9. Kapitel: Samstag, 18. März 2000

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Viktoria

Samstagsdienst.
Welcher Idiot hatte den eigentlich erfunden?

Es war viel zu früh, als Viktoria sich am Samstagmorgen auf den Weg in die Redaktion machte. Als feste Angestellte, die allerdings keine sonderlich hohe Funktion inne hatte, musste sie mindestens einmal im Monat auch Samstags erscheinen. Denn zwar wurde der normale Tagesprophet am Sonntag nicht zugestellt, aber es gab immer noch die Sonderausgabe, die auch erstellt werden wollte. Das einzige positive daran war, dass sie an diesen Tagen manchmal wirklich interessante Themen bekam. Die Kollegen, die diese sonst abarbeiteten, waren schließlich nur selten mit ihr zum Dienst eingeteilt. Trotzdem war sie nicht gerade bester Laune, als sie die Redaktion für politische Themen im zweiten Stock des Gebäudes betrat. Viel lieber wäre sie bei ihrer Schwester geblieben. Doch freinehmen ging an diesem Tag nur mit besonders guten Gründen und sie hätte sich eher die Zunge abgebissen als ihren Kollegen auch noch etwas zu stecken. So rief sie nur ein wenig motiviertes „Morgen", in den Raum, was von zwei / drei Personen erwidert wurde. Einzig und allein der Praktikant schien motiviert zu sein. „Einen wunderschönen Morgen Viktoria", flötete er und verbeugte sich überschwänglich, während Viktoria ihren Mantel aufhängte. „Darf ich dir eine Tasse Kaffee anbieten?". Viktoria konnte nur den Kopf schütteln und sich so schnell wie möglich an ihren Platz verziehen. Normalerweise mochte sie motivierte Leute ja, aber an diesem Tag war ihr alles zu viel.

Eine überraschende Wende gab es erst während der täglichen Themenkonferenz. In dieser stellte sich heraus, dass Viktoria dieses Mal für eine Gesetzesvorstellung im Ministerium eingeteilt worden war. Philip war krank und sonst hatte niemand Zeit, weswegen sie tatsächlich über den Gesetzesentwurf ihres Vaters schreiben durfte.
Sonst hatte man sie immer für zu befangen gehalten, schließlich hatte sie nichts gegen das Gesetz. Erst am Ende der Sitzung wurde sie jedoch darüber aufgeklärt, dass die Vorstellung bereits in 5 Minuten beginnen würde. Dies führte dazu, dass sie kaum, das sie aus der Apperiersperre des Gebäudes gekommen war, bereits ins Ministerium apperierte.

Mit großen Schritten durchquerte sie danach das Atrium zu den Aufzügen. Sie hatte das Ministerium bereits als Kind so oft mit ihrem Vater besucht, dass eine Registrierung ihres Zauberstabs nicht mehr von Nöten war. So winkte sie dem dafür zuständigen Zauberer nur kurz zu und dieser grüßte zurück.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch drei Minuten. Der Aufzug jedoch brauchte so lange, dass sie erst zehn Sekunden vor Beginn in den Raum stürzte und ihr Schreibzeug hervorkramte. Einige der älteren Anwesenden schüttelten enttäuscht den Kopf, als sie sich in einer der hinteren Reihen nieder ließ. Danach wurde sie aber schnell wieder vergessen, weil die Tür auf die Sekunde pünktlich erneut aufging. Herein kamen zuerst der aktuelle Zaubereiminister Kingsley Shacklebolt, gefolgt von zwei Hexen und einem Zauberer, die Viktoria nur vom sehen kannte. Ihnen folgte Viktorias Vater, Alexander Fox, und hinter ihm kam noch eine junge Frau, die sich im Hintergrund hielt und die Tür schloss. Sie kam auch nicht mit auf das kleine Podest, auf das die Initiatoren des Gesetzes stiegen. Alle Blicke schienen ihnen zu folgen, nur Viktoria blickte noch einen Moment länger auf die Frau an der Tür. Dieser Moment reichte aus um sie zu erkennen. Es war Luna Lovegood, die Kriegsheldin, wie Viktoria erkannte, bevor Kingsley Shacklebolt zu reden begann.

Er redete und Viktoria schrieb jedes Wort mit. Ihr Vater hatte ihr bereits kurz nach dem Krieg vorgeschwärmt, welche Vorteile dieses Gesetz haben würde. Er hatte damals so leidenschaftlich geklungen und doch wirkte er jetzt, endlich am Ziel, nur noch müde. Es hatte so viel Widerstand gegen eine einfache Angleichung der Rechte gegeben. Während sie mitschrieb hörte Viktoria auch die Kommentare ihrer Kollegen und Bekannten, die sich manchmal auch negativ geäußert hatten.
Es war nur ein Gesetz und es würde den Halbwesen ihre Würde zurückgeben.
Das war das, was Viktoria sah. Die meisten von ihnen konnten ja nicht einmal etwas für ihren Blutstatus. Sie hörte die Rede und sie hörte auch die Reden der anderen Mitglieder. Es waren gute Reden und auch Reden die gut fundiert waren. Nach bestem Wissen konnte Viktoria nun sagen, dass die Ministeriumsleute dazugelernt hatten. Diese Reden konnte man nicht auseinandernehmen ohne eine Klage zu riskieren. Sie war froh darüber, weil sie so tatsächlich einen positiven Artikel schreiben konnte und sie war eine derjenigen, die zum Schluss am längsten Klatschten.

Der Raum um sie herum begann sich zu leeren und auch der Zaubereiminister verschwand wieder. Viktoria aber blieb Sitzen und wartete. Erst, als die Meisten bereits gegangen waren, stand sie auf und ging auf die kleine Gruppe am Rande des Podestes zu. Ihr Vater stand neben zwei seiner Kollegen und unterhielt sich mit ihnen. Ein leichtes Lächeln im Gesicht.
Als er Viktoria sah, sagte er etwas zu ihnen und drehte sich dann zu ihr. „Guten Morgen", begrüßte er sie. „Morgen, Dad", erwiderte sie und die beiden Umarmten sich. „Wie geht es dir?", fragte sie weiter und stellte sich zu der Gruppe. Alexander Fox lächelte die Frage jedoch nur weg. „Das ist nicht wichtig. Wichtiger ist, wie es deiner Schwester geht", antwortete er mit seiner zerstreuten und doch fürsorglichen Stimme. Resa hatte ihrem Vater schon immer näher gestanden, als ihre Schwester. Vielleicht war das der Grund, warum sie jetzt im St. Mungos lag und nicht Sophia oder Viktoria selbst...

Viktoria seufzte und legte einen Arm um ihren Vater. „Die Heilerin meinte, dass sie durchkommt. Ich warte jeden Moment eine Nachricht", erzählte sie.

Während sie bei ihrer Schwester gewesen war, hatte sich diese nur einmal leicht bewegt. Jetzt war ihre Mutter bei ihr, aber Viktoria hoffte trotzdem da sein zu können, wenn Resa aufwachen würde.
Falls sie wieder aufwachen würde.
Aber diesen Gedanken verbat sie sich schnell wieder. Es würde alles gut werden, sie waren in der magischen Welt. Hier wurden Wunder noch Wirklichkeit.
Alexander Fox nickte nur mit einem bekümmerten Ausdruck in den Augen. So wie Viktoria selbst hätte er nie gedacht, dass ihn die Vergangenheit auf diese Weise so schnell wieder einholen würde. Denn egal was passiert war, es war passiert und es waren erneut Menschen zu Schaden gekommen.

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Where stories live. Discover now