Wieder nichts gekauft

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~Neven~

Von dem Aufprall mit dem Einkaufswagen und dem Boden blieb mir die Luft weg. Es dauerte einen Moment bis ich begriff was passiert war, dass ich mich nun auf dem betonierten Eingangsbereich des Supermarkts, neben einem umgekippten Einkaufswagen befand.

Als mir das alles bewusst wurde, schien es auch bei der Fahrerin des Einkaufswagen geschaltet zu haben. Die alte Frau neigte ihren weiß behaarten Kopf zu mir runter und warf mir vernichtende Blicke über die Ränder ihrer Brillengläser zu. Sie schüttelte abschätzig den Kopf, dann begann das Donnerwetter. „Typisch Jugend, glaubt ihnen gehört die Welt. Wann lernt diese Brut endlich mal, dass IHR NICHT ALLEINE SEID HIER?“, meckerte sie auf mich ein, wobei sie so heftig zitterte, dass das goldene Kettchen, das von ihrer Brille baumelte, heftig wedelte.

„Neven?“, hörte ich eine mir sehr bekannte Stimme, dann folgten schnelle Schritte von hochhackigen Schuhen und Emily erschien in meinem Blickfeld. Sie drängelte die keifende Alte so rigoros beiseite, dass diese nun noch lauter gackerte.

„Jetzt halten Sie endlich mal ihre Klappe!“, fuhr sie die Alte an, als diese nicht aufhören wollte, ihr ins Ohr zu schreien. „Sehen Sie denn nicht, dass er sich verletzt hat?“, rief Emily weiter verärgert. „Jetzt reißen Sie sich mal zusammen und machen Sie platz für die Jugend“, fuhr Emily die Alte sarkastisch an und brachte sie dazu empört nach Luft zu schnappen, wobei sie erschreckende Ähnlichkeiten mit einem Karpfen an Land hatte.

Emily ging in die Hocke und sah mich prüfend an. „Ist alles in Ordnung? Das war ja ein ganz schöner Abgang.“

„Geht schon“, sagte ich und versuchte mich aufzurappeln.

„Was war nur los?“

„Ich dachte ich komme zu spät“, sagte ich wahrheitsgemäß.

„Der Supermarkt schließt doch aber erst in einigen Stunden“, sagte Emily etwas verwirrt.

Ich antwortete lieber nicht darauf, da ich befürchtete, dass Emily das Weite suchen würde, wenn ich die Wahrheit sagen würde. Also kam ich wortlos wieder auf die Beine und beugte mich runter um mir die Hose abzuklopfen. Aus der Augenwinkel bemerkte ich, dass Emily sich ebenfalls wieder aufrichtete. Von der keifenden Alten kam immer noch eine Menge lautes Meckern über Jugend und deren Rücksichtslosigkeit.

Erst als ich meinen Hintern auch halbwegs abgeklopft hatte, richtete ich mich wieder auf und bemerkte, dass Emily mir plötzlich ziemlich nahe stand.

Sie hob ihre beiden Hände an meinen Kopf und strich mit sanften federleichten Bewegungen mein Haar glatt.

Mich überkam eine Gänsehaut bei ihren Berührungen und ich musste mich anstrengen um nicht nach mehr zu bitten. Ihr Gesicht war mir dabei so nahe, dass ich die wenigen Sommersprossen auf ihrer Nase zählen könnte, aber das wäre ein ziemliches Unterfangen, bei dem Schauer, der mich gerade durchfuhr. Emily strich mir sogar zwei Strähnen hinters Ohr. Wieder durchfuhr mich ein Schauer der angenehmsten Art.

Meiner Meinung nach ließ sie ihre Hände viel zu schnell wieder sinken. Als sie das tat, wirkte sie so, als konnte sie sich selbst nicht recht erklären, was da gerade in sie gefahren war. Sie senkte schüchtern ihren Blick und zupfte kurz noch an meiner Jacke herum. „Ich... ich muss dann... ähm...“ Sie sah sich kurz zum Supermarkt um. „... einkaufen gehen.“

Erst jetzt drang wieder das Gekeife der Alten zu mir durch und während ich diese wütend anstarrte, schob Emily ihren Einkaufswagen in den Supermarkt rein.

Ich wollte schnell hinterher, aber...

Ich fasste in meine Jackentaschen und fand mein Portemonnaie nicht. Schnell sah ich mich auf dem Boden um und flehte dabei im Gedanken: Bitte, lass mich Geld dabei haben. Bitte, lass mich Geld dabei haben.

Das Glück nebenan {mats hummels & neven subotic ff}(WIRD ÜBERARBEITET) Where stories live. Discover now