ich kann auch ohne sie, wenn du..." Himchans Blick wanderte zu mir und Yongguk unterdrückte ein Gähnen, während er nachlässig mit einer Hand wedelte.

"Nicht doch. Ich habe ohnehin noch jemanden gebraucht, der sie etwas einweist. Ich bringe den Kleinen in's Bett." Yongguk so müde zu sehen, erinnerte mich an meine eigene Erschöpfung, wie meine Lider bereits zu brennen anfingen und meine Glieder bereit waren in ein weiches Bett zu sinken.

Yongguk kam herum, um Junhong hoch und halb über seine Schulter zu wuchten, bevor er ihn an einem Arm und einem Bein gehalten auf seinem Rücken davon trug. Er verließ uns ohne ein weiteres Wort und seufzend lehnte Himchan sich in seinem Stuhl zurück, sah erleichtert aus.

"Dem Himmel sei dank... Deine Anwesenheit muss ihn erschöpft haben.", wandte Himchan sich mit einem kleinen Lächeln an mich und ich hob nur ratlos die Schultern, bevor ich einen Blick auf Jongup warf, der Akuma an seiner Seite hatte und den dösenden Wolf mit Links streichelte, sein rechter Arm lag auf seinem Schoß, endete am Handgelenk in einem Stumpf.

Ein Stumpf.

Mein Gehirn brauchte einen Moment, dann reagierte ich, schreckte Daehyun auf, als ich vorwärts schoss, um unbedacht den Arm des Mannes zu greifen.

"Du bist verletzt! Meine Güte, war das Akuma?! Bitte sag nicht, dass..." Meine Worte erstarben, als Jongup fragend den betroffenen Arm in die Höhe hielt und schweigend seinen Ärmel zurück zog. Der Anblick war grotesk, wirkte falsch, aber helle, glatte Haut spannte sich um die fehlende Stelle, bewies mir, wie lange das bereits verheilt war.

"Oh..." Mir fehlten alle Worte.

Jongup blinzelte nur träge.

Himchans Lachen füllte den Raum, als er den Austausch beobachtete und dann seinen Becher endgültig leerte.

"Es hängt mit seiner Gottheit zusammen. Er ist Tyr, ein alter germanischer Gott, dem ein Wolf die Hand abbiss. Der Fenriswolf, um genau zu sein. Als wir ihn kennen lernten, war es uns allen klar, dass Fenris nicht weit wäre.", erläuterte Himchan die Geschichte des stillen Mannes gelassen und ich nickte vorsichtig, faltete eigenartig meine gesunden Hände auf meinem Schoß. Fühlte sich komisch an.

"Ich warte auch nur noch, bis uns dank Junhong der Himmel auf den Kopf fällt.", schnaubte Daehyun anbei amüsiert und beendete dann sein Mahl, lehnte sich mit einem lauten Geräusch der Zufriedenheit zurück, um seinen Bauch zu tätscheln.

"Yongguk erzählte mir bereits für was er und Youngjae verantwortlich sind... Du bist Blitz und Donner.", sagte ich zu Himchan gewandt und der warf ein kurzes 'und Regen' ein, nickte aber sonst nur.

"Du bist irgendwie eine Art Spezialist für Wölfe?", versuchte ich mehr aus Jongup heraus zu kriegen und ein kleines Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, das von Vorne vielleicht süß gewirkt hätte, aber von seiner Seite aus war es schaurig grausam anzusehen.

"Kampf und Sieg... Aber ja, auch Wölfe."

So viel zum Thema neutral, ich bekam das schleichende Gefühl, dass unser Prinz gerne einmal die Fakten durcheinander warf.

Himchan schien ein weiteres Mal meine Gedanken zu lesen.

"Zu ihm gehört außerdem die Gerechtigkeit. Deswegen die Neutralität."

Ich nickte brav in Verstehen, ließ ebenfalls eine Hand hinab gleiten, um Akuma durch das dicke Fell zu streicheln.

"Und du?", wandte ich mich dann an Daehyun, der etwas in sich zusammengesackt war und in den Kragen seines grünen Mantels schmollte. Er grummelte etwas in den Stoff und als ich mich horchend näher beugte, streifte meine Hand Jongups in Akumas Fell, woraufhin der Mann sich errötend zurückzog und eine Entschuldigung murmelte.

"Verzeih mir, das habe ich nicht gehört."

"Mais, es ist der Mais, in Ordnung?! Merk dir einfach Essen...", gestikulierte er wild und lachend versuchte ich ihn wieder zu besänftigen, verstand die Enttäuschung.

"Worum es eigentlich ging.", unterbrach Himchan dann aber wieder scharf unser Herumgealbere, um meine Aufmerksamkeit wieder zu erhaschen.

"Yongguk wollte, dass ich dich auf Jongups und meine Tendenzen beim Angriff anspreche."

Ich bemerkte, wie er den Namen des Prinzen aussprach. Wie seine Stimme bei den beiden Silben weicher zu werden schien, den Namen liebkoste.

"Jongup kämpft normalerweise mit einem Rudel Wölfe. Was mich angeht, so kann es Blitze hageln. Du wirst selbstverständlich davon fern gehalten, aber du musst vorgewarnt sein, sollte es so weit kommen.", sprach er ernst und tief, ich nickte nur.

"Damit komme ich zurecht. Fühlt euch bitte durch mich nicht eingeschränkt."

Himchan sah zufrieden aus und wandte den Blick dann an den wartenden Daehyun, dem inzwischen ebenfalls die Müdigkeit mit Linien ins Gesicht geschrieben stand.

"Nun denn, wollen wir uns ebenfalls zu Bett begeben?"

Daehyun wuchtete sich seufzend hoch, streckte seine Arme aus.

"Geht ihr nur schon mal vor, ich bringe Youngjae noch einen Tee mit." Damit kam er taumelnd auf die Füße, um treuherzig zur Theke zu schlurfen, ich erhob mich gemeinsam mit Jongup und Himchan.

"Unser Zimmer ist direkt neben dem deinen, ruf um Hilfe, wenn du sie benötigst, was wir natürlich nicht hoffen wollen. Ansonsten wünsche ich eine erholsame Nacht.", verabschiedete Himchan sich schon etwas freundschaftlicher und ich nickte bloß, sah ihnen nach, wie sie gemeinsam abzogen.

Ich weckte leise Akuma und begleitete danach Daehyun nach oben, fand ebenfalls endlich meine Ruhe und schlief wie eine Tote.


KawaakariWo Geschichten leben. Entdecke jetzt