Flucht

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K A D E N
S C O T T

Es war das geschehen, wovor wir alle am meisten Angst hatten. Die chinesische Mafia war handgreiflich geworden. Es war wie in einem Alptraum, aus dem man so schnell wie möglich erwachen wollte. Eingesperrt zu sein, war ein Gefühl, welches einen von innen schmerzhaft auffraß. Vanessa hatte kein Kühlpad für ihre Wange bekommen, wo Sheng Huang zugeschlagen hatte. Meine Fingerspitzen kribbelten und die Wut kochte in mir wie heißes Wasser. Ich war so unglaublich wütend auf den chinesischen Mafiaboss. In dieser Nacht, wo Vanessa vor Schmerz und Blair vor Angst wimmerte, schwor ich mir Rache gegen Sheng und ich würde alles dafür tun.

Wir allen hatten das Zeitgefühl verloren und dies war reine Folter. Außerdem hatte niemand von uns wirklich geschlafen. Ich konnte kein Auge zumachen, was jetzt die Rechnung für meine dunklen Augenringe unter den Augen waren. Wir alle drei hatten kein Wort miteinander gewechselt und das hatten die zwei anscheinend auch nicht vor, als sie blinzelten und die Augen aufschlugen. Knappe drei Stunde hatten sie geschlafen, schätzte ich. Blair hatte im Schlaf unerverständlich gemurmelt und Vanessa war immer wieder zusammengezuckt. Die beiden saßen jeweils mit angewinkelten Beinen in den Ecken des Raumes, an der Wand gegenüber von mir.

Ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen, als die zwei mich ansahen. Ich wollte ihnen das Gefühl geben, dass ich sie hier rausbringen würde, obwohl ich selbst daran zweifelte. Trotzdem durfte ich nicht aufgeben. Niemals. Das hatte Dean mir immer eingetrichtert und ich hatte nicht vor, seine Worte zu vergessen. Wir würden das hier alle durchstehen, schwor ich mir. Doch was sollte ich jetzt bloß machen? Sollte ich aufmunternde Worte zu Vanessa und Blair sagen? Während die zwei geschlafen hatten, hatte ich mir alle erdenklichen Fluchtwege ausgemalt, doch keiner davon erschien mir machbar. Am liebsten würde ich mich selbst schlagen, um mich wach zu rütteln, doch das war Energieverschwendung und würde uns allen drei hier nicht weiterhelfen.

"Wie lange sind wir hier jetzt schon drin?", fragte Vanessa plötzlich, wobei es eher ein Hauchen war. Ihre Stimme war von Verzweiflung und Übermüdung gefüllt.

"Ich weiß es nicht, vielleicht einen Tag. Ich habe keine Ahnung", gestand ich zähneknirschend.

"Da haben wir wohl alle unser Zeitgefühl verloren", stellte Vanessa stirnrunzelnd fest.

"Ich habe Durst", kam es plötzlich von Blair.

"Bestimmt bringen sie gleich was", versuchte ich Blair zu beruhigen, wobei ich mir selbst nicht sicher war, ob sie uns etwas reinstellen würden.

"Das ist es!", schrie Vanessa auf.

Blair sah erschreckt auf und ich sah Vanessa fragend an.

"Ganz einfach, wir überfallen sie, wenn sie uns etwas zu Essen bringen!", erzählte die Tochter der West's aufgeregt, als hätte sie eine Erleuchtung vom Himmel höchstpersönlich erhalten.

Blair schüttelte den Kopf. "Du warst ja schon immer verrückt, V, aber das hier übertrifft alles."

"Ach ja, was sollen wir deiner Meinung nach denn tun? Du siehst nicht so aus, als hättest du dir irgendwelche Gedanken, außer Angst gemacht, B!", fuhr Vanessa sie vorwungsvoll an.

"Ich warte auf Hilfe", sagte Blair gleichgültig.

Vanessa prustete auf. "Hilfe?", zog sie eine Augenbraue empor. "Da kann sich ja wirklich niemand selbst helfen."

"Tja, ich kann nicht in einem Jahr so kämpfen wie du, V! Aber du willst mir ja nicht das geringste über euer komisches Verhalten sagen oder warum ihr beide überhaupt hier wart! Etwa um dieses kleinen Mädchen zu retten?!"

Oh Gott, jetzt ging das schon wieder los. Verdammt, Blair ließ einfach nicht locker! Aber wir konnten ihr nichts sagen. Das Wissen würde sie nur in unnötige Gefahr bringen oder man könnte es gegen sie verwenden. Außerdem würde sie die Sache mit der RCOD und den Kämpfern nicht verkraften und verstehen.

Aurora Black 2Where stories live. Discover now