Müde, mit verquollenen Augen jedoch mit etwas neuer Kraft verließ ich das Flugzeug und schlängelte mich durch die Gepäckvergabe. Alles was eigentlich gefühlte Stunden dauerte war in diesem Moment innerhalb von Sekunden erledigt. Ich nahm es fast nicht wahr. Lief wie eine Schlafwandlerin durch die Gegend und erledigte alles wie maschinell. Dabei vergaß ich das Handy wieder auf Datenvolumen zu stellen, erachtete es aber auch nicht als wichtig. Wer sollte mir schon schreiben? Mein Vater vielleicht der mir mitteilen würde, dass sie meine Oma geholt hatten und nun zuhause waren und mich abholen könnten wenn ich ihm sagen würde wann ich lande. Das hätte da stehen können in einer Nachricht. Doch Natalie und meine Mutter waren tot, was interessierte mich da ob ich alleine nach Hause kommen musste oder abgeholt werden würde. Letzten Endes bewahrte mich der Flugmodus allerdings vor einem Zusammenbruch am Flughafen, denn was da in den Nachrichten stand, was mir Bekannte geschrieben hatten ob es meine Familie war ob es nur ein Zufall ist, dass sie den selben Nachnahmen haben, oder dass es wirklich sie waren und in diesem Fall natürlich ihr Beileid. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits wie in einem Delirium und funktionierte nur zu dem Zweck meinen Pflichten nachzukommen. Tief innerlich war ich zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Stadium der Trauer, das mir selbst nicht bewusst war. Doch was konnte man schon erwarten. Diese Woche hatte einen Freitag den 13 gehabt. Dieses Datum war verflucht wie viele dachten, doch wie konnte es dann sein, dass der Untergang meines bisherigen Lebens an einem Samstag danach begann. Meine Schwester und meine Mutter waren nicht an diesem Freitag erschossen worden sondern erst am Samstag. Am Samstag dem 14.12.2019, ein Datum dass ich nie vergessen werde. Es waren noch 10 Tage hin bis Weihnachten und es waren gerade mal zwei Monate und zehn Tage seit meinem 19 Geburtstag vergangen und somit zwei Monate und sieben Tage seit ich meine Mutter am 7.10.2019 das letzte Mal kurz in den Arm genommen hatte und ich mich für die restliche Zeit meines AuPair-Aufenthaltes versabschiedet hatte. Gleichzeitig hatte ich mich in diesem Moment für immer von ihr Verabschiedet ohne es zu wissen. Schweren Herzens verließ ich den Terminal in Richtung der S-Bahn Station und nahm die nächste S1 in Richtung Ostbahnhof. Da es ein verdammter Sonntag war, wurde es mir natürlich unmöglich gemacht mit dem Bus nach Hause zu kommen, da in diesem verdammten Kaff, dass ich mein Zuhause nannte, Sonntags kein Bus fuhr. Widerstrebig trat ich also meinen Weg an. Erst nach Laim und dann mit der S2 weiter nach Dachau. Von Dachau aus würde ich wohl oder übel mit dem Taxi fahren müssen. Bereits nach wenigen Minuten im Zug fing mein Hirn wieder zu denken an, was in meinem Zustand zu Heul-Attacken führte, deshalb kramte ich mein Handy aus der Tasche und steckte mir die Kopfhörer ins Ohr. Die S-Bahn war so voll, dass ich die Lautstärke aufs höchste drehen musste um überhaupt etwas zu verstehen. Überall schreiende Kinder und glückliche Familien und das war der Moment in dem ich mir wünschte wo anders zu sein. Ich wünschte mir noch immer in Schottland zu sitzen, bei meiner Au-Pair Familie, nichts von alle dem wissend und glücklich. "Beaten down black and blue
Felt like a year of no summer
All that is left to do
Is to go through sorrow oh oh oh oh
...
Yeah it will take some time
But no pain will hurt forever
...
Malheur, Malheur, malheur
Turn to a bonheur, bonheur, bonheur
...
In the middle of the madness I'm
Gonna take 'em broken wings and fly"
Kam schließlich, mal wieder, ein Lied von Michael das meine Gefühle nur zu gut beschrieb und mir gleichzeitig neuen Mut machte. Ich würde das schaffen, meine Familie würde das überstehen, wir würden uns davon nicht zerstören lassen. Wir würden trauern, doch wir würden stärker und verbundener als jemals zuvor aus dieser Trauer herausgehen. Das alles sagte ich mir, diese Botschaft vermittelten mir in diesem Moment diese Lieder und das liebte ich so an ihnen. Je nach Gefühlslage vermittelten sie die unterschiedlichsten Botschaften und halfen einem so.
Bonheur, bonheur, bonheur
wiederholte ich im Kopf und hielt so meine aufsteigenden Tränen zurück. Irgendwann würde ich trauern können, doch jetzt durfte ich mir nichts anmerken lassen. "Nächster Halt Laim, Umstieg zur S2 nach Petershausen/Altomünster und zu den S-Bahnen Richtung Pasing. Next stop..." hörte ich plötzlich laut und deutlich die Durchsage aus der S-Bahn in meinem Kopf und hätte beinahe angefangen laut zu lachen. Wie absurd es doch war, ich sah nur kurz aus dem Fenster und wusste sofort wo ich war und mein Hirn spielte sofort die richtige Zeile ab. In all den Jahren Schule und 1,5 Stunden zur Schule hatte ich wohl doch etwas gelernt und wenn es nur die Ansage aus der S-Bahn war. Es war so absurd dass ich tatsächlich anfing zu grinsen. Alles was ich gerade getan hatte war mechanisch gewesen und dann passiert so etwas. Vor lauter Grinsen und mich über mich selbst lustig machen hätte ich beinahe die Station verpasst und hechtete in letzter Sekunde mit meinem Koffer aus der Tür heraus. Schnell wechselte ich das Gleis und erwischte so in letzter Sekunde noch die S-Bahn nach Dachau. Alles war absurd, die Welt spielte verrückt. Niemand war mehr ganz klar im Kopf. Und da kam die Erinnerung wieder: "Wenn es das ist was du willst und deine Ausbildung nicht darunter leidet, dann klar mach es. Nimm dir die Zeit dafür wenn es dir wichtig ist." Das war die Antwort darauf gewesen, dass ich meiner Mutter eröffnet hatte, dass ich Gitarre spielen lernen will sobald ich aus Schottland zurück bin. Einen Großteil davon könnte ich mir ja selbst beibringen, habe ich ja mit der Flöte damals nicht anders gemacht und eine Gitarre hätte ich ja praktisch auch schon. Zwar war meine Mutter der Meinung, dass ich nicht singen könne was ich selbst inzwischen auch häufig glaubte, aber alles in allem fand sie ich solle das machen was mir Spaß macht und Gitarre spielen könnte sicher so ein Hobby sein. Während Obermenzing, Allach, Karlsfeld etc. an mir vorbeiflogen machte ich mir Gedanken darüber was nun mit der Gitarre passieren sollte, ob ich sie mitnehmen würde, ob ich spielen würde oder ob ich es nicht schaffen würde. Und wieder, als wäre es eine Botschaft von etwas höherem als dem lebenden Wesen, spiegelte ein Lied meine Gefühle oder in diesem Fall die Antwort auf meine Gedanken und Fragen wieder:
I take this life back in my hands
Against shadows and all doubts
And sail upon new winds
I won't worry, won't be afraid
I won't stop from going my way
I can see bigger life
...
Neu beflügelt stieg ich in Dachau aus und machte die Musik aus um ein Taxi zu rufen. Erst da bemerkte ich, dass ich es immer noch im Flugmodus hatte und switchte ihn wieder an. Binnen von Sekunden fing mein Handy wie wild an zu vibrieren. Jemand rief mich an, unbekannte Nummer, aber nicht unterdrückt, also beschloss ich ran zu gehen und drückte auf den Grünen Hörer. "Lisa Meier?" erklang eine männliche Stimme im Hörer. "Ja, wer spricht da?", verwundert zog ich die Stirn kraus. "Kommissar Braun von der Polizei Dachau. Ich ersuche Sie dringend hier zu erscheinen. Wir haben Nachrichten für Sie, der Zoll hat uns früher an diesem Tag schon mitgeteilt, dass Sie gelandet sind aber bisher konnten wir sie nicht erreichen." "Flugmodus", war alles was ich darauf erwiderte und wieder sprach Herr Braun weiter: "Wie schnell können Sie hier sein?" "Ich bin gerade in Dachau, könnte in 20 Minuten da sein.", erwiederte ich und sah mich auf dem Bahnhofsplatz nach dem richtigen Bus um. "Gut, bis gleich." ohne eine Antwort abzuwarten legte er auf. Ich dachte mir nichts weiter dabei. Wahrscheinlich ging es um die Ermordung meiner Mutter und meiner Schwester und früher oder später würde ich irgendwie sowieso damit konfrontiert werden. Mit keiner Panik vor irgendwas von dem was kommen konnte rannte ich mit dem Betreten der Polizeiwache in einen tiefen dunklen Abgrund in dem mich die Wahrheit, die ich irgendwie schon gefühlt haben muss, erwartete.
Ja ihr seit bestimmt enttäuscht Michael Patrick Kelly kommt immer noch nur in Form seiner Lieder vor, das wird sich auch erstmal eine Weile nicht ändern. Ich schätze ab Kapitel 5 oder keine Ahnung wann wird er persönlich ins Spielfeld treten aber wie ich im Klappentext schon geschrieben habe Februar und wir sind immer noch im Dezember und es wird noch einiges an Input kommen bis MPK seinen großen Auftritt hat.
ВЫ ЧИТАЕТЕ
Finding my iD (MPK) [Part 1]
ФанфикшнLisa hat eine tragische Vergangenheit, die ihre Gegenwart, jeden Schritt den sie macht mit bestimmt und ihr nur Mitleid vors Gesicht stellt, den sie nicht haben will. Doch durch eben diese Vergangenheit entdeckt sie schließlich auch ein Licht am End...
![Finding my iD (MPK) [Part 1]](https://img.wattpad.com/cover/193737766-64-k905439.jpg)