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„I hab g'hört sie gehen nun zu diesem neuen Ort, droben in den Hügeln hin, was früher mal unsere Berge gewesen san?", fragte Frau Seebruck sie weiter und Ivy nickte nur kurz.
Sie seufzte leise auf. „I fand es immer am scheensten daheim. Die Berge und Almwiesen.. I bin da aufgewachsen. Und nun san sie alle fort. Die Bauern die Küh, die Ziegen und Schafe... So viele Leut haben uns noch aus'lacht, das wir es wie die Verrückten Wissenschaftler machen wollten, in den Berg nei gehen, alles was wir hatten verkaufen, alles Geld in den Berg und in Konserven und Samen und Vorräte investieren, in Kleintiere und Pferde, Küh und Ziegen... und VC und Eisschränke, UV-Lampen, Generatoren und Heizöl. Und dann hatten wir Glück, wir waren tiefer unten als eure Arche 1. heute wissen wir, das die Berchedesgartenhöhle sicherer war als eure Wassersäulenberge. Wir wissen auch was es uns alle gekostet hat. Und wir waren Manns und Frau genug, um auch unsere alten Leut und kleine Kinder mit zu nehmen. Auch die, die a Brille hatten, oder die Resi mit ihrer Atrithis... und dem Reuma. Oder die alte Hester. Die war lange Diabetikerin. Doch in der Höhle hat sie stark abgenommen, jetzt ist sie es nicht mehr. Sie hatte Tabletten für drei Jahre eingepackt. Sie hat immer noch welche für den Notfall. Sie hat gemeint wenn sie aus san und sie nichts mehr hat, kann sie gehen. Aber vorher wollte sie noch sehen ob die Welt wirklich unter geht, wie sie's ja alle gesagt hatten.
Der Ferdl, der Hans, der Gustel und unser Olli, die jungen Leut. Ja, die haben uns alle gerettet und überzeugt. Sie haben so hart am Ausbau der Höhlen geoarbeitet. Dann haben sie Bauern überzeugt ihnen die Tiere zu verkaufen. Die Küh und Pferdeherden, für unser Haus und die Autos, dazu Vorräte an Weizenschrot oder Maisschrot, Heu und Stroh. Sie haben Luftfilter nachgebaut. So wie im Lem-Modul da oben auf dem Mond. Es gab dazu Anleitungen im Internet. Und es hat funktioniert. Sie haben für alles gesorgt, gerechnet, die Häuser verkauft unseren guten Fritz von der Sparkasse überzeugt. Er ist mit Mathilda und seinen Buben mit gegangen, hat den größten Teil der Eisaggregate mit hinterzogenen Geldern bezahlt. Er hat am meisten von uns allen riskiert, der Gute. Und dann saßen wir in der Höhle, sechs Tage bevor die Sonnenstürme gekommen sind. Drei Tage bevor man das Ausgangsverbot verhängt hat, um die Reisenden in die Archen nicht aufzuhalten. Mir haben da gesessen und die geborten Höhlen zum Einsturz gebracht und die Lücken mit Beton aufgefüllt. dazwischen noch Kühlstäbe gezogen. Mehrere Schichten und sie mit den Generatoren verbunden. Der Ferdl hat gesagt es ist nicht Stahlbeton, so wie in den Archen. Es könnte alles durchkommen, doch wenn gar nix passiert, brauchen wir auch net so lange um uns wieder auszugraben. Doch dann wurde es heiß und immer heißer. Wir haben die Generatoren angeschmissen und den Berg bei uns runter gekühlt, das wir alle dachten wir san nun im Eisfach daheim.
Doch es ging alles gut. Wir konnten die Temperatur nach zwei Wochen wieder ein bisschen hoch drehen und später dann noch mehr. Der Berg mit den hohen Höhlen hat uns gerettet und auch Gott war mit uns. Aber die Tiere san ausgerastet, die jungen Leut die das als Abenteuer gesehen hatten haben als nur noch Geheult, während wir versucht haben mit unserer Antenne draußen Signale zu empfangen. Zwei Jahre lang hatten wir nix von niemandem gehört. Nach anderthalb Jahren waren wir aber raus und haben dann in die andere Richtung durch den Berg weiter gegraben um zwei Ausgänge zu haben und um zu sehen ob die großen Landes-Archen auch überlebt haben. Wir mussten viel früher raus, das Wasser wurde knapp, der Brunnen immer tiefer... und draußen ging die Welt fast im Regen unter. Der Ferdl hat noch als gespottet ob er nun auch noch die Arche-Noha für uns nachbauen sollte. Wir sind heut alle nicht mehr die, die wir mal waren. Doch das ist keine Entschuldigung, Ivy. Es ist nur eine Erklärung. Trotzdem ...
I schäm mie für seine Tat. Der Ferdl gehört nun zurück nach Hause und nicht hierher nach Solaris. I muss mich wieder mehr um ihn kümmern und wenn die Zeit hier um ist und er seine Strafen verbüsst hat, dann kommt er heim. Und I hoff dass du ihm irgendwann verzeihen tust, dass er dir weh getan hat. Die Menschen hier san so nett und a hilfsbereit g'worden. Vor allem die Jungen die noch gut erzogen war'n. I hab g'hört dass du mit deinen g'brochenen Knochen auf die Wiesen raus g'angen bist, um die Jährlinge auf eine andere Weide zu bringen, damit sie nicht verhungern tun. Und dass du denen allen die Halfter angelegt hast. Nicht mal der Ferdl konnte sie noch o'packen. Die waren so wild. Aber du bist einfach raus'gange und hast die Eden-Pferde gerettet, hat der Gustl uns erzählt. Der Ferdel hat es vorher tagelang versucht und nicht geschafft... Mein Mann hat gesagt du bekommst sie alle, wenn du willst..."

Solaris - Wenn das Schicksal wählt...Where stories live. Discover now