Geschichte: Krieg

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Schwarzer Rauch verschluckt jeden Sonnenstrahl.
Ein kleines, blasses Mädchen läuft die Straße herunter.
Es herrscht Totenstille.

Vielleicht ist sie schon Stunden gelaufen,
vielleicht auch erst Minuten,
vielleicht schon Jahre.
Wer weiß das schon?
Wen kümmerte eine kleine Weise,
wenn der Krieg auch unsere Lieben traf, verstehen Sie?

Ihre Mutter war eine bildhübsche Frau gewesen,
doch ihr Blick war seit Jahren tot.
Fünfundzwanzig war sie erst gewesen,
als uns die Bombe traf.
So ein Jammer.
Auswärts war sie gewesen,
Brot und Eier kaufen.
Vielleicht auch Käse und Äpfel,
wenn das Geld reichte.
So ein Jammer,
eine gute Frau war sie gewesen.

Ihre Vater war ein Mann in seinen besten Jahren,
fünfunddreißig war er.
Doch aussehen tat er,
als wäre er keinen Tag jünger als fünfzig.
Vielleicht ist es das, was Krieg mit einem macht, wissen Sie?
Männer älter aussehen lassen, meine ich.
Beim Arbeiten war er gewesen,
als uns die Bombe traf,
Handwerk, Tischlerei,
ein guter Mann.
So ein Jammer.

Das kleine Mädchen aber war daheim gewesen,
in ihrem kleinen Häuschen am Stadtrand.
Als Mutter nicht heimkam nach zwei Stunden
betrat sie die Trümmer und lief,
und hier läuft sie noch heute.
Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein.

Toedliche GedankenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt