Kalter Novembertag

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Ich stand auf einer Wiese, nur mit einer dünnen Jacke bekleidet, und blickte in die Ferne.
Es war Anfang November.
Dunkle, grau-bläuliche Wolken zogen schwer über den Himmel. Die Bäume des neben mir beginnenden
Waldes, trugen kaum noch Blätter und die wenigen, die noch an den Ästen hingen, strahlten heute nicht in
einem satten Herbst-Orange, sondern wirkten leblos und grau.
Der Wind wehte kalt von Osten und weitere Blätter fielen vor mir von den Ästen.
Alles wirkte so trostlos.
Als würden selbst die Bäume um diese Jahreszeit ihrer Lebenskraft beraubt.
Ich sah auf meine Hände, die von der Kälte schon ganz bläulich waren, und zog dann die Ärmel meiner Jacke darüber. Es brachte nicht wirklich etwas. Ich fror immer noch.
Weshalb war ich überhaupt aus dem Haus gegangen und auf diese Wiese gelaufen?
Ich wollte meinen Gedanken entfliehen...sie ordnen oder zumindest einen klaren zu fassen bekommen,
denn hier draußen war es still. Doch heute war es zu still, es war leer und einsam. Es brachte meine
Gedanken nur noch lauter zum Schreien.
Auf einmal erhob sich ein Rabe aus dem Dickicht und ich fuhr zusammen, als er einen schrillen Laut von sich gab.
Er flog davon.
Immer weiter entfernte er sich, doch ich fixierte ihn mit meinen Augen. Solange bis ich ihn nur noch erahnen konnte.
Er ist frei, dachte ich, als er schließlich im Dunst verschwunden war.
Dann stand ich wieder alleine da.
Seit fünf Minuten hatte ich mich keinen Zentimeter gerührt. Ich wusste immer noch nicht, ob es nicht besser wäre wieder zurück ins Haus zu gehen.
Irgendetwas hielt mich davon ab.
Es würde bedeuten, wieder mit diesen ganzen Problemen konfrontiert zu werden, vor denen ich ja grade
zu flüchten versuchte.
Ich wollte frei sein, wie der Rabe. Doch ich fühlte mich nicht frei. Ich fühlte mich alleine. Noch mehr als zuvor schon.
Langsam wurde die Kälte unerträglich, doch sie würde mir nichts ausmachen. Sie würde nicht mein Herz erreichen, wie die Kälte der Menschen, denen ich meine Liebe schenkte, es zuvor getan hatte.
Ich nahm einen tiefen Atemzug der eisigen Luft und spürte einen beißenden Schmerz, als sie meine Lungen flutete und die Leere in mir füllte.
Die Wiese lag vor mir und strahlte eine unendlich tiefe Ruhe aus, in der ich versinken wollte.
Ich hatte mich immer noch nicht bewegt.
Das Gras, das die letzten Male, als ich hier war, in einem satten Grün gestrahlt hatte, war heute gräulich-grün schimmernd und vor allem braun. Denn die Wiese, auf der ich wie angewurzelt stand, war von Wasser getränkt und meine Winterstiefel waren schon einige Zentimeter im Matsch versunken. Ich ging einen Schritt und beobachtete, wie die matschige Wiese unter meinen Füßen einsank. Fasziniert davon sah ich dabei zu, wie sie wieder aufquoll, als ich meinen Fuß hob und ein leises Schmatzen ertönte.
Ich seufzte und schloss die Augen.
Der Zauber, der vor wenigen Wochen noch hier gelegen hatte, war heute verschwunden. Alles hatte mich
verlassen, alles und jeder, dachte ich. Selbst dieser Ort, der mein inneres Chaos normalerweise ordnete, mir Frieden schenkte und wieder Licht in mir entfachte, wenn ich in der Dunkelheit in mir zu ertrinken drohte, schien sich mir verschlossen zu haben.

Mir fiel etwas ein, das ich vor einigen Tagen gelesen hatte:

„Die Natur verschließt die Arme, und ich stehe, wie ein Fremdling, vor ihr [...]"

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