▫▪Kapitel 11▪▫

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TAEHYUNG

Jungkook hatte mich während des gesamten Weges nicht einmal beachtet, war immer schön hinter mir geblieben, um mir nicht näher zu kommen, als er unbedingt wusste und auch wenn ich sein Gesicht so nicht sehen konnte, wusste ich, dass er die Umgebung neugierig musterte, mich hingegen mit verächtlichem Blick.

Ich fragte mich, wann er endlich diese Missgunst ablegen würde, doch um hinter die Facette dieses für mich geheimnisvollen Jungen blicken zu können, musste ich zunächst mal diese schützende Maske kennenlernen und aus ihr schlau werden. Denn momentan war er mir noch ein einziges Rätsel, ein Puzzle, mit so vielen fehlenden Teilen, die sich erst mit der Zeit ergeben würden und ob ich diese Geduld aufbringen konnte, wusste ich nicht.

Wir kamen in meinem Büro an und für mich was das nur wieder der Ort, an dem ich den Großteil meines Tages verbrachte und das Meiste meiner Arbeit verrichtete. Ein Ort, der für mich alles andere als angenehm war zu betreten, doch Erfolg kommt nicht von Nichts. Entweder man arbeitet hart für seine Wünsche oder man lässt es sein. In Jungkooks Fall hatte er es vermutlich auch einfach sein lassen, sonst wäre er wohl niemals auf der Straße und somit auch bei mir gelandet.

"Also, Mr. Großkotz. Welche Art von Arbeit erwartet mich hier?", fragte er mich, als ich mich bequem auf meinem Stuhl fallen ließ und er ahnungslos in der Raummitte stand. Mit meinen Fingern klopfte ich leicht auf das graue Holz meines Schreibtisches, während ich ihn mit zusammengezogenen Lidern musterte. Ein Junge wie er passte wirklich nicht an einen Ort wie diesen, das waren Welten des Unterschieds, die hier aufeinander trafen.

"So leid es mir auch tut, dir die Hoffnung auf ein wenig anspruchsvolle Arbeit nehmen zu müssen", begann ich zu reden und wurde durch ein verächtliches Schnauben unterbrochen. "Sag mir einfach, dass du mich nur für die Drecksarbeit brauchst, für die jemand wie du sich viel zu fein ist", erwiderte er dann schnippisch und überrascht begann ich ihn zu mustern. Wieder einmal fragte ich mich, woher diese Abscheu in ihm gegenüber Menschen wie mir kam. Natürlich war mir bewusst, dass wir auf die meisten ziemlich abgehoben und unsympathisch wirkten, was vielleicht aber auch daran lag, dass die Menschen gerne anhand ihrer Machtposition oder ihres Vermögens urteilten. Aber dass es dort draußen jemanden gab, der mich tatsächlich verabscheute, obwohl wir uns noch nicht einmal kannten, hätte mir nicht vorgestellt.

Und dazu musste gesagt werden, dass er nach wie vor ein viel zu freches Mundwerk für seine Verhältnisse hatte. Jemand sollte ihm schleunigst Respekt und den Umgang mit anderen Menschen zeigen - diese Aufgabe würde vielleicht sogar etwas Spaß in meinen Beruf einbauen, denn nun war es mit Sicherheit keine Qual mehr, mich morgens aus meinem Bett zu bewegen.

"Leider besitzt du nicht die nötige Bildung, um hier irgendwas anderes tun zu können", erwiderte ich gelassen und ließ mir wie so oft nicht ein Stück meines Gemüts durch meine Tonlage anmerken. Jungkook blickte mich wütend an, "Glaubst du wirklich, ich würde auf diese offensichtliche Beleidigung eingehen? Nur weil ich hier arbeite, muss ich nicht mit dir reden", antwortete er mir bissig und ächzte diese Worte fast schon aus seinen Lippen hervor. "Um ehrlich zu sein, ja", war meine Antwort, auf den zweiten Teil davon ging ich gar nicht erst ein.

Er zischte abfällig und spielte ein wenig mit seinen Muskeln, die zwar nicht aufgrund seiner Lebenslage nicht allzu ausgeprägt waren, aber dennoch vorhanden. Er schien sich nicht gut ernähren zu können und woher er seine Klamotten hatte, wüsste ich auch nur zu gerne, doch das würde sich mir vielleicht alles noch offenbaren, wenn ich seinen Kern ein wenig knacken konnte. Aber momentan würde er sicher nicht über sein Leben reden, vor allem nicht mit mir.

"Du kannst mir gleich mal einen Kaffee bringen, frag einfach an der Rezeption, wo die Maschine steht. Mit Koffein, einem Würfelzucker und etwas Milch", bestellte ich bei meinem persönlichen Sekretär, welcher mich nur anfing zu mustern und offenbar herausfinden wollte, ob dieser Auftrag denn nun wirklich mein Ernst war. Aber meine Miene blieb unverändert und deshalb wand er sich mit einem Schnauben ab, verließ mein Büro genauso schnell, wie er es betreten hatte und sorgte damit für die angenehme Stille, die nun in diesem Raum herrschte.

Ich begann mich zu fragen, wie lange er das Ganze hier wohl mitmachen würde, bis sein Geduldsfaden endlich reißen würde. Bis er mir endlich einen Einblick in das Innere seiner harten Schale geben würde und ich mir dann das zunutze machen konnte, was ihn schwächte. Denn auch wenn er der Meinung war, sich während der Arbeit nicht mit mir abgeben zu müssen, musste ich ihn da leider enttäuschen.

Wäre das mein Ziel gewesen, hätte ich ihm einfach einem Mitarbeiter zugewiesen, aber ohne mein Interesse an ihm wäre er noch nicht einmal hier gelandet. Ich habe ihn zu meinem persönlichen Sekretär gemacht, weil ich ihn rund um die Uhr bei mir haben wollte, ihn somit sticheln konnte und alle seine möglichen Reaktionen aus ihm locken konnte. Es war wirklich nur wie ein Spiel, aber ob er merken würde, dass wir es genau in diesem Moment spielten?

Jungkook war vermutlich noch nicht einmal dumm, vielleicht fehlte es ihm an Bildung, doch was die in der Schule lernten, was im späteren Leben sogut wie komplett unbrauchbar, also schmerzten gewisse Lücken auch nicht besonders. Es waren Dinge wie seine Marnieren, sein Verhalten und seine sozialen Kompetenzen, die mich schmunzeln ließen und was auch immer in seiner Erziehung alles falsch gelaufen sein musste, würde ich wohl korrigieren.

Damit er zu einem Partner werden konnte, mit dem es Spaß macht zu spielen.

Die Tür vor mir öffnete sich wieder und ich widmete mich dem Stapel an Formularen vor mir, jedoch beobachtete ich Jungkook im Augenwinkel. Er sah aus, als würde er mir den Kaffee über den Kopf kippen wollen, doch die Angst vor einem Rauswurf schien ihn wohl davon abzuhalten. Schließlich war er auf meine Hilfe angewiesen und nicht umgekehrt. Sollte er es ruhig riskieren, dann würde er aber auf meine empathielose Seite treffen und was dann mit ihm geschieht, entzieht sich meiner Verantwortung.

Aber entgegen all meiner Vorstellungen, stellte er die Tasse auf meinem Schreibtisch ab und machte es sich auf einem der Sessel bequem. Ich blickte kurz zu ihm, er würde vermutlich nur dann seine Finger schmutzig machen, wenn ich es von ihm verlangte. Aber mein Ziel war es nicht, es ihm hier so unangenehm wie möglich zu machen; im Gegenteil sogar, denn er sollte sich wohl bei mir fühlen.

Ich hob die Tasse an ihrem Griff hoch und nippte vorsichtig an dem noch warmen Kaffee.
"Gar nicht mal so schlecht."

Missing メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt