32. Kapitel: Sonntag, 26. März 2000

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Harry

Dudley hatte sich eindeutig sehr verändert. Die Art, wie er inzwischen auftrat unterschied sich so stark von der Art, die Harry aus seiner Kindheit kannte, dass er die Bilder kaum miteinander vereinbaren konnte. Um nicht weiter darüber nachdenken zu müssen, versuchte er Teddy bei Laune zu halten. Dieser hatte im Moment eine dieser trotzigen Kleinkindphasen, die vorbeigehen würden aber furchtbar anstrengend waren. Vielleicht sollte er zu Ginny in die Küche gehen um zu schauen, ob alles mit rechten Dingen zu ging. Aber in diesem Moment begann Dudley wieder zu reden. „Wir haben uns ganz schön verändert oder?" Fragte er und Harry nickte. „Hätte mir das jemand vor neun Jahren gesagt, ich hätte ihn ausgelacht." Erklärte er und vergas für einen Moment seinen Plan, in die Küche zu gehen. „Und doch sind wir nun hier." Sinnierte Dudley weiter. Einen Moment herrschte Stille, die Harry abrupt brach. „Wie geht es eigentlich Tante Petunia und Onkel Vernon?" Fragte er und sah seinen Cousin an. Dabei wusste er selbst nicht, ob ihn das wirklich interessierte. Das schien auch Dudley zu denken. „Interessierst du dich wirklich dafür?" Fragte er. Darauf wusste Harry keine Antwort. Er zuckte nur hilflos mit den Schultern und seinem Cousin schien das vorerst auch zu genügen. „Ich habe ihnen nicht erzählt, dass wir wieder Kontakt haben." „Aha", wieder eine Tatsache, auf die Harry wenig zu antworten wusste. „Hast du das getan um Fragen von ihnen zu vermeiden oder weil du dich dafür schämst?" Fragte er dann mit ausdrucksloser Miene. Das Gespräch begann sich in keine gute Richtung zu bewegen. Auch Teddy schien dies zu bemerken, denn er schaute nur stumm zwischen den beiden erwachsenen Männern hin und her. Dudley hatte sich nun weiter nach vorne gebeugt. „Wieso hast du dich denn nicht mehr gemeldet? Hast du dich etwa für uns geschämt?" Fragte er mit einem sichtlichen Vorwurf in der Stimme. Es brachte Harry auf eine ungute Weise aus dem Gleichgewicht. Es war schließlich nicht so, als das er nie darüber nachgedacht hatte. „Ja, nein..." stotterte er und könnte sich im selben Moment dafür Ohrfeigen. Er hatte schon um einiges schlimmeres durchgestanden als ein Gespräch mit seinem Cousin. Er war nunmal nicht mehr der kleine Junge von vor neun Jahren, er war erwachsen und er musste stark sein. Stark, für all die Menschen die an dem Krieg zerbrochen waren oder kurz davor standen. Dudley sagte immer noch nichts und die Stille kam zu Harrys innerem Kampf hinzu. „Verdammt, es ist nicht so, dass ich mich irgendwie für euch schämen würde. Aber hast du dir mal überlegt, wie das damals für mich war? Als ich dreizehn war, war der glücklichste Moment in meinem Leben der, in dem mein Pate meinte, dass ich zu ihm ziehen kann. Was nie funktioniert hatte, weil er nach zwei Jahren auf der Flucht von seiner eigenen Cousine ermordet wurde. Ich bin danach nur noch zurück weil Dumbledore, dessen tot ich ebenfalls gesehen habe, es so wollte und das größte Kompliment das ihr mir je gemacht habt waren deine Worte, ich sei keine Platzverschwendung. Damals war ich zu sehr auf die Zerstörung von Voldemort fixiert um mir groß Gedanken zu machen. Aber nach dem Krieg konnte ich das nicht auch noch aufarbeiten. Also habe ich die Gedanken weggeschoben und irgendwann bin ich dann nicht mehr davon weggekommen." Harry seufzte und ließ sich dann wieder zurückfallen. Sein Cousin schaute ihn nur stumm an. Dann kam Ginny wieder ins Zimmer. In den Händen hielt sie den Kuchen, den sie gestern gebacken hatten. Ihr Gesichtsausdruck war fröhlich und doch schien sie die Situation direkt zu begreifen. Mit Nachdruck stellte sie den Kuchen auf den Tisch und tat Teddy ein Stück auf seinen Teller. Dieser schien sich im nächsten Moment schon nicht mehr darüber nachzudenken. Er war noch ein Kind, wahrscheinlich würde er sich später nicht mehr an diesen Moment erinnern. Harry war für diese zwei Sekunden fast einwenig Neidisch auf sein Patenkind. Teddy panschte mit fröhlichem Gesicht in seinen Kuchen und seine Haare wurden noch ein wenig türkiser, zumindest soweit das möglich war. Ginny versuchte vergeblich ihm beim Essen zu helfen. Gab aber nicht so leicht auf, als Teddy vehement ihre Hand zur Seite schob. In einem unbedachten Moment hatte Harry dann von der anderen Seite seine Gabel in das Kuchenstück gestochen. Danach ließ sich der Methamorphmagus recht leicht füttern und machte Anstalten selbst zu Essen. Das alles hatte nicht besonders lange gedauert, aber lange genug, damit die Stimmung wieder ein wenig nach oben gehen konnte. „Tut mir leid," meinte Harry also nur und schaute seinen Cousin an. „Mir tut es auch leid. Wir können wohl nicht so einfach aus den alten Verhaltensmuster raus." Dudley seufzte. „Wie wäre es, wenn ihr einfach nochmal ganz von vorne anfangt?" Ginny hatte sich an das Kopfende des Tisches neben Teddy gesetzt und schaute in die Runde. Manchmal wusste Harry wirklich nicht, wie sie das machte. Aber sie sorgte dafür, dass niemand im Raum ihr widersprechen konnte. „Hallo, ich bin Harry Potter, 19 Jahre alt und aktuell als Auror im Zaubereiministerium angestellt." Harry stand auf und reichte seinem Cousin die Hand. Dieser zögerte kurz, dann ergriff er die Hand und schüttelte sie. „Dudley Dursley ebenfalls 19 und Student. Es freut mich dich kennen zu lernen." Die beiden setzten sich wieder und Harry begann den restlichen Kuchen zu verteilen. Dudley rutschte unterdessen etwas auf seinem Stuhl hin und her. Er nahm seine Kuchengabel in die Hand, machte aber keine Anstalten damit in den Kuchen zu stechen. Es dauerte mehrere lange Sekunden, in denen sowohl Harry als auch Ginny ihn erwartungsvoll anschauten. Erst dann schien er sich dazu durchringen zu können, die Frage zu stellen, die ihm augenscheinlich auf der Seele lag: „Auroren sind doch die Leute von eurer Polizei?" In den Worten lag eine Mischung von Stolz, Unsicherheit und dem Bedürfnis etwas genau zuzuordnen. Es brachte Harry zum Schmunzeln und erinnerte ihn gleichzeitig an seinen Onkel. „Ja, in gewisser Hinsicht schon. Allerdings gibt es auch noch die Leute in der Abteilung für magische Strafverfolgung und aktuell auch noch einige in der Abteilung zur Aufarbeitung der Vergangenheit." Erklärte er dann. Die Dursleys waren schließlich oft genug in magische Vorfälle verwickelt gewesen um nicht mehr unter das Geheimhaltungsabkommen zu fallen. „Ganz schön viele Leute..." Meinte Dudley nur. „Aber eigentlich auch nicht viel mehr als bei euch, mit eurer Polizei den Geheimdiensten und Trichtern." Jetzt konnte Harry nicht mehr anders und prustete los. Dudleys verwirrtes Gesicht und das Gesicht von Ginny, die ebenfalls nicht ganz zu wissen schien, was los war, waren einfach zu komisch. „Ich glaube du meinst Richter," erklärte er dann, woraufhin beide irgendwie vom Lachen angesteckt wurden.

Letztendlich wurde es danach doch noch ein ganz schöner Nachmittag. Vielleicht war nicht alles wieder ins Lot gekommen, dass 17 Jahre angerichtet hatten. Aber zumindest ein Anfang war gemacht worden in dieser wie auch in anderer Hinsicht.

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Donde viven las historias. Descúbrelo ahora