•22 - gemeinsam•

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~Park Jimin~

„Du willst was genau tun?"
„Ich gehe mit dir in die Schule."
„Aber... Wieso?"
„Weil ich es will, ganz einfach."

Jimin war sich sicher, dass noch ein anderer Grund dahinter steckte, das merkte er allein schon an den zusammengepressten Lippen des Älteren und seinem verkniffenen Gesichtsausdruck.
Aber er wollte jetzt keinen Streit anfangen, dafür freute er sich zu sehr, ihn zu sehen.

Vielleicht war es komisch, so zu empfinden, aber auf irgendeine Art war er erleichtert, Yoongi zu sehen.
Zu wissen, dass es ihm gut geht und er unverletzt ist, machte Jimin froh, vielleicht ja nur, weil es bedeutete, dass auch er selbst unverletzt war.

Also nickte er nur und die beiden liefen nebeneinander her.
Nach ein paar Minuten wurde Jimin unruhig. Sie hatten beide noch kein Wort gewechselt, von der kurzen Konversation bei ihrer Begegnung abgesehen, und Jimins Manieren sagten ihm, er müsse ein Gespräch anfangen.
Doch was für ein Thema sollte man anschneiden bei zwei Menschen, die so verschieden waren wie sie?
Jimin wusste es nicht.

Doch das musste er gar nicht, denn auf einmal begann Yoongi, zu sprechen.
„Wie läuft das bei euch in der Schule ab?", fragte er.
„Was... meinst du?"
„Ich war noch nie auf einer öffentlichen Schule. Wie ist es da?"
„Laut?"
„Hm."
Einige Minuten Stille.
„Und der Unterricht?"
„Leiser."
„Welches Fach?"
„Du meinst wohl ‚welche Fächer'."
„Tue ich das?"
„Ja, wir haben immerhin mehrere verschiedene Fächer am Tag."
„Interessant."
„Wie ist dein Unterricht?"

Darauf gab Yoongi ihm keine Antwort, er ignorierte den jüngeren Jimin einfach.
Doch auch dieses Mal konnte Jimin ihm einfach nicht böse sein.
Er sah so sehr in seine eigenen Gedanken vertieft aus. Vielleicht hatte er Jimins Frage gar nicht gehört?

Jimin nahm sich vor, den Älteren noch mal zu fragen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war, aber irgendwie schien das auf dem kompletten weiteren Weg zur Schule nicht der Fall zu sein.
Immer wachsam, auf den richtigen Moment achtend, vertiefte Jimins Blick sich auf Yoongis Gesichtszüge, während er zeitgleich weiter auf die Straße achtete.

„Du starrst mich an. Läufst du jeden Tag?"
„W-Wa.... Was sind denn das für Fragen?"
„Meine."
„Ich... habe dich gar nicht angestarrt!"

„Und Elefanten sind von Natur aus grün."
„Nein, sind sie nicht."
„Na, siehst du. Also?"
„Also was?"
„Läufst du jeden Tag? Gibt es keinen Bus?"
„Doch, aber ich laufe. Ein Bus kostet Geld, das ich nicht habe."

Wieder stoppte an diesem Moment die Konversation, obwohl es der perfekte Augenblick für Jimin gewesen wäre, Yoongi nach seinem Unterricht zu fragen.

Schlussendlich kam Jimins Schule in Sichtweite und er hatte komplett versäumt, seine Frage an den Älteren zu stellen.

~Min Yoongi~

Jimins Schule war ekelhaft.
Der graue Putz bröckelte an manchen Stellen von der Wand, der Boden bestand durchwegs aus langweiligem Beton, die Eingangstür sah mit ihren Drähten im Glas aus wie die Tür zu einem Gefängnis.
All das fiel Yoongi auf, als sie sich dem Horror-Gebäude näherten, während Jimin es nicht einmal zu bemerken schien.

Die beiden liefen gemeinsam durch die Tür, in den nackten Flur, und wurden sofort von zwei Menschen begrüßt, die Yoongi vom Alter her nicht richtig einschätzen konnte.
Waren es Schüler oder schon Lehrer?

Auf jeden Fall war es ein Mann und eine Frau, die beide mit nach oben offenen Kartons in den Armen dastanden und erwartungsvoll zur Tür sahen, allerdings sofort das Interesse verloren, als sie Jimin sahen. Dieser lief einfach weiter an den beiden vorbei, den Kopf leicht gesenkt.
Gerade, als auch Yoongi die beiden Wächter der Kartons passieren wollte, streckte die Frau die Hand aus und hielt ihn auf.
Nun ja, sie machte eine Geste, die ihn aufhalten sollte, ihr Arm wäre kein wirkliches Hindernis gewesen.

„Alle Handys her", war ihre strikte Anweisung, „das weißt du doch, du bist alt genug, um hier schon ein paar Jahre verbracht zu haben. Bist du dumm?"
Gefährlich langsam drehte Yoongi sich zu der Frau um und erkannte, dass es doch eher nur ein Mädchen war, das jetzt unter seinem kalten Blick zusammenzuckte.
„Nein."
„Nein was?"
„Nein zu allem."
„Allem?"

„Nein, ich gebe mein Handy nicht her, nein, ich bin nicht schon ein paar Jahre hier und nein, ich bin nicht dumm."
Damit stieß Yoongi den Arm des Mädchens beiseite und ging zu Jimin, der die ganze Zeit mit ängstlichem Blick auf ihn gewartet hatte.

„Was fällt dir ein?!", empörte sich da der Mann, den Yoongi jetzt auch als Jungen identifizierte.
„Mir? Viel. Jetzt lass mich in Ruhe."
„Bist du komplett bescheuert?"
„Jimin, wir gehen. Wo ist dein Klassenzimmer?"
„Ihr geht nirgends hin!"
„Ds hinten, Yoongi, komm mit."
„Halt!"

Doch Yoongi und Jimin ignorierten die Rufe einfach und gingen weiter.
Anfangs wollte der Junge ihnen folgen, doch dann kamen andere Schüler durch die Eingangstür und anscheinend waren sie wichtiger als er selbst.

Im Klassenzimmer setzte Jimin sich auf seinen Platz und meinte leise:
„Wenn du meinst.... kannst du dich neben mich setzen. Da sitzt eh keiner."
„Und selbst wenn, wäre es mir egal gewesen."

Exchange Your Body (YoonMin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt