Kapitel 22

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"Was war los?", fragt Sirius und mustert mich mitleidig. "Weiß ich auch nicht so genau, aber plötzlich taten meine Ohren weh und ich konnte wegen einem Piepen auch nichts mehr hören", erkläre ich und setze mich, die Beine rechts vom Bett runter auf dem Boden stehend, aufrecht hin. "Aber jetzt geht es wieder?", fragt Sirius und lächelt leicht. Ich nicke als Antwort und lasse meinen Blick durch die Halle wandern. "Dann kann ich Dich jetzt alleine lassen? Ich wollte nochmal zu Harry", erklärt Sirius und sieht mich fragend an. "Klar, geh schon. Und gratuliere ihm von mir mit für den Sieg", lache ich und Sirius sieht erleichtert aus. Dann springt er elegant von dem Podium, auf dem die Verletzten versorgt werden und läuft zu Harry. Ich folge ihm mit meinem Blick und lächle leicht.

Der Trank von Madam Pomfrey hat mal wieder Wunder bewirkt und mir geht es wieder, wie vor dem lauten Knall. Allerdings beginnt langsam mein Kopf zu pochen. Das liegt vermutlich nur daran, dass die Luft in der Halle nun doch schon sehr verbraucht ist. Vielleicht sollte ich mal an die frische Luft gehen. Das Stimmengewirr und die damit verbundene Lautstärke trägt vermutlich auch dazu bei, dass mein Kopf schmerzt. Vorsichtig stehe ich auf und springe, nicht ganz so elegant, wie Sirius, von dem Podium und gehe auf den Ausgang der Großen Halle zu.

Draußen ist die Sonne nun ganz aufgegangen und das Chaos hat sich gelegt. Ich klettere über den Schutt, der auf dem Platz liegt und grüße Kingsley im vorbeigehen. Er sucht mit anderen Ordensmitgliedern noch nach Toten, um diese zu bergen. Ich schlage den Weg zum See an und setze mich dort auf einen der großen Steine. Entspannt schließe ich die Augen und halte mein Gesicht in die Sonne. Ich atme tief durch und spüre, wie die kalte Morgenluft so langsam das Pochen in meinem Kopf vertreibt. Eine ganze Weile bleibe ich so sitzen und genieße einfach nur die Luft, die Sonne, die Ruhe und die Gewissheit, dass der Kampf nun vorbei ist.

Müdigkeit macht sich in mir breit und ich überlege, mich einfach hier für ein paar Stunden schlafen zu legen. Das würde meinem Rücken aber wahrscheinlich gar nicht gefallen, weshalb ich die Augen wieder öffne. Es dauert ein bisschen, bis sich meine Augen wieder an die Helligkeit gewöhnt haben und bis dahin kneife ich sie dicht zusammen. Ich höre wie sich mir Schritte nähern und drehe mich verwundert um. Möchte da noch jemand für einen kurzen Moment seine Ruhe haben?

Lucius schlurft mit gesenktem Kopf den Weg zum See entlang. Ein Lächeln bildet sich auf meinem Gesicht und ich frage: "Na? Wolltest du auch mal kurz deine Ruhe haben?" Lucius hebt seinen Kopf und mein Lächeln verschwindet sofort wieder. Er hat Tränen in den Augen und sieht komplett erledigt aus. Vorsichtig rutsche ich von dem Stein und gehe auf ihn zu. "Was ist passiert?", frage ich besorgt und mein Blick wandert kurz hoch zum Schloss.

Nachdem ich mich vergewissert habe, dass uns niemand beobachtet, ziehe ich ihn in eine kurze Umarmung. "Narzissa ist tot und Draco macht mich dafür verantwortlich", erzählt Lucius mit belegter Stimme. Mitleidig sehe ich ihn an. "Komm, setz dich", sage ich und setze mich vor dem Stein, auf dem ich gerade noch gesessen habe, auf den Boden. Lucius tut es mir gleich und ihm läuft eine einzelne Träne die Wange herunter. "Er will nichts mehr mit mir zu tun haben und ich kann es ihm nicht mal verübeln. Ich war ein schlechter Vater, so wie meiner es damals auch war", erzählt Lucius weiter und blickt stur geradeaus auf den See.

"Das wird schon wieder", starte ich einen kläglichen Versuch ihn zu trösten. Ich bin einfach nicht gut in so was. Das war ich früher schon nicht und das werde ich in Zukunft auch nie sein. "Du musst mich nicht trösten. Ich weiß, dass du das nicht kannst und nicht weißt, wie du mit so Situationen umgehen sollst", sagt Lucius plötzlich und dreht sein Gesicht zu mir. Ein schwaches Lächeln legt sich auf seine Lippen und ich erwidere es traurig. "Was soll ich dann tun?", frage ich unsicher. Es erstaunt mich immer wieder aufs neue, wie viel er sich von damals über mich gemerkt hat. "Es reicht, wenn du mir zuhörst und für mich da bist", erklärt er und seine Stimme versagt kurz. Mein Herz zieht sich etwas zusammen. Ich möchte nicht, dass es ihm schlecht geht, aber ich kann daran leider auch nichts ändern.

"Du bist jetzt die Einzige, der ich noch vertrauen kann. Ich habe heute alles verloren. Versteh mich nicht falsch. Narzissa war nie die Frau meines Lebens. Sie war mehr so eine beste Freundin für mich. Auch wenn sie sich in letzter Zeit sehr von mir distanziert hat, war sie doch immer noch die Frau, mit der ich mein Leben verbracht habe. Die Frau, die meinen Sohn geboren hat. Den Sohn, der mich jetzt hasst. Du musst wissen, ich hatte nie so eine gute Beziehung zu ihm und als die Todesser dann quasi bei uns eingezogen sind, habe ich gänzlich den Kontakt zu ihm verloren. Wenn ich so darüber nachdenke, war es nur eine Frage der Zeit, bis er mich komplett aus seinem Leben verbannt", erzählt Lucius und schüttet mir quasi sein ganzes Herz aus. Er tut mir richtig leid. Mitleidig gucke ich ihn von der Seite an und hebe dann meine Arme. Er lässt sich hineinfallen und ich schließe ihn in eine kräftige Umarmung.

Eine Piratin in HogwartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt