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Jonah

Ein paar Tage später haben wir uns das erste Mal geküsst. Wir wurden ein Paar. Aber prinzipiell trafen wir uns einfach nur jeden Abend an der Mauer und sprachen. Es war eine dieser Beziehungen, die man nun mal hat, wenn man gerade erst vierzehn und beinahe fünfzehn ist. Trotzdem haben wir uns geliebt.

„Jonah?" Sie hielt meine Hand und wartete, bis sie meine Aufmerksamkeit hatte.

„Ja?"

Sie schloss die Augen, atmete tief durch. „Manchmal hasse ich Menschen."

„Hm? Warum denn?", abwartend betrachtete ich sie, wie sie so neben mir dasaß, ihre Finger knetete und den Wind mit ihren Haaren spielen ließ.

Achselzuckend fuhr sie fort: „ Es gibt viele Gründe Menschen zu hassen. Aber weißt du, manchmal hasse ich Menschen, aber manchmal, da liebe ich sie auch, denn weißt du, ich bin auch ein Mensch und du auch. Und dich liebe ich, aber mich hasse ich manchmal."

„Aber warum hasst du dich denn? Du bist wundervoll."

Wieder zuckte sie mit den Schultern. „Ich bin nicht genug."

„Nicht genug?" Aus großen Augen sah ich sie nicht verstehend an. „Was meinst du mit nicht genug?"

„Nicht gut genug, nicht schön genug, nicht besonders genug, nicht genug ich. Ich bin nicht genug." Sie kaute auf ihrer Lippe herum, solange, dass sie schon längst aufgeplatzt sein musste.

„Aber das stimmt doch nicht. Du bist genug. Du bist genau richtig so." Ich zog sie in meine Arme. Sie sollten sie vor all den negativen Gedanken wie eine Mauer schützen. Aber Aila hat nie gelernt zu sehen, wie einzigartig sie doch eigentlich ist. Sie hat nie erkannt, dass sie für mich der schönste Mensch war.

Aila, wie viel darf ich dir noch glauben?

Mein Beitrag zum Ideenzauber 2019Where stories live. Discover now