Kapitel 1

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Die Erzählungen über diese grausame Nacht verursachen noch heute Angst und Schrecken, bei jedem, der sie hört oder erzählt. In dieser Nacht sind nicht nur zwanzig Angreifer gestorben, sondern auch viele gute Wächter, Zofen und Diener.

Ein Schleier der Trauer verbreitete sich im ganzen Land. Was jedoch alle Lux am meisten schockierte war der Tod meiner Schwester. Ich selbst erinnere mich an die Geschehnisse nach meinem Zusammenbruch nur noch schemenhaft.

Ich weiß, dass mich andere Palastwächter in der Eingangshalle zwischen all den Toten fanden. Sie versuchten von mir zu erfahren, was passiert war aber ich konnte nur weinen und bekam kein Wort über meine Lippen. Erst Wochen später schaffte ich es mit meinen Eltern über das Vergangene zu reden. Noch am selben Tag erfuhr ich, dass meine Schwester verschwunden sei.

Unser Zimmer war vollkommen niedergebrannt und die Wächter vermuteten, dass es die Magie meiner Schwester war, die das verursacht hatte. Auch meine Eltern waren davon überzeugt. In dem Zimmer fand man zudem die verkohlten Überreste zweier Männer, das ist zumindest die Annahme. Eine Identifikation war ausgeschlossen. Dafür war das Feuer zu stark gewesen.

Es bestand die Möglichkeit, dass meine Schwester überlebt hatte und sich irgendwo versteckte. Mein Vater sandte Soldaten ins gesamte Königreich aus und lies alle nach der verschollenen Prinzessin suchen.

Erst nach einem Mondzyklus und einem Tag der endlosen Suche war klar, dass sie nicht mehr bei uns war. An diesem Tag trug ich ein schwarzes, langes Kleid und ein schwarzes Tuch über meinem Gesicht. Meine Mutter trug ein ähnliches Outfit und mein Vater einen schwarzen Anzug. Alle im Land trugen schwarz und die Trauer als mein Vater offiziell den Tod meiner Schwester verkündete, war überwältigend.

Ich hatte in diesem einen Zyklus gelernt meine Magie auszusenden und nach ihrer Energie zu suchen. Eine tiefe und unbeschreibliche Verbindung hatte sich zwischen mir und unserem Land aufgebaut. Ich konnte spüren, wie es mir helfen wollte meine Schwester zu finden und wie es um sie trauerte, als wir die Suche beendeten.

Unserem Volk saß der Schrecken tief in den Knochen und der Verlust baute sich ein Nest tief im Herzen eines jeden und verweilte dort. Unheilvoll drohte es jeden zu zerreißen, der es wagte an diesen Tag zu denken. Und doch verlangte mein Vater, dass diese Nacht und ihre Opfer niemals vergessen werden.

Er rief den Tag der Erinnerung aus. Ein Tag, an dem sich alle an die Verlorenen erinnern sollten und ihre Opfer gewürdigt werden. In jedem Mondzyklus wird im gesamten Land dieser Tag zelebriert und in jedem Zyklus um Punkt Mitternacht stehe ich vor dem Palast und lasse meine Magie durch das Land streifen, in der Hoffnung vielleicht doch eines Tages ein Zeichen oder einen Hinweis von meiner Schwester zu finden. Und jedes Mal wurde ich enttäuscht. Ich fand nichts dergleichen und spürte nur die Trauer unseres Volkes und den Kummer des Landes.

Sieben Mondzyklen nach dem Todestag meiner Schwester begann ich von ihr zu träumen. In meinen Träumen wuchs sie heran wie ich, wurde älter und schöner. Sie lebte in einer Welt weit entfernt von mir, wo ich sie niemals würde erreichen können. Sie lachte und weinte, war wütend und aufgeregt. Sie liebte und wurde geliebt.

Anfangs waren diese Träume nichts weiter als das, Träume von einer verlorenen Schwester. Doch mit jedem Zyklus, der verging, in dem meine Kräfte wuchsen und ich lernte sie besser zu kontrollieren, wurden die Träume klarer.

Manchmal sehe ich wie sie an einem Tisch sitzt und etwas in ein Heft schreibt, wie sie mit anderen Mädchen in unserem Alter lacht und wie sie einem Jungen hinterhersieht, wenn sie glaubt er würde es nicht bemerken.

Meinem Vater erzählte ich nie etwas über meine Träume. Er verstand meine Kräfte nicht so wie meine Mutter. Ihr schilderte ich alles was ich sah bis ins kleinste Detail.

Das Geheimnis der Phoenixmagie 01. Aquilias verlorene Tochter --- LESEPROBEWhere stories live. Discover now