Der glühende Tod

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Es war Mitternacht, als die Glocken des Big Ben den Schichtwechsel in der Stahlfabrik nahe der Themse ankündigten. Ein Mann, vielleicht fünfundzwanzig Jahre jung, wischte sich gerade mit einem öligen Lappen über die Stirn. Die Dampfschwaden, die aus dem Schmelzofen mehrere Meter unter dem Wartungssteg emporstiegen, verschleierten sein schweißbedecktes Gesicht. Die Hitze, die aus dem brodelnden Stahlofen zehn Meter unter seinen Füßen in regelmäßigen Wellen die Luft kräuseln ließen, war kaum erträglich. Seine Gelenke schmerzten und er rieb sich seinen rechten Arm. Schwindel erfasste ihn. Das waren diese Dämpfe. Er hasste es Schutzmasken zu tragen und somit ließ er es meist bleiben. Er sollte ja nur kurz etwas reparieren. Er schwankte und wollte sich am Geländer festhalten. Doch da war keines. Er stand ja weiterhin auf der Leiter. Seine Hände griffen in die Luft. Er wollte schreien, doch sein Hals verkrampfte sich. Seine Lungen schienen wie aufgestochen zu sein. Seine Brust schien zu explodieren. Sein Körper neigte sich dem gähnenden Abgrund entgegen. Seine Füße verloren die Sicherheit spendenden Sprossen und er fiel. Die Augen weit aufgerissen, die Lippen zu einem stummen Schrei geformt stürzte er an den dicken Wänden des Schmelztiegels vorbei. Mit einem letzten Röcheln erreichte er die oberste beinahe festgewordene Schlackeschicht. Einen Moment schien er darauf liegen zu bleiben, umgeben von monströser Hitze. Doch schon brach er ein, die Hand der kühlen Nachtluft, welche aus dem Belüftungsfenster strömte, entgegengestreckt. Er versank den glühenden Tod.

Die Blaulichter weckten mich. Glaube ich zumindest. Denn die Sonne, die dies normalerweise für mich tat, erleuchtete noch den blassen Horizont. Als es das erste Mal an der Tür klopfte, nahm ich mein Kissen und klemmte es um meinen Kopf. Die harten Stimmen der Polizisten konnten mich mal. Es war... - gab es so früh überhaupt schon Uhrzeiten? Nun ja es war eindeutig sehr früh. Nun vielleicht hätte ich auch weiterschlafen können, hätte ich nicht Inspektor Bloom gesagt ich würde immer einen Schlüssel hinter meinem Briefkasten verstecken, sollte ich meinen irgendwann einmal, sagen wir... verlegt haben. Mein Kissen wurde von meinem Kopf gerissen und unsanft in eine Ecke geschleudert. Ein Schnurrbart so struppig wie ein Straßenköter sprang mir direkt ins Gesicht, als Bloom mit polternder Stimme meine sanften Ohren durchrüttelte: „Was tun sie hier? Gehen sie verdammt noch mal an die Tür wenn die das Mordkommando bei ihnen klopft. Und wo zur Hölle haben sie ihren Pieper?" Zu viele Informationen auf einmal. Ich hob vorsichtig den Kopf und bekam einen Schwall stinkenden Tabakatem ins Gesicht. Durch meinen noch trüben Blick, sah ich das verdreckte Aquarium, auf dem Tisch neben meinem kleinen Schreibtisch stehen und darin schwamm– oh Wunder – mein verschollen geglaubter Pieper. Schnell guckte ich weg, um Bloom nicht darauf aufmerksam zu machen. Diesen flinken eisblauen Augen, geschult durch über fünfzig Jahre Polizeiarbeit, entging leider nichts. Er wandte seinem Kopf in die Richtung meines Schreibtischs. Er schnaubte als er aufstand und hinüberhumpelte. Seine Säbelbeine waren unterschiedlich lang, da ihm ein Schuss direkt in den Knochen eine kostenlose Beinverkürzug beschert hatte. Er stand immer Aufrecht, gewöhnt an die Disziplin als Soldat, dennoch war nicht sonderlich groß und so musste er sich etwas strecken, als er den Arm in das schmutzige Aquarium steckte. Wenige Momente tauchten seine blitzschnellen Finger durch die trübe Brühe, dann schlossen sie sich um den Pieper. Seine kurzgeschnittenen grauen Haare wirbelten mitsamt seines Körpers herum, als er mit voller Wucht den Pieper in mein Gesicht warf.

"Den sollten sie besser nicht noch einmal ertränken. - zum Glück sind die Dinger wasserdicht."

"Ja, was ein Glück", murmelte ich leise und rieb mir die Stirn.



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Diese Kurzgeschichte ist bei weitem nicht fertig, aber hat einfach mal spaß gemacht mir einen Krimi Einstieg zu überlegen.

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