Das Blaubeermädchen (Short Story)

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Alles fing damit an, dass ich die Schule wechselte. Sie ist mir erst garnicht aufgefallen, schließlich wurde ich von der ganzen Klasse freundlich aufgenommen und alle, vorallem die ,,beliebteren" Mädchen, wollten mich kennenlernen und sich mit mir anfreunden. Sie dagegen blieb eher außen vor und verhielt sich still.

In den Pausen versammelte sich fast die ganze Klasse an einem Tisch in der Mensa um uns herum, sie war auch dabei. Ich sollte von meiner alten Schule erzählen, von meinen zurückgelassenen Freunden und Klassenkameraden. Alle bemitleideten mich unausstehlich viel und merkten dabei nicht, dass mir der Abschied eigentlich garnicht so schwer viel, auch wenn das hart klingt.

Nur sie beteiligte sich nicht an unseren Gesprächen, sondern saß nur am Ende des Tisches und aß aus ihrer Brotdose. Zumindest schien es so. Mir ist nie aufgefallen, dass sie ihr Essen zum Teil an die anderen verschenkte. Eine ihrer zwei Dosen gab sie immer herum, damit sich jeder daran bedienen konnte, doch das viel mir nicht auf. Ich bemerkte auch nicht, was in der Dose war.

Mit der Zeit kristallisierten sich die paar heraus, die meine Freunde wurden, wenn auch nur in der Schule. An einem Tag war eine von ihnen krank, ausgerechnet die einzige meiner Freunde, die mit mir im Biologiekurs war.

Vielleicht wäre mir auch heute nicht aufgefallen, dass sie alleine saß. Vieleicht hätte ich auch heute ihre Blicke nicht bemerkt, als unser Lehrer uns aufforderte, uns einen Partner zu suchen. Vielleicht wäre das alles an mir vorbei gegangen, wäre meine Freundin und Sitznachbarin nicht krank gewesen.

Anstatt das sie also wieder alleine arbeiten musste, setzte unser Lehrer uns für die Stunde zusammen. Wir sollten zusammen arbeiten. Zuerst dachte ich, sie müsse wohl aus der Parallelklasse sein, da ich sie nie in unserer Klassengemeindschaft bemerkt hatte. Als ich sie aber danach fragte, erzählte sie mir, dass wir in der selben Klasse wären. Mir war das natürlich unglaublich peinlich, doch sie winkte nur ab und lächelte schüchtern.

Von da an viel sie mir auf. Wie sie sich nie an unseren Gesprächen beteiligte und immer nur still da saß und aß. Dass sie in Bio immer alleine saß und nie jemanden fand, der freiwillig mit ihr arbeiten wollte. Dass es eine ihrer Dosen war, die immer herum ging, aber am wichtigsten viel mir auf, was darin war.

Blaubeeren.

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