Trapped in my Mind

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Der Sonnenaufgang.
Der Sonnenaufgang ist etwas magisches.

Die Finsternis verschwindet und die ersten Strahlen erkämpfen sich ihren Platz über dem Horizont. Sie bringen das Leben und die Erleuchtung, aber gleichzeitig nehmen sie auch den Schutz der Dunkelheit. Wenn ihre Strahlen alles in helle Sichtbarkeit tauchen, ist der, der nicht gesehen werden möchte, nicht mehr sicher.

Der Sonnenaufgang.
Der Sonnenaufgang ist etwas beängstigendes.

***

Ich sitze draußen. Finsternis und Kälte umgeben mich, während ich auf das erste orangene Funkeln am Horizont warte. Ich warte auf die warmen Strahlen auf meiner Haut. Ich bin bereit für das Licht, das auf mich scheinen wird. Ich bin bereit für den Sonnenaufgang.

Das plötzliche Klingeln meines Handy's lässt mich zusammenzucken. Verwirrt ziehe ich es aus der Tasche und erblicke eine unbekannte Nummer. Wer ruft um diese Uhrzeit an? Die Stirn runzelnd nehme ich den Anruf schließlich an und lausche dem Rauschen. Erst höre ich nur ein leichtes Wimmern, welches jedoch im nächsten Moment verstummt und von einer fremden, undefinierbaren Stimme ersetzt wird.

„Wie fühlst du dich?", fragt diese, ohne sich vorzustellen, was das Maß an Verwirrung bei mir nur steigern lässt.
„Wer ist denn da?"
„Weißt du das denn nicht?", fragt die Stimme ruhig und viel mehr als Vorwurf gemeint, als als einfache Frage.

„Woher soll ich wissen, wer da ist, wenn du dich nicht vorstellst. Ich habe keinen Anruf erwartet.", erkläre ich verunsichert und starre kurz auf die Nummer, welche mir jedoch keineswegs bekannt vorkommt.
„Dann bin ich wohl falsch verbunden...", höre ich das leise, fast schon enttäuschte Murmeln auf der anderen Seite des Hörers.
„Wie's aussieht ja.", bestätige ich die Vermutung, „aber warum versuchst du überhaupt jemanden um diese Uhrzeit anzurufen? Weißt du wie spät es ist? Die Sonne wird bald aufgehen."

„Du bist doch auch wach und hast den Anruf entgegen genommen. Was ist deine Ausrede?", entgegnet die Stimme nur, ohne auf meine Frage zu antworten.
„Ich warte auf den Sonnenaufgang.", antworte ich ehrlicherweise, „aber ich habe dich zuerst gefragt."
Für einen kurzen Moment bleibt es stumm am Hörer, ehe ich sie wieder höre, nur diesmal trägt sie das Wimmern mit sich.
„Weil die Nacht direkt vor dem Sonnenaufgang immer am dunkelsten ist und ich habe Angst alleine zu sein.", beichtet die Stimme schließlich und scheint niedergeschlagen.

„Aber du bist nicht alleine.", widerspreche ich ihr, „du brauchst keine Angst vor der Dunkelheit zu haben."
„Ich habe keine Angst vor der Dunkelheit. Ich habe Angst vor dem Moment, wenn sie verschwindet."
Verdutzt schweige ich einen Moment, doch räuspere mich schließlich und hole mir so die Fassung zurück.
„Ich kann mit dir auf den Sonnenaufgang warten, dann bist du nicht alleine.", biete ich schließlich an und hoffte so, das leichte Wimmern wieder vertreiben zu können.

„Bist du dir da sicher?", hakt die Stimme misstrauisch nach, „bist du nicht auch alleine?"
„Ja schon.", entgegne ich leicht verwundert, „aber wenn wir zusammen sind, ist niemand von uns mehr alleine."
„Vielleicht sind wir dann aber auch nur zusammen alleine.", entgegnet sie hingegen trocken, doch bevor ich eine Antwort darauf geben kann, erklingt wieder das Wimmern der Stimme.
„Darf ich dich was fragen?"
Ich schlucke, doch hauche schließlich ein leises „ja" in den Hörer.

„Bedeutet dir meine Anwesenheit überhaupt etwas?"
Verwirrt runzle ich die Stirn. Was ist das denn bitte für ein Gespräch mit jemandem, der sich angeblich nur verwählt hatte?
„Also?", hakt die Stimme ruhig nach und verlangt nach einer Antwort, woraufhin ich angespannt die Luft anhalte.

𝚃𝚛𝚊𝚙𝚙𝚎𝚍 𝚒𝚗 𝚖𝚢 𝙼𝚒𝚗𝚍 - 𝙾𝚂Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt