SECHZEHN - Kaffeekränzchen

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Jab, Gerade, Haken. Jab, rechte Gerade, linker Haken, rechte Gerade. Jab, rechte Gerade, linker Haken, rechter Aufwärtshaken, rechter Haken. Wiederwillig wandte ich mich vom Boxsack ab und riss mir die Handschuhe von den Händen. Wegen der vielen Schläge hatten sich unzählige Haare aus meinem geflochtenen Zopf gelöst, welche mich nun im Nacken kitzelten. Am Boden sitzend öffnete ich meine wirren Haare und band sie zu einem einfachen Zopf zusammen.

Seit einer halben Stunde blinkte das Nachrichtenlämpchen an meinem Handy, also zog ich es zu mir heran und sah mir die eingegangene Nachricht an.

Matt: Hey! Wie wär's mit einem Nachmittagskaffee?

Ehrlich gesagt war mir gerade nicht danach unter Leuten zu sein, aber Matt fragte mich mittlerweile schon zu wiederholten Mal, ob wir irgendetwas zusammen unternahmen. Noch eine Absage wollte ich ihm nicht antun. Also schrieb ich ihm in knappen Worten zurück, dass wir uns in 20 Minuten in unserem Lieblingskaffee treffen könnten. Kaum hatte ich die Nachricht abgeschickt trudelte auch schon seine zustimmende Antwort ein. Seufzend ließ ich mich nach hinten fallen und lag für gut zehn Minuten einfach nur rum. Kennt ihr das Gefühl, wenn man sich richtig ausgelaugt, schwach und irgendwie grundlos frustriert fühlt?

Komplett unmotiviert rappelte ich mich auf die Beine. Vor lauter Frustration und Wut stieß ich einen zornigen Schrei aus. In mir brodelte es wie in einem aktiven Vulkan. Die Stunde boxen hatte zwar dafür gesorgt, dass ich etwas müder war, die Wut bekam ich aber nicht aus mir raus. Weshalb ich so schrecklich zornig war konnte ich beim besten Willen nicht sagen. Es fühlte sich an, als würde in mir ein Gewitter toben, dass zum Ziel hatte, alles in seiner Umgebung zu zerstören.

Die kurze, heiße Dusche entspannte meine Muskeln und sorgte dafür, dass ich meine Emotionen wieder einigermaßen im Griff hatte. Im Gefühle unterdrücken war ich schon immer eine Meisterin gewesen. Emotionen machten einen schwach und verletzlich. Alles Eigenschaften, auf welche ich getrost verzichten konnte.

Beim Verlassen meines Zimmers hörte ich Geräusche aus dem Wohnzimmer. Leise schlich ich darauf zu und spähte um die Ecke. Hades lag ausgestreckt auf der Couch, während er sich einen Film ansah, der verdächtig nach Avengers aussah. Manchmal fragte ich mich echt, ob der Kerl überhaupt irgendwann mal arbeitete. Die Höllenhunde lagen allesamt um ihn herum und langweilten sich sichtlich zu Tode. Persephone versteckte sich höchstwahrscheinlich in ihrem Blumengarten. Die Frau liebte Rosen wirklich über alles.

Möglichst leise öffnete ich ein Höllenportal, welches mich in eine abgelegene Gasse, in der Nähe des Cafés beförderte. Das letzte was ich jetzt brauchen konnte war eine aufgescheuchte Meute, weil vor ihnen, wie durch Zauberhand, eine Person auftauchte.

Vom Schaufenster aus erkannte ich bereits Matt, wie er auf einem Stuhl saß und energisch auf sein Handy eintippte. Er hatte mir bereits meinen heiß geliebten Chai Latte bestellt, als ich mich auf den Stuhl ihm gegenüber setzte.

„Freut mich, dass du gekommen bist.", grinsend schob er mir einen Schokolade Muffin entgegen.

„Klar doch." Herzhaft biss ich in den etwas unförmigen, doch sehr leckeren Muffin.

„Ich war mir schon fast sicher, dass du mich versetzt."

„Hey, ich bin nur fünf Minuten zu spät. Verurteil mich nicht." Ich schenkte ihm ein Grinsen, doch sein Blick blieb weiter angespannt.

„Nicht deshalb. Du verbringst ziemlich viel Zeit mit Ryan." Mit erhobenen Augenbrauen nahm er seine Kaffeetasse und trank einen Schluck davon.

„Gezwungenermaßen." Alles klar, dass war eine Lüge. Natürlich musste ich mit ihm Zeit verbringen, dass hieß jedoch nicht, dass ich keinen Gefallen daran fand. Ryans Anwesenheit war ganz angenehm, solange wir uns nicht in einem Bett herumwälzten. Bei dem Gedanken daran rutschte ich unruhig auf meinem Sessel herum.

„Ich mein ja nur. Ihr könnt euch gut leiden, oder?" Seit wann war Matt ein Inquisitor? Ich kam mir schon fast vor wie bei einem Verhör.

„Ja, er ist wirklich okay. Warte. Bist du etwa eifersüchtig?" Fragend legte ich den Kopf etwas schräg. Matt biss sich auf die Innenseite seiner Wange und räusperte sich, bevor er für eine Antwort ansetzte.

„Vielleich ein bisschen." Ernst sah er mir in die Augen. Ich griff über den Tisch und nahm seine Hand in meine.

„Keine Sorge. Du kennst mich besser als jeder andere. So leicht kann man dich nicht ersetzen." Ich schenkte ihm ein ehrliches Lächeln und drückte seine Hand.

Erleichtert ließ er Luft aus seinen Lungen entweichen und erwiderte daraufhin mein Lächeln. Das Matt mich besser kannte als die Meisten entsprach der Wahrheit, doch wie es in meinem Inneren aussah, hatte ich ihm nie anvertraut. Er wusste, dass ich nicht gut auf meine Eltern zu sprechen war, aber hatte keine Ahnung wie sehr ich sie hasste. Er wusste, dass ich eine Schwester hatte, die am anderen Ende der Welt wohnte, doch er wusste nicht, dass sie mich eiskalt zurückgelassen hatte.

„Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als du am Revier zu arbeiten begonnen hast. Zu beginn dachte ich, du wärst eine Psychopathin, weil du unbedingt das Gehirn aus der Leiche rausschneiden wolltest." Kichernd lehne Matt sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust.

„Neugierig wie eh und je. Du kannst dich geehrt fühlen, dass ich mein erstes Hirn in deiner Aufsicht rausgeholt habe." Grinsend streckte ich ihm die Zunge entgegen.

„Oh, ich fühl mich sehr geehrt. Weißt du noch, als...", weiter nahm ich seine Worte nicht mehr wahr, denn eine Gestalt auf der Straße zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Eine mir nur allzu bekannte Gestalt.

„Matt, sorry, aber ich muss dringend los. Wir holen das nach, versprochen." Schon war ich aufgesprungen und bekam nur kurz seinen verdatterten Gesichtsausdruck mit. Für schlechtes Gewissen hatte ich im Augenblick keine Zeit.

Zielstrebig verfolgte ich die Gestalt, während sich die verdränge Wut ihren Weg an die Oberfläche bahnte. Beinahe hatte ich den scheiß Wichser, den nur ich zu sehen schien, eingeholt, als er plötzlich scharf nach rechts abbog. Von dem scheiß Kerl war Weit und Breit nichts mehr zu sehen.

Der rohe Schmerz überkam mich so unerwartet, dass ich unbeabsichtigt nach Luft rang. Meine Hände begannen unkontrolliert zu zittern und ein eiskalter Schauder lief mir den Rücken runter. Eine Hand legte sich auf meine Brust, als würde das den Schmerz lindern. Ich beugte mich vornüber und kniete irgendwann auf dem Boden.
Mein gesamter Körper wurde von Zitteranfällen durchgeschüttelt, während ich mich fühlte, als würde ich erfrieren. Flammen brachen aus meinen Fäusten, als ich mich an die Wand lehnte, um die Kontrolle zurück zu erlangen. Meine Arme schlangen sich um die Knie und drückten sie an meinen Oberkörper. Gewaltsam drückte ich meine Lieder zu und hoffte das die Qualen nachließen.

„Raven?"

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Was ist da los?

Ich wollte die Gelegenheit nützen und mich bei euch Lesern bedanken. Also herzlichen Dank für die Reads und natürlich auch für die Votes. Das bedeutet mir mehr, als ihr ahnt. ♥

TeufelstochterWhere stories live. Discover now