Prolog

352 14 0
                                    


Schwanger.

Als Lin Bei Fong dies von den Heilern der Stadt gehört hatte, welche sie bereits seit so vielen Jahren schützte, war sie aus allen Wolken gefallen.
Es hatte nur eine Möglichkeit gegeben. Niemand war je dagewesen, niemand.
Bis auf Tenzin. Tenzin und sie waren ein Paar gewesen. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Lin die Nähe eines Mannes zugelassen. Und dann war sie aufgetaucht, Pema.
Diese Frau, es war ihr noch heute ein Rätsel, hatte den attraktiven Luftbändiger um ihren Finger gewickelt. Anfangs hatte sie noch zu hoffen gewagt. Dass es nur eine Phase sei, etwas Vorübergehendes.
Aber so war es nicht gekommen. Irgendwann hatte sie einsehen müssen, dass diese Hoffnungen vollkommener Schwachsinn waren.

Aber dann war der neue Schock gefolgt. Lin hatte gedacht, darüber hinweg zu sein. Darüber, dass Tenzin sie für eine andere Frau verlassen hatte.
So war es nicht gewesen. Als sie den Begriff 'schwanger' aus dem Mund des Mannes mit den braunen Haaren gehört hatte, war sie zurückgeworfen worden. Das Kind dieses Luftbändigers, dieses Mannes, der sie so sehr verletzt hatte...
Dieses Kind war in ihr herangewachsen. Sie hatte es unter ihrem Herzen getragen.
Zunächst waren Gefühle des Hasses in ihr aufgestiegen. Hass auf diese Situation und Hass darauf, dass sie dem Kind in ihrem Bauch gegenüber so etwas wie Groll empfand.
Dieser Groll war über die Monate jedoch...geschrumpft.
Angefangen hatte es mit dem ersten Tritt, einem Tritt der sie mit Lebendigkeit erfüllt hatte, mit Freude.
Danach war die Nachricht gefolgt, dass sie ein Mädchen erwarte...

Lin Bei Fong hatte versucht an diese Momente zu denken, als ihr Körper zu zerreißen drohte, während das Mädchen sich ihren Weg aus ihrem Körper freigekämpft hatte.
Die Geburt war lang gewesen. Stundenlang hatte Lin dagelegen, mal schreiend, mal fluchend...
Aber sie hatte diesen Schmerz ertragen, so wie es jede Frau tat. Sie war durch diesen Schmerz gegangen, hatte eine Trennung durchlaufen...
Aber all der Schmerz, all die anstrengenden Stunden, sie waren dahin, als ihr die Ärzte das kleine, schreiende Baby auf die Brust gelegt hatten. Das Gesicht...es war bereits von dort an das ihre gewesen.
Nicht Tenzins, wie sie es manchmal gefürchtet hatte. Lange hatte sie nicht geweint, war vermutlich durch ihren eigenen Herzschlag auf ihrer Brust eingeschlafen.
Aber dann hatte Lin geweint. Bei dem Anblick des unschuldigen Lebens in ihren Armen, hatte sie gar nicht anders gekonnt.
Glück, das war es, was sie in diesem Moment empfunden hatte.
Und so hatte sie schließlich gehaucht:

,,Ling, sie soll Ling heißen."

Tochter der Lin Bei FongOù les histoires vivent. Découvrez maintenant