Zwei Verliebte an Englands Küste

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Von Tiz

Waren Englands Küsten in ein strahlendes Weiß getaucht, während die grünen Felder einen starken Kontrast hervorriefen, so trügerisch war die Realität außerhalb aller Postkarten. Der Fels war hell, keine Frage, doch nicht annähernd so rein, befand Crowley bei dem Anblick der sich ihm bot. Doch von der salzigen Luft und der steifen Brise, erlangten die Prospekte ihr Ehrgefühl zurück. Mit unter war die scharf bewegte Luft so laut, dass die Möwen, welche auf den Winden zu schwimmen schienen, nicht zu hören waren.
„Ein stürmischer Tag.", wiederholte der Engel an Crowley's Seite das Offensichtliche, wie es der Redselige zumal gerne tat.
„Das haben Herbsttage an der Küste so an sich.", zischte es die dämonische Zunge, während dessen Nase tiefer in dem Schal versank. Leider war ebenjener Schal, unerfreulicherweise in ein groteskes Karomuster getaucht worden, und er hätte gut und gerne Lust diesen Makel an seinem sonst kritisch gewählten Outfit in Flammen aufgehen zu lassen.
Doch gehörte er (zu seinem Leidwesen) einem gewissen Aziraphale, wie es der eingestickte Name im Schal vermuten ließ, und das war bereits Grund allein, dieses Kleidungsstück am Leben zu erhalten.

Wenn man wollte, dass die gesamte heutige Grausamkeit des Billig-Wodkas, welche von der Jugend gefeiert wie verachtet wird, die Zeit zu überdauern gedenkt, dann müsste man nur den Namen eines Engels (jedenfalls eines Bestimmten) auf jeder einzelnen Speicherplattform verewigen. Und schön würde der Dämonen-Vertreter auf Erden, dem kein Haar mehr krümmen.
So ließe sich vielleicht auch die gemütlichen kleinen Café erklären, welche trotz Schuldenberge und schlecht besuchter Tage dennoch nie das große Verkauft-Schild erhielten.
„Was, mein Lieber? Ich habe nicht verstanden."
Es war süß mit anzusehen, wie der Blonde, Tartan tragende, Aziraphale mit Schal und Picknick Korb an England's Klippen stand, sich eine Hand ans Ohr hielt, nur um Crowley's gehässige Worte aufzunehmen. Dieser Engel war wahrlich zu gut für diese Welt, dachte sich Crowley im Stillen seiner unsteten Gedanken.
„Ich sagte nur, dass wir uns endlich niederlassen sollen. Meiner Kehle dürstet es nach einem Wein.", um seine lauter gesprochenen Wort mehr Ausdruck zu verleihen, hob er die beiden Gläser in die Höhe, welche, wie durch ein Wunder, in seiner Hand erschienen. Sie glühten sogar kurz, als hätte der Glasbläser sie gerade zum Abkühlen zur Seite gestellt. Sehr kunstvolle Gläser, wie man bemerken durfte, kostspielige Natur.
Mit einem verführerisch sinnlichen Lächeln, trat Aziraphale (der Engel) auf Crowley zu, um sich einen honigsüßen Kuss zu stibitzen. Wohl bemerkt, das Einzige auf der ganzen Schöpfung entsprungenen Unendlichkeit, welches sich Aziraphale freiwillig zu stehlen ersuchte. Dem Dämon werden bei dem Gedanken jedes einzelne Mal die Knie weich. So berauschend war das Gefühl des Engel's Lippen auf seinen Eigenen kosten zu dürfen. Eine Symphonie der Glücksgefühle wurden in ihm angestimmt und verzaubert folgte er dem blonden Engel ins Weideland, um sich mit ihm auf einer Decke niederzulassen.
Dem Dämonen reichte gutes Essen und Alkohol nicht, war er doch hungrig auf etwas, das ihm Tausende von Jahren verwehrt geblieben war. Etwas, das manche Menschen als Grundlage einer festen Beziehung sehen würden. Intimität, die Nähe des anderen in welcher sich das Gegenüber wohl fühlte und sich ganz in des anderen Berührung hingeben konnte. Frohlockend gluckste Crowley, weil ihn Aziraphale's wirres Haar am Kinn kitzelte. Der Engel schien Intimität, als distanzierter-körperlicher-Kontakt zu interpretieren, denn gerade hatte er sich auf Crowley's Schoss niedergelassen, umschlang ihn fest, doch zärtlich, mit beiden Armen und lehnte seinen Kopf an dessen Brust.
Nur indem er sich mit den Händen abstützte, und vor lauter Engelshaar sein breites Grinsen kaum zu sehen war.
„Ist das ein Anschlag?"
Die Lockenpracht nickte schuldig und der Griff verfestigte sich. Crowley gab es auf und ließ sich nach hinten umfallen. Eine Hand verschwand in dem Blond der Haare, die Andere begann die Wirbelsäule hinauf und hinab zu streicheln, in immer beruhigenderen Bewegungen. Ein süßes Seufzen entwich den engelsgleichen Lippen. Es fühlte sich so schön an, das Gewicht des Engel's auf sich zu spüren. Ließ es Crowley die Realtität besser begreifen, besser genießen.
Zufriedenheit hatte Einzug in sein Leben gefunden und er würde sie festhalten. So, wie er Aziraphale hielt.
Mag es für Himmel und Hölle sonderbar erschienen sein, als die Anträge eingereicht wurden, doch wurde den Urlaubsersuchen statt gegeben aufgrund der Einflüsse, welche beide Parteien als „Vermenschlichung" bezeichneten. Solange ihre Gesandten ihren Feuer- und Wassertrick nicht zu wiederholen gedenken, sollen diese doch tun und lassen, was sie wollten. Der göttliche Plan würde Andere in den Außendienst beordern.
Dass an dem unerfindlichen Plan sich nicht das Geringste änderte, hatten beide Parteien noch nicht verstanden, da dies zu einem Witz gehörte, den der Kartengeber noch nicht einmal angekündigt hatte. Denn das Spiel war noch im vollen Gange. Crowley und Aziraphale ließen sich es lieber in ihrer erlangten Urlaubszeit gut gehen, genossen den Wein, die Zweisamkeit und ließen das Unerfindliche unerfindlich sein.

Good Omens ~ Das Oneshot-BuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt