37. Rodeo

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♪ Cotton Eye Joe - Rednex


N I A L L


„Er ist gestorben."

Liams Worte hallten in meinem Kopf, bewirkten, dass mein Herz sich schmerzhaft zusammenzog und mein Magen rebellisch zu grummeln begann. Seinen besten Freund zu verlieren, war sicher eines der schlimmsten Dinge, die im Leben passieren konnten und schon alleine die Vorstellung, Louis zu verlieren, katapultierte mich mental beinahe in eine riesige Abwärtsspirale.

Meine Stimme klang rau, als die Worte über meine Lippen kamen: „Magst du drüber reden?"

Fast rechnete ich mit einer abwehrenden Haltung, doch Liam überraschte mich mit seinem Kopfnicken. „Ich möchte darüber reden, obwohl es nicht allzu viel zu sagen gibt." Tief holte er Luft und brachte die nächsten Sätze schnell hervor: „Er kam bei einem unserer illegalen Autorennen ums Leben. Wir waren gerade achtzehn Jahre alt und seitdem fahre ich keine illegalen Rennen mehr."

Ein Frösteln zog durch meine Glieder. Es ließ mich wissen, wie verwundbar wir Menschen waren, wie schnell es vorbei sein konnte. Von einer zu anderen Sekunde.

„Das tut mir sehr leid, Liam", sprach ich leise und als ich kurz seinen Arm berührte, da senkte er seinen Kopf und legte seine Stirn auf meiner Schulter ab.

Eine Geste, die ich vollkommen richtig deutete. Liam benötigte Trost.

Langsam legte ich meine Arme um seinen Körper, begann seinen Rücken zu streicheln. „Sowas muss total schlimm sein", hauchte ich und hörte ihn nuscheln: „Mein Leben änderte sich seit diesem Tag schlagartig. Ich hatte Angst, etwas verpassen zu können."

Als er den Kopf wieder anhob, schaute ich in seine schokoladenbraunen Augen, deren Blick ein wenig traurig wirkte.

„Hast du deswegen Drogen ausprobiert?", wollte ich wissen, weil mich diese Frage schon seit langem interessierte.

„Auch." Liam fuhr sich durch sein dichtes Haar und lenkte seine Schritte anschließend zu der Minibar, die gut gefüllt war, um einen Scotch herauszuholen. „Möchtest du auch einen, Niall?"

Als ich nickte, goss er zwei Gläser voll, überreichte mir eines und wir stießen an. Das Klirren der Eiswürfel manifestierte sich in meinem Kopf, ließ meine Gedanken nicht still stehen.

„All die verrückten Dinge, die ich getan habe und noch immer tue, schulde ich Andy. Wir wollten noch so vieles gemeinsam erleben, aber es sollte nicht sein."

Er kippte den Scotch in einem Zug ab, während ich nur an meinem nippte. Liam war ein großes Rätsel, aber eines, das sich mir mehr und mehr offenbarte, je besser ich ihn kennenlernte.

„Ich habe keinen besten Freund mehr, Niall. Das andere sind nur Kumpels, mit denen ich mich hin und wieder treffe und manchmal, da stellen wir Scheiß an."

Nüchtern stellte ich fest: „So, wie in diesem Swinger Club."

Sein vages Lächeln kam bei mir an, doch seine Worte noch viel mehr: „Ja, aber daraus ist etwas sehr Tolles entstanden. Wir haben uns kennengelernt und dafür bin ich unendlich dankbar."

„Ich auch." Aufmerksam betrachtete ich meinen Freund, der sich noch einen Scotch nachgoss.

„Ich habe eine beste Freundin, Niall. Du kennst sie. Es ist Esra, also Gillian und ich teilen sie quasi. Aber bisher hatte ich nicht den Wunsch, ihr über uns zu erzählen. Vielleicht versteht sie mich nicht, vielleicht-."

Tüll & TränenWhere stories live. Discover now