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05. Eine unehrliche Entschuldigung

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Eine weitere Minute verstreicht, während ich neben den Aufzügen stehe und versuche mich zu überwinden, den Knopf zu drücken oder einzusteigen. Selbst wenn ich nicht drücke, öffnet sich ungefähr alle halbe Minute ein Aufzug – doch ich kann nicht einsteigen. Bevor ich zurück in mein Büro kann, muss ich mich Zachary stellen. Ich muss in die Höhle des Löwen, um lebendig gefressen zu werden, da er mir meine Entschuldigung niemals abkaufen wird. An seiner Stelle würde ich mir einen Schuhtritt aus dem Gebäude verpassen.

Eine Hand legt sich auf meine Schulter. »Dein Arsch geht auf Grundeis, hm?«, fragt Liv, die sich neben mich stellt und mich mit einer gerunzelten Stirn betrachtet.

Ich zwinge mich zu einem Lächeln. »Grundeis? Ich bitte dich, mein Hintern ist schon längst mit einem Bein in der Hölle.«

Sie lacht. »Dann sorgen wir mal dafür, dass auch dein zweites Bein dort ankommt«, sagt sie schmunzelnd und drückt den Knopf des Aufzugs. »Und ich versteh nicht, wieso du dich so anstellst. Du hast ja anscheinend einen Notfallplan in der Hinterhand«, stellt sie überraschend fest, da sie den Träger meines BHs erkennt. »Du trägst deine beste Unterwäsche sicherlich nicht ohne Grund?«, fragt sie und hebt eine Augenbraue.

Ich verdrehe meine Augen. »Igitt, ich trage diese Unterwäsche doch nicht wegen diesem Mistkerl!«, verteidige ich mich. Wenn es für mich eine Regel gibt, dann ist es, dass ich mich niemals hochschlafen würde. Dazu zählt auch, um nicht gefeuert zu werden. »Ich träge meine schwarze Spitzenunterwäsche für mein Selbstbewusstsein«, erkläre ich.

»Für dein Selbstbewusstsein?«, fragt sie skeptisch nach. »Das musst du mir aber jetzt einmal genauer erklären.«

Während wir auf einen Aufzug warten, erkläre ich ihr meine Gedankengänge. »Es ist ganz einfach. Ich bin mir bewusst, dass ich unter meinen ganzen Klamotten heute einfach unwiderstehlich aussehe. Zu wissen, dass meine teure Unterwäsche meinem Körper den richtigen Schwung verpasst, ist besser als jedes Selbsthilfebuch auf dem Markt«, erkläre ich, bevor ich sie angrinse. »Meine Unterwäsche verpasst mir heute einen Vorteil – Selbstbewusstsein.«

Liv hebt eine Augenbraue. »Selbstbewusstsein, hm? Hast du aber nicht gerade gekniffen? Wie war das? Stehst du mit einem Bein nicht bereits in der Hölle?«, gibt sie belustigt meine Worte wieder und trifft damit natürlich ins Schwarze.

Ich habe nicht gelogen, dieser Trick hilft mir in schwierigen und nervenzerreißenden Augenblicken wirklich oft. Wenn ich weiß, dass ich unbeschreiblich ausschaue, dann verschafft es mir ein dickeres Fell. Bewerbungen, erste Dates oder wie jetzt - Krisengespräche. Ich habe das von meiner Mutter gelernt, als ich noch ziemlich jung war. Sie hat sich für ein Auftritt fertig gemacht und wunderschöne Unterwäsche getragen, keine die sie sonst immer trägt. Nach unzähligen, nervigen Fragen eines kleinen Mädchens hat sie mir gestanden, dass es ihr Selbstwertgefühl stärkt.

Ich zucke mit meinen Achseln. »Für einen Moment hatte ich einen flauen Magen, doch das ist jetzt wieder vorbei«, gebe ich ehrlich zu, da ich mich wirklich besser fühle. »Dieser Brite kann sich auf etwas gefasst machen, ich fühle mich fantastisch.«

»Dieser Brite«, höre ich jemanden meine Worte wiedergeben. »Freut sich schon wirklich auf deine Entschuldigung.«

Die Hölle hat mein zweites Bein verschluckt.

Reicht mir bitte ein Revolver.

Es gibt Tage, an denen man glaubt, dass sich das Universum gegen einen verschworen hat. Dieser Tag – ist jener Tag. Wenige Minuten bevor ich mich um Kopf und Kragen lügen wollte, hört er meine Kampfansage, die gegen ihn gerichtet ist. Ich schaufele mir gerade erneut mein eigenes Grab und verschlimmere seinen Hass auf mich wahrscheinlich nur noch. Meine große Klappe hat mich erneut in Schwierigkeiten gebracht. Was für eine Misere. Ugh.

Craving Lies - Verführt (Wattpad @ Piper)Where stories live. Discover now